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Pläne für Sommerkurse erfahrener Analytiker in Wien betrifft, so scheint mir die Idee sehr bedenkenswert. Ich bin mir fast sicher, dass sich diese Pläne im Sommer 1946 auf Grund von politischen und Reiseschwierigkeiten nicht realisieren lassen. Bis 1947 aber können sich die Verhältnisse verändert haben. Natürlich wird man sagen, dass die alternative Lösung vielleicht vorzuzichen sei, dass nämlich einige Ihrer Kandidaten und jungen Mitglieder zur weiteren Ausbildung ins Ausland geschickt werden. Alle solche Schritte hängen von den verfügbaren Mitteln ab. Es erscheint mir im Übrigen nicht ausgeschlossen, dass schon im Sommer 1946 das eine oder andere alte Mitglied in Europa ist und sich bereit erklärt, eine Zeitlang nach Wien zu kommen, falls die Genehmigung dazu erteilt wird. In diesem Fall will ich mich gern um Informationen bemühen und Ihnen Bescheid geben.“ Keines dieser Projekte wurde letztlich verwirklicht. Zunächst scheint Aichhorn aber wirklich erwartet zu haben, dass Analytiker der alten Vereinigung nach Wien zurückkehren könnten. In diesem Sinn schrieb er am 17. 3. 1946 an seinen in die USA emigrierten Freund und Schüler K.R. Eissler**: „Die Dinge liegen hier so: ich muß die Vereinigung [...] mit einer kleinen Anzahl von Mitgliedern eröffnen. Den ersten Mitgliederstock bilden die 6 Ärzte und 6 Psychologen, die während der nationalsozialistischen Zeit bei mir in Ausbildung waren. Wenn auch ein kleines Stück theoretischer Ausbildung geleistet wurde und 4 davon bei mir Kontrollanalysen machen, fehlt noch viel zur Ausbildung. Die 12 haben sich trotz der Mitgliedschaft verpflichtet, jedwede von der Vereinigung veranlaßte Ausbildung mitzumachen. [...] Von den dauernd jetzt in Wien lebenden Analytikern, die als Vortragende in Frage kommen sind: Dr. Hollitscher?, der vor 2 Wochen aus England nach Wien zurückkam und dauernd hier bleiben will, Dr. Fleischmann“, der bei mir in Analyse war, dann nach Budapest ging, dort Mitglied der ungarischen Vereinigung und auch Lehranalytiker wurde. Dr. Winterstein, den Du ja von der Wiener Vereinigung kennst und ich.“” K. R. Eissler antwortete ihm am 26. 4. 1946: „Ich glaube, daß Dein Plan daß frühere Wiener Analytiker nach Wien kommen werden nicht befriedigt werden wird. Ich glaube sie sollen nicht kommen. Es wird ihnen nicht gut tun + es wird der Wiener Gruppe nicht gut tun. [...] Es ist interessant darüber zu spekulieren, welcher Charaktertypus zurückkehren wird. Ich glaube nicht, daß es eine gesunde Reaktion ist. Aber ich mag mich täuschen. Wenn ich Dich nicht hätte, ich wüsste nicht was mit Wien in meinen jetzigen Problemen anzufangen. Die Fascinierung, die von Deiner Persönlichkeit ausgeht, wiegt den Verlust auf, den ich durch den Abbruch von Wien erlitten habe. Ich kann mir vorstellen, daß Du die Veränderung, die wahrscheinlich mit uns allen hier vorgegangen ist, nicht genau kennst. Wahrscheinlich weiß ich nicht[s] über viele Veränderungen, die mit Dir vorgegangen sind, obwohl, in Deinen Briefen bist Du mir unendlich nahe + ich habe nicht das Gefühl, als ob wir je getrennt gewesen wären“ (Aichhorn, Th. & Schröter 2007, S. 28 f). Dem Briefwechsel zwischen Ruth Eissler** und Anna Freud kann man entnehmen, dass es sich bei Aichhorns Idee, ehemalige Wiener Analytiker würden zurückkommen, um den Unterricht zu übernehmen, tatsächlich um einen Tagtraum gehandelt hatte. Ruth Eissler schrieb am 2. Februar 1946 an Anna Freud: „In the meantime we have been able to establish direct communication with Aichhorn and I am very much impressed by his [...] efforts to preserve Psychoanalysis in Vienna. Of course we all are very willing to support Aichhorn in his endeavours but as to his plans to have the former European analysts come to teach in Vienna I feel rather doubtful and personally cannot imagine anyone emotionally ready to do so. The New Yorker Colleagues may feel differently about it since in some way they have remained much closer to Europe than we are here.”*? Anna Freud antwortet ihr am 2. März 1946: „A month ago we too were able to communicate directly with Vienna, and Vienna of course means Aichhorn. Before that we had managed to send some letters by way of America, but it is, of course, a very different feeling to be in direct touch. He certainly is an amazing person. He is actually opening the Vienna Institute again and full of enthusiasm and hopes for its future. I do hope that he will find the teachers whom he needs. I did not have the heart to tell him the truth concerning my own attitude towards trips to Vienna whenever that should become possible. He even thought that I might manage to come for the opening of the Institute, which happens, I think just now. In reality I just cannot imagine ever setting foot into Vienna again for whatever purpose it might be. You see, it is not the distance from Europe that has the effect on people. It is probably something very different that does it. We may all forget what happened in ten or twenty years time, but at the moment I cannot quite imagine that.” Die feierliche Wiedereröffnung der WPV am 10. April 1946: Nachdem die bürokratischen Hürden überwunden waren, wurde im Jänner 1946 die Auflösung der WPV außer Kraft gesetzt. Die neue Adresse der Vereinigung war Wien I., Rathausstrafe 20. Aichhorns private Räume befanden sich in derselben Wohnung. Die feierliche Wiedereröffnung wurde für den 10. April 1946 festgesetzt. In der Vorbemerkung zu einer geplanten Festschrift wurde daran erinnert, dass Freud die WPV 1908 gegründet hatte. Nach 30jährigem Bestand habe am 25. 8. 1938 der „Stillhalte Kommissar für Vereine, Organisationen und Verbände“ die Auflösung der Vereinigung beantragt, die vom Magistrat mit Bescheid vom 1. 9. 1938 angeordnet worden sei; am 4. 1. 1946 sei die Auflösung der Vereinigung außer Kraft gesetzt worden. „Die nun bestehende W.P.V.“, so heißt es weiter, „ist daher keine Neugründung, sondern setzt nach Sjähriger gewaltsamer Unterbrechung die Vereinstätigkeit fort. Nach dem Kriege sind die Verhältnisse so wesentlich andere, daß die Vereinstätigkeit über den wissenschaftlichen Zweck hinaus erweitert und die Organisation den neuen Erfordernissen angepaßt werden muß.“ Viele der chemaligen Mitglieder der WPV und einige europäische und amerikanische psychoanalytische Institute schickten zur Wiedereröffnung Telegramme und Glückwunschschreiben und auch die Wiener Tageszeitungen berichteten ausführlich über die Festsitzung (vgl. Aichhorn Th. S. 147). Anna Freud hatte am 21. Februar 1946 geschrieben: „Sehr geehrter Herr Aichhorn! Ihre Nachricht, daß in Wien wieder, an neuer Stelle, ein psychoanalytisches Institut eröffnet wird, hat mir großen Eindruck gemacht. Die Zerstörung des alten Instituts durch die Nationalsozialisten, die Schließung des Ambulatoriums, die Vernichtung der Bücher und die Auflösung des Psychoanalytischen Verlags schien 1938 das Ende der Psychoanalyse in Österreich zu bedeuten. Das hat alle Mitglieder der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung umso tiefer getroffen, als Wien mehr als nur die Geburtsstätte der Psychoanalyse war. Vom Wiener Psychoanalytischen Institut sind von seiner Gründung bis zu September 2015 47