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quasi Außenminister der Exil-Regierung de Gaulles dessen enger Vertrauter. Am 18. Oktober 1958 war in der deutschen Zeitung „Der Tag“ ein langes Interview mit Ferhat Abbas erschienen, wo dieser festlegte, dass es nur Frieden geben werde, wenn Algerien unabhängig sei — der Interviewer war Artur Rosenberg. Den Gesprächen war eine Terrorwelle des FLN vorangegangen, bei der ca. 300 Menschen ermordet wurden, und cs sollten trotz geheimer Friedensgespräche noch viele Massaker folgen. Für seine Vermittlerrolle erhielt Artur Rosenberg bald die französische Ehrenlegion. Bis zu seinem Tod 1969 bei einem Kuraufenthalt in der Schweiz arbeitete Artur Rosenberg noch an seinen Memoiren, die dann aber nie erschienen sind. Es gibt einen Teilnachlass seiner Arbeiten im steirischen Landesarchiv. Geschrieben hat Artur Rosenberg „Menschen auf der Straße“ zwischen dem 30. Jänner 1944 in Le Bourget-en-Huile in Savoyen und dem 6. Mai 1946 in Wien. Publiziert wurde das Buch auch dort, und zwar 1946 im Wiener Verlag. Der Bericht endet mit folgenden Worten, die vielleicht am besten auf dem Punkt bringen, wie sich Kollaboration und Widerstand in Frankreich nach 1940 entwickelt haben: Die eigenen wunderbaren Qualitäten, die einzigartige Intuition, die alle Schichten der Bevölkerung durchdringende Intelligenz, die tiefe Menschlichkeit, alles das tat [der Franzose] jetzt nach der wohlberechneten Lehre des Siegers geringschätzig ab, warf es als ungesunden Intellektualismus, als jäammerliche Gefühlsduselei zu dem Gerümpel verrosteter Vorurteile. Karl Wimmler Es war das Klima, dessen der Eroberer bedurfte, wenn er Frankreich nicht nur niederwerfen, sondern auch durchdringen und besitzen wollte. Doch neben und zwischen den Menschen, die sich den Tatsachen beugten — „Realisten“ nannten sie sich deshalb —, waren schon andere, die keine Vernünftigkeit dazu bringen konnte, ihre Seele zu verhandeln, die als sie selbst leben wollten oder gar nicht. Um sie herum setzten sich [...] die Ringe des Widerstandes an.’ Anmerkungen 1 Vgl. Klaus Hillenbrand: Fremde im neuen Land: Deutsche Juden in Palästina und ihr Blick auf Deutschland nach 1945. FISCHER E-Books; Auflage: 1 (21. Mai 2015). 2 Ernst Schwager: Österreichische Wissenschaftler in Frankreich. In: Friedrich Stadler (Hg.): Vertriebene Vernunft II. Emigration und Exil österreichischer Wissenschaft. Teilband 2. Münster 2044,. 949. 3 Dennis Ross Laffer: The Jewish Trail of Tears. The Evian Conference of July 1938. Graduate Theses and Dissertations. University of South Florida 2011, 157. 4 Soma Morgenstern: Flucht in Frankreich. Ein Romanbericht. Liineburg 1998, 145ff. 5 Zu Alfred Missong vgl.: Alfred Missong (jun.): Als Emigrant in Futog. In: ZW 1-2/2010, 59-62. 6 Fonds André Breton: FN Adresse URL: http://www.calames.abes.fr/pub/ ms/Calames-201321111249575998 7 Artur Rosenberg: Menschen auf der Straße. Wien 1946, 293. Eine ein halbes Jahrhundert danach angebrachte kleine Gedenktafel an der St. Michel-Brücke über die Seine spricht von „zahlreichen“ getöteten Algeriern an jenem 17. Oktober 1961. Eine andere Tafel am Seine-Kanal, die vom Bürgermeister des im Vorjahr wieder ins Blickfeld geratenen Außenbezirks St. Denis im Jahre 2007 angebracht wurde, ist präziser: „Am 17. Oktober 1961, während des Algerienkrieges, demonstrierten dreifigtausend Algerierinnen und Algerier aus der Region Paris friedlich gegen die gegen sie verhängte Ausgangssperre. Diese Demonstration wurde auf Befehl des Pariser Polizeipräsidenten brutal niedergeschlagen. Zahlreiche Manifestanten wurden durch Kugeln getötet, hunderte Männer und Frauen wurden in die Seine geworfen und Tausende wurden geschlagen und verhaftet. Im Kanal von St. Denis fand man danach die Leichen. “51 Jahre nach dem Massaker, vor etwas mehr als drei Jahren, hat Frankreichs Präsident Hollande das Blutbad als erster französischer Präsident ofliziell eingeräumt: „Am 17. Oktober 1961 seien für die Unabhängigkeit ihres Landes demonstrierende Algerier bei der ‚blutigen Niederschlagung‘ der Proteste getötet worden, erklärte Hollande. ‚Die Republik erkennt diese Fakten mit Klarheit an‘, hieß es in einer kurzen Mitteilung des ElyséePalasts, in der auch das Andenken der Opfer gewürdigt wird.“ (Die Welt, 18.10.2012) Seitens der UMB der Partei Sarkozys, die sich inzwischen „Die Republikaner“ nennt, wurde gegen diese Erklärung umgehend protestiert. „Es sei nicht zu akzeptieren, dass die französische Polizei und ‚damit die gesamte Republik‘ beschuldigt würden.“(Die Welt) 46 ZWISCHENWELT Die genaue Anzahl der Toten ist bis heute unbekannt. Ursprünglich gab die Polizei drei Tote an. 1991 wurden die Ereignisse im Buch des Historikers Jean-Luc Einaudi „Die Schlacht um Paris“ erstmals seriös rekonstruiert. Aber das Buch fand damals kaum Beachtung. Erst zehn Jahre zuvor hatte die lange Karriere jenes Mannes in seinem 71. Lebensjahr ihr Ende gefunden, der zur Zeit des Massakers Chef der Pariser Polizei (1958 — 1967) war, zuletzt gaullistischer Finanzminister: Maurice Papon. Jener Papon, der schließlich 1998 wegen Kollaboration mit den nationalsozialistischen Besatzern im längsten Prozess der französischen Geschichte zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt wurde. Er wurde für schuldig befunden, in der Zeit von 1942 bis 1944 die Festnahme und Deportation von 1560 Juden, darunter Kinder und alte Menschen, angeordnet zu haben, wovon die meisten nach Auschwitz deportiert wurden. Drei Jahre saß der Mann ab, 2002 wurde er freigelassen (ermöglicht durch das sogenannte „Kouchner-Gesetz“ nach dem Namen jenes seltsamen Politikers, der hierzulande hauptsächlich als Gründer von „Ärzte ohne Grenzen“ bekannt ist). Papon starb 2007. Niemals wurde irgendjemand in Frankreich für das Massaker von 1961 zur Verantwortung gezogen, auch Papon nicht. So wirkt die für alle im Zusammenhang mit dem Algerienkrieg begangenen Verbrechen erlassene Generalamnestie. Der Historiker Einaudi geht von mindestens zweihundert, möglicherweise sogar dreihundert Toten des 17. Oktober 1961 aus. Er zitierte Augenzeugen, die unverdächtig waren, übertriebene Angaben zu machen — Polizisten und Ärzte, die von „Blutlachen“, „Schlachtfeldern“