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„Geschlossene Gesellschaft. Das Kriegsgefangenenlager Knittelfeld,
1914-1918“ (Knittelfeld, Pumpenhaus, 2009), „Mela Hartwig-Spira:
The Memory Garden“ (London, Austrian Cultural Forum, 2011),
ca. 150 Publikationen zur Stadt-, Sozial- und Wirtschafisgeschichte,
zur Industrie- und Verkehrsgeschichte, zum Thema Vorstädte und
Vororte, zur Kultur- und Mentalitätsgeschichte sowie zur Geschichte
des Alpen-Adria-Raumes.

Anmerkungen

1 Peter Rosegger: Wie heute Berggemeinden untergehen, in: Heimgarten,

Jg. 8, 1883, 53f.

Oliver Marshall, Karin Hanta

2 Giorgio Voghera: Anonimo Triestino :, Das Geheimnis. Roman. Aus dem
Italienischen von Christina Pock und Peter Rosei. Mit einem Nachwort von
Peter Rosei. Frankfurt/M.: Suhrkamp 1991, 62. — Vgl. auch: Ilse Pollack:
Giorgio Voghera und sein Geheimnis. In: Zwischenwelt. Jahrbuch der Theo¬
dor Kramer Gesellschaft 3: Literatur in der Peripherie. Wien 1992, 194-204.
3 George Eric Rowe Gedye: „Rette sich, wer kann!“ In: Europa erlesen. Wien
Südbahnhof. Hg. Von Thomas Kohlwein. Klagenfurt 2010, 63.

4 Ludwig Birö: Die erste Hälfte meines Lebens. Erinnerungen eines Grazer
jüdischen Rechtsanwalts von 1906-1940. Hg. Von Christian Fleck. Graz,
Wien 1998, 276.

5 Vgl. Manuela Swoboda: Der Löwe wird uns fehlen. Der legendäre „Jeru¬
salem Post“-Chefredakteur Ari Rath starb mit 92 Jahren in Wien. In: Kleine
Zeitung, 14. Jänner 2017, 68.

6 Milan Turkovic: „Ich höre noch heute die Stiefel“. In: Die Presse, Spectrum,
5. Februar 2000, S. III.

Die Schriftstellerin Liselotte Marshall ist am 24. Mai im Alter
von 93 Jahren verstorben. Im Laufe ihres langen Lebens hatte sie
die deutsche, US-amerikanische und britische Staatsbürgerschaft
inne, fühlte sich jedoch auch stark mit der Schweiz verbunden.
Sie bezeichnete sie sich selbst am liebsten als „staatenlos“, da
man ihr diesen Status während des Zweiten Weltkriegs und kurz
danach zuschrieb. In dieser (Eigen)definition kommt auch ihre
lebenslange Abneigung gegen jegliches nationalistische Gedan¬
kengut zum Ausdruck.

Liselotte Rosenberg wurde am 15. September 1923 in Deutsch¬
land geboren, verbrachte jedoch ab dem Alter von drei Jahren ihre
Kindheit und Jugend aufgrund ihrer Knochentuberkulose in einer
Klinik in Leysin in den Schweizer Alpen. In den Ferien besuchte
sie ihre Eltern in Usingen, wo ihre Familie über Generationen
gelebt hatte und ihr Vater und Onkel ein Apfelweinunternehmen
betrieben. Mit der Zeit gestalteten sich diese Besuche immer
schwieriger. Liselottes Leben glich immer weniger dem ihrer EI¬
tern, da ihre Identität in vielfacher Weise von der Schweiz geprägt
wurde. Sie sprach mit den Therapeuten, Krankenschwestern,
Ärzten und Kindern französisch, mit ihrer Familie jedoch deutsch.
Obwohl ihre Familie jüdisch war, trat sie als Jugendliche dem
Schweizer kalvinistischen Glauben bei, da dieser an der Klinik

a rien 1s = Ben

Liselotte Rosenberg (stehend) als Krankenpflegerin
1940 in Leysin. Foto: Archiv Oliver Marshall

praktiziert wurde. Trotz der Abgeschiedenheit des Ortes war die
Gemeinschaft in Leysin erstaunlich international, die Patienten
stammten aus aller Welt.

Liselotte Marshall beschrieb in ihrem späteren Werk, wie die
kranken Kinder zu jeder Jahreszeit in ihrer Unterwäsche auf der
nach Süden ausgerichteten Terrasse der Klinik lagen, um die
Sonnenstrahlen auf sich einwirken zu lassen. Die formale Schul¬
bildung der Schriftstellerin war schr beschränkt. Sie ging niemals
zur Schule, sondern wurde ständig zum Lesen und zur Handarbeit
angehalten. Da sie jahrelang an ihr Bett gefesselt war, lernte sie,
sich selbst zu beschäftigen und in Rückenlage zu essen und zu
winken, was dem ärztlichen Personal, das ihr gegen Ende ihres
Lebens Visiten abstattete, Sorgen machte.

Im Jahr 1937 besuchte Liselotte ihre Eltern in Deutschland zum
letzten Mal. Diesen Besuch beschreibt sie in einer unveröffent¬
lichten Familienchronik folgendermaßen:

Es kam zu einem antisemitischen Ausbruch, als einige Kinder von
Usingen mich, das verkrüppelte jüdische Kind, mit Steinen bewarfen.
Schnell wurde ich in die Schweiz zurückgeschickt, in ein Exil, das
viel leichter auszuhalten war als das Leben mit meiner Mutter. Nach

jenem Sommer war ich froh, in der Klinik verbleiben zu dürfen: Sie
war jetzt mein einziges richtiges Zuhause. Ich war dort zwar einsam,
konnte aber ich selbst sein.

Nach Enteignung des Hauses und Geschäfts zogen ihre Eltern
nach Frankfurt am Main, wo sie in großer Zurückgezogenheit
lebten und sich auf ein mögliches Exil vorbereiteten. Während
ihnen im Jahr 1941 die Flucht nach New York gelang, war vielen
Familienmitglieder dieses Glück nicht beschieden. Sie wurden in
Osteuropa von den Nationalsozialisten ermordet.

Obwohl Liselottes Eltern nicht weiter für die medizinische
Behandlung ihrer Tochter aufkommen konnten, erlaubte ihr
der Direktor, in der Klinik zu bleiben, wo sie sich nach ihrer
Genesung ihren Unterhalt als Krankenpflegerin verdiente. Sie
übersiedelte danach nach Zürich und begann eine Ausbildung
zur Sozialarbeiterin.

1946 zog Liselotte zu ihren Eltern nach New York, beabsich¬
tigte jedoch, in die Schweiz zurückzukehren, da sie dort eine
ständige Aufenthaltsgenehmigung erlangt hatte. In der Familie
kam es zu Spannungen, da ihr Vater und Mutter fast wie Fremde

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