OCR
von Fachbüchereien, Herausgabe von Merkblättern und Lehrbüchern, Vermittlung der wachsenden Zahl der Zeitschriften für sozialistische Erziehung. Jeder unserer Mitarbeiter spüre immerfort den Zusammenhang der geistigen Bewegung vom kleinsten Fabriksdörfchen oder Waldarbeiternest bis zu den bewundernswerten Leistungen der Arbeiterakademien und großstädtischen Arbeiterbildungsinstitute, bis zu der allumfassenden Kulturarbeit des Proletariats auf dem Erdball. Ewig neugenährter Ehrgeiz halte die tausend namenlosen Pioniere dieser stillen, aber gewaltigen Revolution der Geister in Atem. (S. 29 f.) Ziele der Arbeiterbildung Abschied vom mittelalterlichen Menschen in uns letzten Früchten kleineuropäischer Kultur, Aufleben allgemeiner wissenschaftlicher Gesinnung, Erwachen des schöpferischen Bewußtseins von der sozialen Anwendbarkeit des Wissens. Wer aber ist der Helfer des Sozialismus? Auf sechs Gruppen innerhalb der Arbeiterschaft hat sich der Eifer unserer revolutionären Erzieher gleichmäßig und gleichzeitig zu strecken. Zunächst auf die Arbeiter, auf die Männer. In ihnen vielfach noch letzte Ruinen des Männerhochmuts. Arbeiter vergessen noch, daß Sozialismus nicht einmal halben Sozialismus ist, wäre er nur verankert in den Herzen und Hirnen der Männer. Wir brauchen ebenso schr sozialistische Bildung der Frau. Arbeiter, geht auch in die Arbeiterinnenschulen! Erst wenn der Arbeiter und die Arbeiterin alle Ausbeutungsformen des Mannes und der Frau in der heutigen Wirtschaft kennen, wird sich eine der großen Gefühlsrevolutionen für das Zusammenleben der kommenden Geschlechter ermöglichen, die revolutionäre Kampfkameradschaft, das einzige, was von der Ehe übrig bleibt. Aber nicht nur Mann und Frau wollen gleichzeitig geschult werden, ebenso Masse und Führer. Es soll keine Ironisierung sein, sondern Fragestellung: die Führer haben durch die Trägheit der Autoritätsgläubigen, mittelalterlicher proletarischen Masse so unendlich viel zu tun, daß sie im besten Falle Zeit haben, Kurse zu organisieren, aber kaum mehr Zeit, Kurse selber zu besuchen. Neben den Massenschulen also Führerschulen!, aber letzten Endes Auflösung der proletarischen Masse in lauter Führerfunktionen. (S. 32) Josef Luitpold Josef Scheu Das ist eine einzigartige, vielleicht eine österreichische Geschichte, die Geschichte dieser drei Brüder, des Heinrich, des Andreas, des Josef. Heinrich Scheu war der politische Kopf. Er war mit Oberwinder einer der Schöpfer der österreichischen Arbeiterbewegung. Der Prozeß gegen ihn und Oberwinder wegen „Geheimbündelei“ um 1864 bleibt einer der großen politischen Prozesse. Heinrich Scheu: Pionier des politischen Sozialismus. Andreas Scheu, der andere, ging dann von Österreich nach England. Er steht im goldenen Schatten von William Morris. Er ist österreichischer Arbeiterdichter, Schöpfer des österreichischen Arbeitergedichtes, Übersetzer von Ernst Jones und von Morris. Andreas Scheu: Pionier des dichterischen Sozialismus. Josef Scheu, der dritte, musikgeschult, Posaunist im Orchester des alten Wiener Proletarische Kulturarbeit Die Französische Revolution, der Aufstieg des Bürgertums in seiner Glanzzeit rissen Rousseau zu den Worten hin: „former des citoyens“, „Bürgermachen, formen, gestalten“. Unsere Pflicht ist es, unsere Aufgabe, unsere Sendung, den Proletarier und die Proletarierin zu bilden, zu gestalten. In einer Darstellung der Niederlande aus jener Zeit, da der Weltverkehr der Gegenwart entstanden ist, um das Jahr 1600 herum, ist zu lesen, daß damals in den Niederlanden jedes Haus eine Schiffahrtsschule, kein Haus ohne Seekarte war. Unser sei das Werk, jede Arbeiterschule zur Schule des Sozialismus zu machen, jeden Arbeiter, jede Arbeiterin zu einem Gefäß der Revolution“. (S. 34) Burgtheaters, will nicht nur für Hof, Adel und Bourgeoisie Musik machen; für die Bewegung, erschaffen von Heinrich, die Worte, gedichtet von Andreas, vertont von Josef. Josef Scheu: Pionier des singenden Sozialismus. Ich habe ihn geschen, er war mittelgroß, sein Bart war feinsträhnig und tiziangolden, er trugeinen braunen Samtwams, der mir so gefiel und den ich mir vielleicht heute noch wünsche. Auf dem Haupte saß ein breiter Garibaldi-Hut. Wie ein Vogel mit kräftigen Schwingen. Er war Organisator. Er erschuf Arbeitergesangvereine alliiberall und verband sie. Er war Lehrer der Sänger, der Sängerinnen. Ernsthaft, begeisternd. Er komponierte Chor um Chor. Alter Hymnus und der Atem der neuen Straßendemonstrationen, er vereinigte sie. Er erschuf das Lied der Arbeit, die Hymne, deren Geschichte die Geschichte des Proletariats an der Donau bleibt, November 2014 43