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Handlungen absehen können, auch zu sozialem Handeln erzogen. Wenn der Sozialismus nun, abgesehen von aller Kultursteigerung, von allem positiven, erlösendem Schaffen ein so fruchtbares Instrument dessen wird, was die Arbeiterbewegung innerhalb der kapitalistischen Welt mit so mangelhaften und mühseligen Mitteln betreibt, wenn er eine nur von ihm zu leistende Aufgabe löst, dann erhält er in der kausalen Kette des historischen Geschehens eine besondere Kulturbedeutung. Und abgesehen davon wissen wir, daß es nur ein Weg ist. Aus: NEUE ERDE. Kultursozialistische Wochenschrift. 1. Jahrgang, 28. September 1919, 29./30. Heft, S. 429-436 Adele Jellinek wurde am 2. März 1890 in Wien als Tochter des Lackierers Samuel Jellinek und seiner Frau Anna, geb. Spitz, geboren. Sie hatte vier Geschwister, die Familie lebte im Arbeiterbezirk Ottakring, Gablenzgasse 9. Als Kind erkrankte Adele an einer rheumatischen Entzündung der Gelenke. Nach einer missglückten Operation der Gelenke, bei der Sehnen durchschnitten wurden, war sie auf einen Rollstuhl angewiesen. Adele Jellinek schrieb Feuilletons, Erzählungen, Romane, Skizzen und (einige wenige) Gedichte. Die meisten ihrer Arbeiten sind im Zeitraum zwischen 1919 und 1934 veröffentlicht worden. In Zeitungen und Zeitschriften wie: Neue Erde, kultursozialistische Wochenzeitschrift, Arbeiter-Zeitung, Das kleine Blatt, Die Unzufriedene, Deutsche Freiheit, Neues Wiener Abendblatt, Neues Wiener Tagblatt und Die Frau. Ihr Roman „Das Tor“ wurde vom 17.2.1929 bis zum 26.4.1929 in Fortsetzungen in der Arbeiter-Zeitung abgedruckt. Jellinks Werk besteht zwar vor allem aus sozialkritischen Skizzen und Erzählungen, Hintergrund in den meisten ihrer Texte ist soziales Elend. Dennoch ist sie in ihren Erzählungen immer auch eine subtile, feinnervige Beobachterin menschlicher Begegnungen und Beziehungen. Im Herbst 1928 erhielt sie zwei von den sozialdemokratischen Kinderfreunden gestiftete Preise für dramatische Jugenddichtungen. Adele Jellinek ist nach 1945, sicherlich zu Unrecht, in Vergessenheit geraten. Einzig ihr eindrucksvoll anrührendes Gedicht „Brot und Rosen“, erschienen am 13.2.1927 in der Arbeiter-Zeitung, ist in den 1970er im Zuge der Neuen Frauenbewegung Jahren wiederentdeckt worden. Dieses Gedicht hat sie, angeregt durch einen Textilarbeiterinnen-Streik, bei dem Arbeiterinnen eine Standarte mit der Aufschrift „Wir wollen Brot — aber auch Rosen“ getragen haben, geschrieben. Nach dem Februar 1934 wurden nur mehr vereinzelt Beiträge von Adele Jellinek in Zeitschriften und Zeitungen veröffentlicht. Nach dem März 1938 musste die Schriftstellerin ihre Wohnung in Ottakring, Thaliastrafe 93 verlassen. Sie fand Unterkunft im 2. Wiener Gemeindebezirk, der Leopoldstadt, Große Mohrengasse 20. Schließlich wurde das Altenheim der Israelitischen Kultusgemeinde im 9. Bezirk, Seegasse 9 ihre letzte Unterkunft in Wien. Am 25. Mai 1943 wurde sie, wie viele andere BewohnerInnen dieses Heims auch, nach Theresienstadt deportiert, wo sie am 3. September 1943 starb. Von ihren vier Geschwistern wurde ihre Schwester Rosa (geb. am 2.6.1892) am 2. Juni 1942 nach Minsk deportiert und ermordet. Ihr Bruder Josef (geb. am 26.11.1894), Redakteur des Kleinen Blattes und des Arbeiter-Sonntags starb am 5. Oktober 1942 im KZ Sachsenhausen. (Brigitte Lehmann. Exenberger-Archiv, theodorkramer.at) Anmerkungen 1 Der Pädagoge Friedrich Wilhelm Foerster (1869 — 1966) war entschiedener Gegner der Nazis, die 1933 seine Biicher wegen ,,Gesinnungslumperei und politischem Verrat“ verbrannten. Darunter Werke wie „Schule und Charakter“ (1907), „Weltpolitik und Weltgewissen“ (1919), „Politische Ethik und politische Pädagogik“ (1920), „Mein Kampf gegen das militaristische und nationalistische Deutschland“ (1920). Er verließ 1922, nach der Ermordung Walther Rathenaus Deutschland, zog zuerst in die Schweiz, dann nach Frankreich, von wo er 1940 wieder Richtung Schweiz flüchtete. An der Grenze zurückgewiesen, schaffte er die Flucht über Portugal in die USA. 1963 zog er wieder in die Schweiz. (Anm. Red.). Jellineks Beitrag bezieht sich auf Foersters Text: Zur Beurteilung des Bolschewismus. In: Das Forum (Potsdam) 3/1919, 760-773. Robert Rosner hat uns diesen Brief Adele Jellineks zukommen lassen. Sie schrieb ihn kurz vor ihrer Deportation an ihre Schwester Laura. Diese war durch ihre Ehe mit dem „Nichtjuden“ Josef Kolb vor der Deportation geschützt und konnte in Wien überleben. Robert Rosners Frau Liesl war die Tochter von Adele Jellineks Bruder Josef. (Anm. Red.) November 2014 39