über den PE.N.-Kongress im Mai 1933 schrieb, gingen nicht
nur an Goebbels, sondern auch an den deutschen BE.N.-Vor¬
sitzenden Johst.'°" Johst hatte also 1933 die Vorgänge auf dem
PE.N.-Kongress in Dubrovnik genau beobachtet — und er hatte
sicherlich auch den anschließenden Protest im österreichischen
PE.N. mitverfolgt. Kreutz war für ihn seit der Resolution vom
Juni 1933 ein Feind, den er nun - sieben Jahre später — bestrafen
konnte. In diesem Sinne sagt auch Renner: „Den Zwischenfall am
Beginn des Aufstiegs zur Macht hatte man also nicht vergessen.
Der nüchterne Text der Resolution wärmte noch 1940 national¬
sozialistischen Kampfgeist.“'>! In einem Gespräch mit Konstantin
Kaiser bemerkte der Stiefsohn von Kreutz, Erich Bielka, zu diesem
Berufsverbot: „Nach ‚38, obwohl er sich bemüht hat (...), dass
er irgendwo doch in die Reichsschrifttumskammer aufgenom¬
men werden kann, hat er keine Möglichkeit gehabt und durfte
überhaupt nichts, nicht einmal über Maikäfer schreiben. Er hat
generelles Schreibverbot gehabt.“'? Kreutz habe aber dann „ganz
geheim und immer alles versteckt, in dem Haus in Grundlsee, (...)
einen Roman geschrieben“, und zwar „Ich war ein Österreicher“.
Dieses Buch meint Fontana, als er davon sprach, dass Kreutz „unter
Lebensgefahr“ einen „Anti-Nazi-Roman“ geschrieben habe, den
er „durch alle Hausdurchsuchungen hindurchgebracht“ habe.'”
Das Schreiben war auch deshalb so gefährlich, weil es im Hause
einen Gestapo-Spitzel gab: Bielka berichtet, dass seine Schwester
bei einer Bridgepartie ein Spottgedicht auf Hitler vorgetragen
habe; eine Dame der „sogenannten guten Gesellschaft“, die als
Gast dabei war, habe seine Schwester dann angezeigt.'‘* Die Folge
für seine Schwester, Meta Wayda: Eineinhalb Jahre Gefängnis.
7) Der Brief von Kreutz an Nadler 1943: Ein
„unerwünschter“ Autor will im Dritten Reich nicht
länger „totgeschwiegen“ werden — und verteidigt
die PE.N.-Resolution vom 27. Juni 1933.
Hatte Kreutz die Resolution in dem Brief an das Ministerium
bedauert, so bekannte er sich — noch während der Nazizeit — zu
ihr in einem Brief an Professor Josef Nadler, der ihn in seiner
Literaturgeschichte nicht genannt hatte'°. Auch wenn er, Kreutz,
als Schriftsteller „heute unerwünscht“ sei, könne er doch erwar¬
ten, „literaturgeschichtlich wenigstens erwähnt zu werden“. Die
„Ablehnung der Aufnahme in die Reichsschrifttumskammer“
und das „Schreibeverbot“ seien ja aufgrund der PE.N.-Resolution
erfolgt. Kreutz weiter: „Ich trat in ihr für geistige Freiheit und
Menschlichkeit ohne Unterschied der Partei und Rasse ein, weil
ich der Meinung bin, dass ein Schriftsteller, der für diese Begriffe
in seinen Büchern und Schriften kämpft, auch die Pflicht hat,
für sie persönlich einzustehen, wenn er mehr sein will als ein
bloßer Literat.“
Kreutz war also auch noch 1943 der Meinung, dass „geistige
Freiheit und Menschlichkeit ohne Unterschied der Partei und
Rasse“ unabdingbar sind — und er wagte es auch noch, diese
Meinung schriftlich einem im Dritten Reich amtierenden Lite¬
raturprofessor, der ihn nicht erwähnt hatte, mitzuteilen. Auch
das konnte Kreutz. Diese Verteidigung der PE.N-Resolution
lässt die Beteuerung, dass er, Kreutz, die Resolution bedaure, als
bloßes „Lippenbekenntnis“ erscheinen. Kreutz bat Nadler sogar
darum, ihm „mitteilen zu wollen, aus welchen Gründen mein
völliges Totschweigen erfolgt ist“. Eine Antwort von Nadler ist
nicht überliefert.
Ein Jahr später, nach dem 20. Juli 1944, kam Kreutz, wie
von Fontana erwähnt, in Gestapo-Haft. Kreutz schilderte die
Verhaftung so: „Ich lebte seit Kriegsbeginn in fast völliger Zu¬
rückgezogenheit auf unserem Besitz im Salzkammergut. Am 21.
August 1944 wurde ich von Gestapoagenten in unserem Hause
festgenommen und nach Linz in das Polizeigefängnis gebracht.
Zur Begründung erfuhr ich lediglich, ich müsse einige ‚Aufklä¬
rungen‘ geben.“'’° Als Kreutz am 31. Dezember 1944 freigelassen
wurde, sagte ihm der Gestapomann, er möge seine Entlassung „als
besondere Vergünstigung ansehen“.'7 Über die gesundheitlichen
Folgen der Verhaftung berichtete Kreutz: „Ich erlitt im Gestapo¬
Gefängnis infolge besonders widerlicher lokaler Umstände eine
arge Verschlechterung meines Zustandes.“ °® Am 1. september
1947 erhielt Kreutz die Amtsbescheinigung Nr. 608 nach $ 4 des
Opferfürsorgegesetzes in Verbindung mit $ 1d dieses Gesetzes.!”
Kreutz war damit als „Opfer des Kampfes um ein freies, demo¬
kratisches Österreich“ anerkannt.
8) Die Zeit nach dem April 1945
1947 berichtete Fontana davon, dass er und Kreutz „oft in der
Nazizeit über die Wiederaufrichtung des Penclubs nach Hitlers
Sturz gesprochen“ hätten.'“ Diese „Wiederaufrichtung“ ließ aber
auch nach dem April 1945 auf sich warten: Erst im Mai 1946
konnte Fontana Kreutz mitteilen: „Der Pen-Club regt sich nun.“'®!
Walter Hollitscher sei im Auftrag von Robert Neumann, „der
der Vorsitzende des österreichischen Emigranten Pen-Clubs in
London ist“, von London nach Wien gereist, um „in Wien die
Gründung des Pen-Clubs vorzubereiten“. Der Vorsitzende des
neuen Clubs solle Csokor werden, da Neumann in England bleibe.
Und Hollitscher habe ihm auch gesagt, dass „natürlich“ Kreutz
in den Vorstand des neuen österreichischen PE.N. komme.'*?
Ein Jahr später, im April 1947 — der österreichische PE.N. war
noch immer nicht gegründet — wurde Fontana als „gewöhnliches
Mitglied“ (so lässt sich der von Fontana benutzte Begriff „ordinary
member“ übersetzen) zum Internationalen PE.N.-Kongress in
Zürich eingeladen.'® Kreutz dagegen war überhaupt nicht einge¬
laden, weder als Delegierter noch als „gewöhnliches Mitglied“ .'*
In seinem Brief an Neumann vom 8. April 1947 nannte Fontana
das eine „schreiende Ungerechtigkeit“ und sagte, er könne „der
Einladung nach Zürich erst Folge leisten, bis ich von Ihnen erfah¬
ren habe, was geschieht, um Kreutz wieder in den Kreis des neuen
öst. Pen-Club einzubeziehen.“ Kreutz, dem Fontana eine Kopie
geschickt hatte, reagierte am 16. April 1947 gegenüber Fontana
so: „Das ist allerdings ein starkes Stück, das stärkste seiner Art,
das ich bisher erlebt habe.“!® Am gleichen Tag schrieb Kreutz an
Neumann und bezog sich dabei auf Fontanas Brief: „Ich ersche
aus diesem Schreiben, dass man mich verleumdet. (...) Ich muss
(...) Sie bitten, mir das Substrat des böswilligen Tratsches (...) zu
nennen.“! Kreutz erinnerte Neumann daran, dass er, Kreutz,
„jene Resolution gegen die Unmenschlichkeiten des Nazismus“
eingebracht habe; für seine Haltung habe er „nie einen Dank
erwartet“. Kreutz weiter: „Dass man mir aber jetzt von London
aus die Einladung zum Penclub-Kongress in Zürich vorenthält,
ich also gewissermaßen ‚ausgeladen‘ werde, obwohl ich doch seit
1926 — darunter sechs Jahre im Vorstand — dem österreichischen