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Eislers einen im Nachhinein vielleicht als sonderbar zu betrachtenden, bis zum 29. Februar 1944 dauernden Rechtsstreit um dieses Wohnhaus. In dem noch im Jänner 1944 die NSDAP-Kereisleitung Liezen gegen die Schenkung intervenierte. Und der zwar formal parteikonform entschieden wurde, indem die Verkaufsbedingung aufrecht blieb. Aber ein salomonischer Beamte entschied, den „Beginn der Jahresfrist, innerhalb welcher die Veräußerung (des Hauses durch die Enkel) an einen dem Landrat des Kreises Liezen und der NSDAP genehmen Erwerber zu erfolgen hat, mit dem Zeitpunkt der Beendigung des Kriegszustandes“ festzusetzen. Weshalb das Wohnhaus im Besitz der Familie blieb. Die Bemühungen Sigmund Eislers nach seiner Rückkehr aus der Verbannung, die Tischlerei zurückerstattet zu erhalten, dauerten länger. Erst nach dem 1947 vom Nationalrat beschlossenen sogenannten Dritten Rückstellungsgesetz konnte er Anfang des Jahres 1948 beim Landesgericht Graz einen Rückstellungsantrag stellen. Der umgehend vom „Ariseur“ rechtlich bekämpft wurde. Bis im September desselben Jahres durch Gerichtsbeschluss entschieden wurde, dass es sich „bei der Erwerbung der Liegenschaft durch Kleewein um eine glatte Arisierung“ gehandelt habe und „das Kaufobjekt“ daher an Sigmund Eisler zurückzustellen sei. Ist es nötig zu sagen, dass — nachdem dieser Gerichtsbeschluss am 22. November rechtskräftig wurde — noch diverse Kleinkriege folgten? Da der „Ariseur“ inzwischen einen Teil der Liegenschaft weiterverkauft hatte, die Tischlereieinrichtung nicht mehr dem ursprünglichen Zustand entsprach und so weiter. Und der inzwischen achtundsiebzigjährige Sigmund Eisler konnte nun ja nicht einfach den Betrieb wiederaufnehmen, als sei nichts gewesen. Und in der Familie gab es keine Nachfolger. Der Schwiegersohn kein Handwerker, die beiden Enkel im Krieg als einfache Soldaten schwer verletzt, einer von ihnen im letzten Moment - durch seine Verletzung — dem Inferno von Stalingrad entkommen, mit monatelangem Lazarettaufenthalt danach. Mit Glück fand Sigmund Eisler einen Pächter. Mit Glück deshalb, weil der es vor allem anfangs nicht leicht hatte. Hatte doch sein Vorgänger in nur knapp dreihundert Metern Entfernung seine neue Werkstatt aufgemacht. Aber alles Weitere ist eine ganz andere Geschichte. Mit anderen Generationen, anderen Beteiligten, anderen Verbrechen vielleicht. Und viel Schweigen. Sodass beispielsweise der Enkel des „Ariseurs“ sich erst durch meine Erzählungen erklären konnte, woher die unausgesprochene, aber beständige und offensichtliche Distanz seiner Eltern zu allem, was die Kinder und Enkel Sigmund Eislers betraf, herrührte. Sigmund Eisler wurde so wie seine Frau Josefine auf dem alten Liezener Friedhof begraben. Auf der Grabmaltafel steht: Hier ruht in Gottes Frieden Frau Josefine Eisler geb. 26.10.1874 gest. 7.2.1951 und Herr Siegmund Eisler geb. 27.6.1870 gest. 24.2.1952 Sigmund Eisler wurde von den Behörden, Gerichten, Anwälten, Feinden sowohl vor und nach 1938, als auch nach 1945 fast durchwegs Siegmund geschrieben. Auf einem mit Schreibmaschine geschriebenen Schriftstück gleicht Eisler sogar selbst seinen Namen mit Schreibmaschine dieser Schreibweise an und unterschreibt dann handschriftlich mit Sigmund. Dass seine Nachkommen auf der Grabmaltafel Siegmund eingravieren ließen, mag einer 56 ZWISCHENWELT zufälligen Unachtsamkeit entsprungen sein. Keine Unachtsamkeit ist es jedenfalls, dass ich die Namen der Enkel Sigmund Eislers nirgends nenne. Das geschieht nicht deshalb, weil ich sie nicht wüsste. Sondern weil jener Enkel, mit dem ich in seinem 90. Lebensjahr über einige dieser Dinge gesprochen habe, immer noch Bedenken hatte, dass es seiner Familie schaden könnte, wenn über diese Vergangenheit offen gesprochen würde. Heimatkunde 3: Emanuel und Maria Eisler. Und Richard. Hätte sich Sigmund Eisler nicht vor seinem Tod noch katholisch taufen lassen, es gäbe nichts, was in seinem Heimatort heute noch auf ihn hinwiese. So aber erinnert die Grabstätte auf dem alten Liezener Friedhof an ihn, wo er mit seiner Frau begraben werden durfte, weil er sein ursprüngliches Religionsbekenntnis abgelegt hatte. Und weil seine Nachkommen für die Erhaltung der Grabstätte gesorgt haben. Die Spuren seiner Eltern Emanuel und Maria Eisler hingegen sind aus dem Ort und dem Gedächtnis seiner Bewohner restlos getilgt. Ihre Grabstätte befindet sich in der kleinen jüdischen Abteilung des Friedhofs von Bad Aussee, das vor hundert Jahren weiter von Liezen entfernt war als die vierzig Autominuten, die Google Maps heute für diese Strecke kalkuliert. Jahrzehntelang war diese aus wenigen Grabstätten bestehende Friedhofsabteilung völlig verwildert und wurde erst kürzlich von Schülerinnen und Schülern der Volksschule mit der Religionslehrerin und dem Religionslchrer saniert. Aber in Liezen weiß praktisch niemand von diesem Grab. Der Text der Inschrift auf dem Grabstein lautet: Hier ruht unser lieber guter Vater Herr Emanuel Eisler Tischlermeister und Fotograf in Liezen gest. am 26.8.1914 im 67.Lebensjahre und unsere liebe herzensgute Mutter Frau Maria Eisler gest. am 1.6.1930 im 83.Lebensjahre. Am Todestag des Vaters starb bei Premislany der Sohn Richard Den Heldentod. FRIEDE IHRER ASCHE! Der Text auf dem Sockel lautet: Was eng umschlossen dieser Raum enthält Für unsre Herzen war es eine ganze Welt! „Straßenkampf in Przemyslany“ lautet der Text auf einer Postkarte des k.k. Schützenregiments Nr. 3 aus dem Jahr 1917, deren Verkauf angeblich dem Witwen- und Waisenfond dieses Regiments zugutekam. Gemalt hat das Bild mit dem genauen Titel „Straßenkampf in Przemyslany am 3. August 1914 des k. k. Schützen-Reg. Graz Nr.3“ der 1949 in New York gestorbene bedeutende Grazer Maler Wilhelm Thöny, der 1914 als Einjährig-Freiwilliger in den Krieg