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Manchmal muss man ein wenig schummeln, um sein Ziel zu erreichen, das hat auch Hans Landauer gewusst, als er sich 16-jährig in Frankreich beim Büro der Internationalen Brigaden gemeldet hat, um in Spanien gegen den Faschismus zu kämpfen. Man wollte den „Bua“ jedoch nicht in den Kampf und lieber nach Österreich zurück schicken, von wo eram 19. Juni 1937 Richtung Spanien aufgebrochen war. Er gab an, schon 18 zu sein, man glaubte ihm natürlich kein Wort. Er schummelte beharrlichst weiter und musste schließlich nicht ins faschistische Österreich zurück, stattdessen kam er am 20. Juli, an einem Dienstag, in ein Dorf namens Quijorna, welches westlich von Brunete liegt. Die Armee der Republik und die Internationalen Brigaden befanden sich nach der seit dem 6. Juli andauernden „Schlacht von Brunete“ auf dem Rückzug. Es war eine der blutigsten Schlachten des Krieges, bei der 20.000 AntifaschistInnen ihr Leben verloren... „In Spanien stands um unsre Sache schlecht/ Zurück gings Schritt um Schritt“. Quijorna und Brunete lagen in Schutt und Asche und Hans Landauer erzählte später, zum ersten Mal in seinem Leben „den Leichengeruch in der Nase“ gehabt zu haben. Am 4. September wurde Hans Landauer durch einen Granatsplitter schwer verwundet, zusetzlich bekam er Typhus und konnte erst wieder kämpfen, als es nur noch darum ging, so vielen Menschen wie nur möglich den Fluchtweg nach Frankreich frei zu halten. In der französischen Republik wurden viele der über 450.000 Flüchtlinge aus der spanischen Schwester-Republik sofort interniert, so auch REZENSIONEN Hans Landauer, der inzwischen tatsächlich 18 Jahre alt geworden war. Er entkam bald für kurze Zeit dem Internierungslager und lebte einige Monate das Leben eines Exilanten in Paris. Als 1940 die französische Demokratie verschwand und die Gestapo mit ihren KollaborateurInnen die französische Hauptstadt nach GegnerInnen durchkämmte, wurde Hans Landauer verhaftet, zuerst nach Wien gebracht und dann ins KZ Dachau deportiert. Er hatte nach 1945 den Kampf, der acht Jahre seiner Jugend in ein lebensgefährliches Unterfangen verwandelt hatte, fortgesetzt, ob als Polizist, als Mitarbeiter des DÖW, als Autor. Die letzten Jahrzehnte hat er alle Informationen über jene ca. 1400 ÖsterreicherInnen zusammengetragen, die, so wie er, unter „Spaniens Himmel“ gekämpft haben und hat uns damit eine der wichtigsten Dokumentationen des antifaschistischen Widerstandes aus Österreich hinterlassen. Hans Landauer ist am 19. Juli 2014 im Alter von 93 Jahren in seinem Geburtsort Oberwaltersdorf in Niederösterreich gestorben, er war einer der letzten noch lebenden SpanienkämpferInnen. Die Theodor Kramer Gesellschaft trauert um ihren Mitstreiter und Freund! Hanns Eislers Briefe 1907-1951 Kiirzlich erschien Band 96 der auf 102 Bande (übertroffen angeblich nur von Goethe!) ausgelegten Gesamtausgabe der Werke Martin Heideggers. Das 1976 seinsmäßig verblichene duzendjährige NSDAP-Mitglied vom Todtnauberg findet über die (krypto)faschistischen Anhänger hinaus mit seinem „denkerischen Dichten“ über die „Vermenschung des Menschen“ immer noch Interessenten für seine „Zügellosigkeit in allem Wesentlichen“. Und Förderung, staatlich wie publizistisch. Der nicht gerade unbedeutende Komponist des 20.Jahrhunderts Hanns Eisler hingegen, 1962 verstorben, ist da ganz ein anderer Fall. Die nach vorherigen gescheiterten Versuchen 2002 begonnene Gesamtausgabe seiner Kompositionen und Schriften scheint bisher über den engen Kreis der wissenschaftlich oder musikalisch damit Befassten kaum Beachtung gefunden zu haben. Und käme ohne selbstlose Bemühungen aus dem Kreis der Internationalen Hanns Eisler-Gesellschaft mit Sitz in Berlin wohl kaum voran. In Österreich ist es der Beachtung Eislers vielleicht auch hinderlich, dass er seit jeher und auch mehr als fünfzig Jahre nach seinem Tod immer noch (wiewohl wissenschaftlich widerlegt, z.B: Hartmut Krones: Hanns Eisler— ein Komponist ohne Heimat? Wien u.a. 2012) eher als deutscher Komponist gilt, von dem außer einigen Arbeiterliedern vor allem bekannt ist, dass er die DDR-Hymne komponierte. Wegen der er im heutigen Deutschland ebenso immer noch weithin als Unperson gilt. Das musste kürzlich sogar „Stardirigent“ Christian Thielemann einräumen, der vor einem Jahr „erstmals“, wie er angab, Eisler dirigierte und „zugeben (musste), dass ich auch einige Vorbehalte gegen diesen Komponisten hatte - immerhin ist es der Komponist der DDR-Nationalhymne“. Aber Thielemann stand nach eben erstmaliger musikalischer Beschäftigung mit Eisler schließlich nicht an einzuräumen: „Die Vertonung etwa des ‚XX. Parteitags‘ ist einfach genial.“ Ungeachtet dessen findet - natürlich auch unter begeisterter Beteiligung nicht nur dieses Stars — etwa in diesem Jahr ein medial- musikalischer Hype anlässlich des 150. Geburtstags von Richard Strauß statt, eines Komponisten immerhin, der, alles andere beiseite, noch 1943 dem „Judenschlächter von Krakau“, Hans Frank, ein Danklied widmete, zu dem er auch noch den Text selbst lieferte. Während demgegenüber der 50. Todestag von Hanns Eisler vor zwei Jahren in unseren Breiten so gut wie lautlos vorüberging. August 2014 87