75 Jahre Massenmord am jüdischen Friedhof von
Stanislau — das Massaker vom 12.10.1941 gilt heute
als Beginn der „Endlösung“ im ,,Generalgouvernement”
—, 50 Jahre nach dem Stanislau-Prozess, 30 Jahre nach
dem ersten und einzigen Erscheinen von Elisabeth
Freundlichs „Die Ermordung der Stadt Stanislau” und
15 Jahre nach dem Tod der Autorin, erscheint im Verlag
der Theodor Kramer Gesellschaft, mit Paul Rosdy als
Herausgeber, eine erweiterte Neuausgabe.
Uberlebende litauische Juden haben Feldwebel Schmid
als Heiligen bezeichnet. Grund genug vielleicht, sich
zu fragen, wer dieser Anton Schmid eigentlich war.
Am Ende seines kurzen Lebens jedenfalls für die einen
so etwas wie ein Held, für die anderen nichts als ein
Verräter. „Was die Reaktion unserer Familie und des
Umfeldes in dieser Zeit anlangt, kann ich Ihnen sagen,
dass die Familie natürlich mit gemischten Gefühlen
reagiert hat. Sicher war sie einerseits stolz, anderer¬
seits wäre es ihr natürlich lieber gewesen, er wäre ein
ganz normaler Soldat gewesen und wieder nach Hause
gekommen. Aus dem Umfeld gab es einige positive,
aber auch genug negative Reaktionen“, erinnert sich
Schmids Tochter Gertrude, die zum Zeitpunkt seiner
Hinrichtung 21 Jahre alt ist, Jahrzehnte später.
Was war vor dem NS-Militärjustizmord an Anton
Schmid, vor seinem gewaltsamen, schandhaften
Ende im Hof des Wilnaer Wehrmachtsgefängnisses
Stefanska? Dieses Buch versucht sich jedenfalls daran,
die Geschichte des Feldwebels zu erzählen, so genau,
so wahrhaft es die Quellen, die Akten und Berichte nur
zulassen.
Bruno Schernhammers Roman beruht auf dem Studium
der Fakten und eigener Erfahrung. Die Fakten entfalten
hier all ihre Energie, die Legenden um den Bau der
Reichsautobahnen in der NS-Zeit und um deren Weiter¬
führung in der Zeit danach ins richtige Licht zu rücken.
Geschildert wird die Begeisterung einer im österrei¬
chischen Ständestaat orientierungslosen Jugend für
das kühne Aufbauwerk, das schwere, elende Leben
und Sterben der polnischen und russischen Zwangsar¬
beiter, die archaisierende Ästhetik der Bauwerke und
schließlich, im Brennspiegel eines Dorfes, die Nach¬
kriegssituation, in der die nun heranwachsenden jungen
Menschen auf eine Insel der Ahnungslosigkeit versetzt
scheinen und sich erst mühsam aus der Verstrickung in
eine Normalität, die keine ist, herausarbeiten müssen.
Elisabeth Freundlich: Die
Ermordung einer Stadt namens
Stanislau NS-Vernichtungspolitik
in Polen 1939-1945
Herausgegeben von Paul Rosdy.
Nachworte von Susanne Alge und
Yaroslav Hrytsak. Wien: Verlag
der Theodor Kramer Gesellschaft
2016. 314 Seiten. ISBN 978-3¬
901602-66-5. Euro 24,¬
Manfred Wieninger: Die Banali¬
tät des Guten. Feldwebel Anton
Schmid. Wien: Verlag der Theodor
Kramer Gesellschaft 2014. 192
Seiten. ISBN 978-3-901602-56-6.
Euro 21,¬
Bruno Schernhammer: Und
alle winkten. Im Schatten der
Autobahn. Wien: Verlag der
Theodor Kramer Gesellschaft
2018. 216 Seiten. ISBN 978-3¬
901602-74-0 Euro 21,¬
Stadt namens Stanislau
NS-Vernichtungspolitik in Polen 1939-1945
Manfred Wieninger
Die Banalität des Guten
Verlag der Theodor Kramer Gesellschaft
eodor Kramer Gesellschaft
7 et