der freimaurerischen Arbeit oft eine Kapuze über das Gesicht,
um nicht so leicht von potentiellen Spitzeln erkannt zu werden.
Von vielen Anarchisten und Anarchistinnen, welche die zahlen¬
mäßig wichtigsten Gruppen organisierter ArbeiterInnen bilde¬
ten, wurde die Freimaurerei eigentlich als bürgerliche Institution
abgelehnt. Trotzdem fanden sich namhafte VertreterInnen der
Arbeiterbewegung, vor allem gegen Ende des 19. Jahrhunderts, in
den Logen. So lebte der weltbekannte libertäre Pädagoge Francesc
Ferrer i Guärdia, Erfinder und Gründer der Freien Schulen, offen
sein Freimaurertum. 1883 wurde er in die Loge „La Verdad“
(Wahrheit) in Barcelona aufgenommen und war in den 1890er
Jahren im Exil in Paris Mitglied der Loge „Les Vrais Experts“ (Die
wahren Experten). 1909 rebellierten die Arbeiter von Barcelona
wieder einmal gegen die unmenschlichen Lebensbedingungen. Ihr
Aufstand wurde seitens der Staatsgewalt mit brutaler Repression
beantwortet. Francesc Ferrer wurde verhaftet, für den Aufstand
verantwortlich gemacht und ohne Beweise und trotz internati¬
onaler Proteste hingerichtet. Einer seiner engsten Mitarbeiter
war Anselmo Lorenzo, einer der Mitbegründer des spanischen
Anarcho-Syndikalismus, weswegen er auch „Großvater des spa¬
nischen Anarchismus“ genannt wird. Er war ebenfalls 1883 in
Barcelona Freimaurer geworden, und zwar in der Loge „Hijos
del Trabajo“ (Söhne der Arbeit). Auf die Kritik seiner Genossen
und Genossinnen bezüglich seiner Mitgliedschaft in einer Loge
und seiner aktiven Rolle bei der Gründung und Konstituierung
des Großorients von Spanien in den 1890er Jahren antwortete
er, für ihn habe die Freimaurerei den großen Vorzug, sie sei eine
Bewegung, die klassenübergreifend für eine gerechte, solidarische
Gesellschaft eintrete.
Weitere prominente Führer der Arbeiterbewegung waren die
Schriftsteller Antoni Pellicer und der Abgeordnete Fernando Garri¬
do Tortosa. Auch der Herausgeber und Anarchist Emilio G. Linera
war Freimaurer. Seine Zeitschrift „Los Quijotes“ wurde nach dem
Ende des Ersten Weltkriegs zum Sprachrohr des Ultraismus, einer
in Spanien und vor allem in Lateinamerika verbreiteten literari¬
schen Bewegung, welche, ähnlich wie die Avantgarden Dada oder
der Surrealismus, einen Bruch mit der Vergangenheit provozieren
wollte. Anders als die Avantgarde sollten jedoch nicht alle Bereiche
des Lebens umgewälzt werden, sondern nur die Literatur. Der
bekannteste Vertreter des Ultraismus ist Jorge Luis Borges.
Unter den modernen spanischen Künstlern, die Freimaurer
waren, ist Juan Gris sicher der bekannteste. Er war seit 1922
Mitglied der Pariser Loge „Voltaire“, der auch der Bildhauer Jac¬
ques Lipchitz und der französische Staatspräsident Paul Doumer
angehörten, welcher 1937 von einem rechtsextremen Russen
ermordet wurde.
Der Bestsellerautor Vicente Blasco Ibänez, Zeitungsherausgeber
und Verfasser gesellschaftspolitischer Romane und Drehbücher für
Hollywood („Ihe Temptress“ mit Greta Garbo, 1926) wurde 1887
im Alter von 20 Jahren Mitglied der Loge „Union“ im Orient von
Valencia. Auch der dem Surrealismus nahestehende Dandy Ramön
Gömez de la Serna gehörte dem Freimaurerbund an. Er lebte bis
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Antonio Machado. Rotelzeichnung von Leandro Oroz, 1925. Bild: Wikipedia
zu seinem Tod 1963 im Exil in Buenos Aires. Etwas umstritten
ist die Mitgliedschaft einer der bedeutendsten spanischen Lyriker
des 20. Jahrhunderts, Antonio Machado, der am 22. September
1939 im französischen Internierungslager von Collioure starb.
Aussagen einiger Freimaurer zufolge soll er 1930, im Alter von
55 Jahren, in Madrid der Loge „Mantua“ beigetreten sein. Doch
gibt es dafür keine Belege und andere Freimaurer behaupten,
seine Mitgliedschaft sei reines Wunschdenken. Machado war,
wie viele namhafte Intellektuelle Spaniens, so José Castillejo, Juan
Ramon Jiménez, José Ortega y Gasset, Miguel de Unamuno,
Alberto Jiménez Fraud, Schüler der „Freien Lehranstalt“. Und
er widmete seinem Lehrer Francisco Giner de los Rios ein mit
freimaurerischer Symbolik durchwobenes Gedicht A/ Maestro
que se va (Der Lehrer), wo es heißt: „... der Bruder des Lichts
der Frühe,/ der Sonne in den Werkstätten ...“
Übrigens war Machados Vater ein enger Freund des „Maestros“.
Und Antonio Machado Nünez, der Großvater des Dichters, war
1872 Meister vom Stuhl der Loge „Fraternidad Iberica“ im Ori¬
ent von Sevilla. Der ehemalige Schüler der Freien Lehranstalt
und Pädagoge Alberto Jim&nez Fraud leitete die „Residencia
de Estudiantes“ in Madrid, in der sich, ganz nach Wunsch der
Leitung, die Studierenden austoben und selbst finden sollten.
Zu den Bewohnern des Studentenheimes zählten u.a. Federico
Garcia Lorca, Salvador Dali, Luis Bunuel, Manuel de Falla, Jose
Ortega y Gasset, Rafael Alberti, Juan Ramén Jiménez. Als 1956
der im Exil lebende spanische Dichter Juan Ramén Jiménez den
Literaturnobelpreis erhielt, betonte das Komitee, dass gleichzeitig
mit ihm seine beiden toten Freunde Federico Garcia Lorca und
Antonio Machado ausgezeichnet werden sollten.