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„Bapo“ nennt, fehlt im Buch und im Klappentext. Die Übersetzung ist, ebenso wie jene von Jacueline Cuss, sehr gelungen. Ein Glossar wäre angenehm und einige Kleinigkeiten wurden vom Lektorat übersehen wie: „... ortsansässige Juden, die einen nur einen jüdischen Arzt aufsuchen wollten“ oder Chaver und Chavier auf zwei aufeinanderfolgenden Seiten. Die jüdische Gemeinde von Mattersburg mit ihren rund 500 Mitgliedern, deren Geschichte sich bis in das 16.) ahrhundert zurückverfolgen lässt, war berühmt für ihre Jeschiwa und ihre besonderen Bräuche und Traditionen, die der Wiener Rabbiner und Volkskundler Max Grunwald 1925 für die Nachwelt aufzeichnete. 1922 gründeten Oberrabbiner Simon Löwy von Frauenkirchen und Oberrabbiner Samuel Ehrenfeld von Mattersburg den „Verband der autonomen orthodoxen israelitischen Kultusgemeinden des Burgenlands“. 1931 wurde Samuel Ehrenfeld mit dem „Goldenen Verdienstzeichen der Republik Österreich“ ausgezeichnet. Die Mattersburger Pädagogin Gertraud Tometich, die sich im Verein „Wir erinnern. Begegnung mit dem jüdischen Mattersburg“ engagiert, hat die Instrutionen, Geschäfte und Familiengeschichten von Mattersburg und von den umliegenden Gemeinden, vor allem von Bad Sauerbrunn, detailreich und kompetent beschrieben. Der Band ,,Als im Burgenland noch das Schofarhorn ertönte. Die Geschichte der jüdischen Gemeinde von Mattersburg und Umgebung“ in der Edition Marlit enthält zahlreiche Fotos und Dokumente und beschreibt auch die Vertreibung und Zerstörung der Gemeinde und das heutige, nicht immer adäquate Gedenken. Das Buch endet mit der Beschreibung der berührenden Begegnung der Autorin 2001 mit dem 2012 mit 89 Jahren verstorbenen Rabbiner Akiva Ehrenfeld in Kiryat Mattersdorf in Jerusalem, wo das jüdische Mattersburg bis heute fordlebt. E.A. Im Buchhandel erhältlich: Peter Berczeller: Der kleine weifse Mantel. Wien: Metroverlag 2013. 256 S. Euro 19,90 Richard Berczeller: Die Fahrt ins Blaue und andere Geschichten aus dem New Yorker. Wien: Czernin Verlag 2012. 167 S. Euro 19,80 Gertraud Tometich: Als im Burgenland noch das Schofarhorn ertönte. Die Geschichte der jüdischen Gemeinde von Mattersburg und Umgebung. Mattersburg: Edition Marlit 2013. 208 S. Euro 25,Der Buchtitel klingt nach Abenteuer und Entdeckungslust. Doch das umfangreiche Werk ist eine Dokumentation von Verfolgung und Vertreibung, von Enteignung und Beraubung. Es schließt eine Lücke der Forschung zum Exil in der NS-Zeit. Der Untertitel „Österreichisches Exil in Asien und Afrika“ umschreibt die Thematik, die schon in einer gleichlautenden Tagung im Oktober 2012 in Graz aufgegriffen und die von CLIO, dem Grazer Verein für Geschichtsund Bildungsarbeit, durchgeführt worden war. Die beiden HerausgeberInnen erklären in ihrer Einleitung „Eine neue Landkarte der Vertreibung durch den Nationalsozialismus“, dass sie „Analysen und Geschichten des österreichischen Exils der Jahre 1938 bis 1945 auf beiden Kontinenten Asien und Afrika“, aber auch allgemeine Überlegungen des deutschsprachigen Exils und seiner Bedingungen bieten wollen: „Der vorliegende Band stellt somit einerseits eine Einführung in die Rahmenbedingungen dieser Länder dar und bietet andererseits Erlebnisse und Erfahrungen von Österreicherinnen und Österreichern in Asien und Afrika aufder Flucht vor dem Nationalsozialismus“ (S. 12f). Dies ist eine besonders lesenswerte Kombination. Neben Margit Franz und Heimo Halbrainer, den Grazer HistorikerInnen, sind es weitere 22 AutorInnen, deren Arbeiten sich auf sieben Abschnitte verteilen. Es ist hier nicht möglich, den geographischen Horizont der Fluchtorte im Einzelnen abzuschreiten: in fünf Kapiteln werden behandelt: Nordafrika, Afrika südlich der Sahara, Britisch-Indien, Asiatisch-europäisches Exil in der Türkei und der Sowjetunion sowie Ost- und Südostasien. Schon anfangs wird vermerkt, dass die Zufluchtsortsorte Palästina und Shanghai ausgeklammert sind, da diese beiden als Orte des Exils relativ gut erforscht seien. Für Shanghai sei hingewiesen auf das 2008 erschienene Buch von Ursula Krechel „Shanghai fern von wo“, ein Epos des Elends der Vertreibung und eine eindrucksvolle Schilderung der 92 ZWISCHENWELT damaligen Umstände der Stadt. Zur Intention der Herausgeber passt die von Jürgen Habermas geprägte Konjunktion — „Erkenntnis und Interesse“. Der erste Abschnitt, der dem Einleitungskapitel folgt, heißt „Exil heute“ der türkischen Schriftstellerin Asli Erdogan. Sie nennt ihre Aufsätze „Düzlükler (Weites Land)“ und „Düzlükler-dagsiz, denizsiz (Weites Land - kein Berg, kein Meer)“, sie sind türkisch und in deutscher Übersetzung wiedergegeben und schildern die Situation einer Verfolgten von heute (S. 47 bis 53). Sie war 2012/2013 als „Writer in Exile“ in Graz, öffnet, wie die HerausgeberInnen anmerken, „den Blick auf die psychologischen, kulturellen und politischen Dimensionen eines Exils der Gegenwart inmitten von Europa“ (S. 13). Die historischen Darstellungen werden durch eindeutige kritische Stellungnahmen zu gegenwärtigen Problemen ergänzt. Die Eröffnungssätze der beiden Herausgeber Margit Franz und Heimo Halbrainer machen dies deutlich: Wenn wir heute die Worte Flucht, Vertreibung Asien und Afrika hören, haben wir zumeist ein sehr klares Bild vor Augen. Menschen aus diesen beiden Kontinenten müssen auf Grund von Bürgerkriegen, Vertreibungen und menschenunwürdigen Lebensbedingungen fliehen und versuchen nach Europa zu gelangen. |...] Tausende starben in den letzten Jahren beim Versuch, die Grenzen zu überwinden. [...] Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1938 waren tausende Österreicherinnen und Österreicher gezwungen, das Land zu verlassen. Dabei scheiterten viele an den Aufengrenzen des Deutschen Reiches oder an den Visabestimmungen vieler Staaten. (S. 11) In Afrika und Asien herrschten unterschiedliche Bedingungen unter den Kolonialregierungen; Margit Franz meistert die schwierige Aufgabe, für 25 afrikanische Lander — von Ägypten bis Uganda — und für 21 asiatische Zufluchtsorte- von Aden, damals britisches Protektorat, bis zur Türkei — Flüchtlinge betreffende Daten aufzubereiten. (S. 19-43). Für jedes Land enthält die tabellarische Übersicht Angaben zur politischen Situation, ferner die Zahl der österreichischen Emigranten (in Ägypten etwa 100), die Bedingungen für Einreise und Aufenthalt, eventuell die Anzahl der jüdischen Gemeinde vor Ort (in Ägypten etwa 70.000, im Irak etwa 100.000). Für viele der Zufluchtsorte gibt es in dieser Übersicht Nennungen von Personen, die im vorliegenden Band dargestellt bzw. erwähnt werden oder von denen Beiträge, etwa Briefe aus der Zeit des Exils oder spätere Veröffentichungen, wiedergegeben sind. Für Afrika schätzt man die Zahl der Flüchtlinge aus Österreich auf etwa 1.000. In Asien, von Palästina und Shanghai abgesehen, ist Britisch-Indien mit 500 bis 700 Flüchtlingen an erster Stelle; insgesamt waren in Asien auch um die tausend Österreicher im Exil. Die Lage in den asiatisch-europäischen Ländern Türkei und Sowjetunion war speziell, da schon bald