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bald zum Treffpunkt eines Freundeskreises für die Exil-Zeitschrift
„Deutsche Blätter“, die in Chile erscheint.

Über diese Versammlungen läßt Zech Udo Rukser, einen der
beiden Herausgeber des Blattes, wissen: „Die Zahl der Teilnehmer
[kann] nur schr beschränkt sein.14-15 Personen, obgleich 40
interessiert sind. Wir versammeln uns alle drei Wochen bei Frau
Emma Barta, die uns ihr Atelier zur Verfügung stellt.“ Was Zech
als Atelier bezeichnet, ist eine Wohnung im bis heute erhaltenen
Edificio Bencich, einem bekannten Jugendstilgebäude an der
Avenida Cordoba, Ecke Esmeralda, das von mehreren Türmen
bekrönt wird.

Gisela Brunnchild weiß aus eigenem Erleben: „Der eine bestand
aus einem einzigen runden Raum, Emmas Wohnstätte. Von da aus
mufte man im Freien zu dem nächsten Turm, in dem sich Bad
und Toilette befanden. Der Ausblick über die ganze Stadt bis hin
zum Hafen war berauschend, der Wind und die Kälte im Winter
grausam.“ Zum engeren „Freundeskreis der Deutschen Blätter“
gehören die Chemikerin Ruth Maria Leuchtez, die Schriftsteller
Werner Bock und Reinhart Völter, der Germanist Wilhelm Thiele,
der Journalist Peter Bussemeyer, die Juristen Hans M. Semon und
Jürgen Koch sowie der Lehrer Werner S. Klar. Nach mehreren
vorbereitenden Gesprächen begrüßen Barta-Mikl und Zech bei der
ersten ofhziellanberaumten Zusammenkunft in Emmas Heim die
Anwesenden mit zwei Reden, deren jeweiliger Wortlaut überliefert
ist. Die Gastgeberin bringt zum Ausdruck, worum es ihr persön¬
lich geht: „Vielleicht erkennen wir zum ersten Mal nach langen
düsteren Jahren den Sinn unseres schmerzlichen Draußenseins
und die Aufgaben, die unser harren. Die uns gegebene Freiheit
schenkt uns ein weitreichenderes Schauen und Ubersehen der
Dinge, sie ermöglicht uns manchen Weg und verpflichtet uns so
zu besonderen Leistungen auf sozialem und kulturellem Gebiet.“
Derartige Ziele verfolgen nicht alle Teilnehmer der Runde. Emma
muß nach Chile mitteilen: „Dr. Zech und ich versuchten im Vor¬
jahr mit schr viel gutem und ernstem Willen einen kleinen Kreis
der Freunde der Deutschen Blätter ins Leben zu rufen. Leider
war ihm nicht viel Glück beschieden. Die Frage ob Nazi oder
Nicht-Nazi und die Definition von Antinazi wurde schließlich
zum Hauptthema und es war nicht mehr anzuhören.“ Sie selbst
beschäftigt hauptsächlich die Frage, wie es der deutschen Jugend
in Zukunft ergehen wird. Darüber schreibt sie für die „Deutschen
Blätter“ einen

Essay, der nur deshalb nicht erscheint, weil diese bald darauf
aus Kostengründen ihr Erscheinen einstellen müssen.

Im Verlauf der Zusammenarbeit für die Zeitschrift ist Zech ein
kameradschaftliches Verhältnis zu der rund drei Jahrzehnte jün¬
geren Emma nicht mehr genug. Davon berichtet sie Meurer: „Ich
darf wohl sagen, daß ich der letzte Mensch war, den Ihr Freund
in seinem Leben geliebt hat. Daß es zu der von ihm geträumten
Form der Beziehung nicht kommen konnte, ist meine Schuld
[...].“ Zech will mehr als Freundschaft, findet aber bei Emma
kein Gehör, weil diese dazu nicht bereit ist, wie sie auch gegen¬
über dem Verfasser darlegt: „Ich [hatte] meinem Gefühl Grenzen
gesetzt, die er nicht anerkennen wollte, deren Überschreitung
für mich aber unmöglich war, weil man Freundschaft nicht mit
Liebe verwechseln kann.“ Emmas Zuwendung und Hilfe gilt
dem literarischen Schaffen des schwer kranken Mannes bis zu
dessen Ableben im September 1946. In Anbetracht der lieblos
ausgerichteten Trauerfeier für den Toten sorgt sie Wochen später
für eine würdevolle Beisetzung der Urne, sichtet den literarischen

Nachlaß des Schriftstellers und sorgt dafür, daß die Manuskripte

nach Deutschland gelangen. Mit Unterstützung von Ernst Wie¬
chert versucht sie den Verlag Kurt Desch dafür zu gewinnen,
eine Ausgabe der Werke Zechs herauszubringen, hat aber keinen
Erfolg damit. Für diese Arbeit opfert sie ihre Freizeit, obwohl die
spärlich bemessen ist, wie sie Meurer weiter mitteilt: „Ich habe
leider eine ausgiebige ‚Nebenbeschäftigung‘, die in einer täglich
zehnstündigen, aufreibenden Büroarbeit besteht [...].und habe
für meinen Jungen aus erster Ehe zu sorgen, der nun bald 16
wird und gleichfalls weit von hier an einer landwirtschaftlichen
Schule studiert.“

Im Februar 1947 zieht Emma nach Cordoba, um dort als Leh¬
rerin an einer Privatschule zu unterrichten. Aus einem Brief an
Udo Rukser geht hervor, was sie zu diesem Schritt bewogen hat:
„Obwohl ich hier in restloser Einsamkeit lebe, denn ich kenne
keinen Menschen, [...] hoffe ich doch das Rechte getan zu haben.
Buenos Aires ist ein denkbar aufreibendes Pflaster und verzehrt
einem die beste Kraft.“ Schnell stellt sich heraus, daß sie sich geirrt
hat. Schon Mitte des Jahres läßt sie Meurer wissen: „Cordoba
war ein Fehlschlag.“ In Cordoba wohnt sie bei Dr. Gerhard EI¬
keles, den die Nazis 1933 in Berlin aus seinem Amt als Direktor
des Hygienischen Untersuchungsamts vertrieben haben und der
nun hier in gleicher Position tätig ist. Emma leidet am Schicksal
Deutschlands und will „nach drüben“, um sich am Wiederauf¬
bau zu beteiligen. Bei Meurer fragt sie an, ob er ihr dabei helfen
könne: „Ich bin Österreicherin der Geburt nach, aber ich habe als
geistiger Mensch niemals eine Grenze zwischen beiden Ländern
anerkannt [...]. Ich anerkenne einen Bereich deutscher Kultur,
dem ich mit jeder Faser meines Wesens zugehöre und dessen
Schicksal ich verhaftet bin.“ Was sie Ende der Dreißigerjahre
in der Heimat an Ablehnung erfahren hat, wiederholt sich nun
mit umgekehrten Vorzeichen: „Statt der erträumten Heimkehr
haben sich mir alle Hände abwehrend entgegengestreckt und nur
ich selbst weiß, daß sich die Frage für mich endlich entscheiden
muss, weil ich sonst an der Jahre hindurch gesammelten Kraft
zerbreche.“ Widerstand gegen die Pläne der Mutter leistet auch
ihr Sohn Oskar. Meurer gegenüber muß Emma einräumen: „Er
hat keineswegs die Absicht mit mir heimzukehren und nimmt
an meinem inneren Leben keinen Anteil. Meine Welt, ja, die ge¬
samte deutsche Welt ist ihm schr fremd und er ist völlig Lateiner
geworden, trotz aller deutschen Schulen, in die er hier ging.“ Sie
gibt ihre Reisepläne vorerst auf und sucht erneut Zuflucht in der
Literatur.: „Ich arbeite im Augenblick an einer Übersetzung ins
Deutsche und zwar: [Miguel de] Unamuno ‚Del sentimiento
trägico de la vida‘. [...] Es ist eine Arbeit, die mir viel Freude
macht.“ Zeit bleibt ihr nur nachts und an Sonntagen, denn die
Tätigkeit als Lehrerin beginnt morgens um sieben und endet am
Abend um halb zehn Uhr. Anfang 1948 kehrt sie enttäuscht nach
Buenos Aires zurück. Im Verlauf des Jahres besucht sie mit Oskar
in Mendoza ihren Ehemann, wenige Monate vor dessen Tod.
Emma findet sich endgültig damit ab, daß der Sohn nicht bereit
ist, sie nach Europa zu begleiten und tritt die Reise alleine an.

In Deutschland angekommen, arbeitet sie längere Zeit bei ei¬
ner amerikanischen Hilfsorganisation am Rande des nördlichen
Schwarzwaldes, wie aus dem Briefkopf einer Nachricht an Paul
Zechs Sohn Rudolf hervorgeht. Unter ihrem Namen steht die
Adresse „U.S. Displ[aced] Pers[ons] Commission (17 b) Rastatt/
Baden“. Ihr Wunsch, Kurt Erich Meurer in Westberlin zu be¬
suchen, dem sie über hundert Briefe und zahlreiche Päckchen
mit Lebensmitteln geschickt hat, geht nicht in Erfüllung. Da¬
rüber schreibt sie: „Ich verbrachte die Jahre 1949 und 1950 in

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