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Mitte 1984 verzeichnet 7he London Gazette Rosas Tod. Sie starb,
82jährig, am 26. Dezember 1983. Es ist der gleiche Tag, an dem
ihr Sohn Wolfgang 35 Jahre zuvor in Israel gestorben war.

Für die, die sie kannten, mag Rosa in die Ewigkeit eingetreten
sein.

Ist es die Ewigkeit, die sie in einem früheren Gedicht erwartete?

Uralt bin ich wie Felsgestein ...

[...]

Nichts war vor mir und nichts kann mich enden,
Sterbend ersteh ich in neuer Gestalt,

Stets war ich jung und stets bin ich alt.

[...]

Und mich bekennend zu jeder Entfaltung

Bin ich in Gott und Gott ist in mir}

Anna Schafer ist die Tochter von Ernst und Susanne Schafer. Sie
wurde 1939 in Wien geboren. Nach der Ermordung ihres Vaters in
Mauthausen 1942 wuchsen sie und ihre Schwester Regine bei nicht¬
jüdischen Verwandten in Deutschland auf. Anna wanderte 1964
nach Kanada aus. Bei der Erforschung des Lebens ihres Vaters und
seiner Familie traf Anna auf Rosa und Wolfgang Schafer.

Anmerkungen

Für Informationen über Lebensdaten Rosa Schafers ist zu danken der Magist¬
ratsabteilung 8, Rathaus Wien, und dem Public Record Office, Kew, England.
Der besondere Dank der Verfasserin gilt ihrer Schwester Regine (Malka) Meh¬
mann-Schafer, Jerusalem, und Rosas Verwandten Tatjana Popovic, Berlin, und
Peter Krombert, Wien, für ihre Hilfe.

Karoline Eberhardt

1 Ernst Schafer: Maria am Gestade. In: Dur und Moll (München), Nr.
12/1925, S. 17.

2 Vgl. Katalog der Kunstgewerbeschule für das Schuljahr 1919/20.

3 Hier erschien am 7.2.1919 die Parabel „Die Legende“.

4 Im Nachlass von Käthe Braun-Prager, dankenswerter Weise zur Verfügung
gestellt von Tatjana Popovic.

5 Vgl. den Prospekt der Ausstellung, Wien 1956 in der Neuen Galerie, Wien.
6 Vgl. dazu und zur Biographie Ernst Schafers den Aufsatz der Verfasserin:
Kadisch für Ernst Schafer. In: ZW Nr. 2/2004, S. 22-28.

7 E. Schafer, wie Anm. 1, Nr. 11, S. 14.

8 Ebenda. Nr. 12, S. 16.

9 Ebenda, Nr. 12, S. 19.

10 So erschienen am 21. Juli ,,Resignation“ (S. 9), am 25. August ,,Die
Magd* (S. 8), 15. Dezember ,,Die Alternde“ (S. 13). Wiederholt beteiligte
sich Rosa Schafer auch an dem standigen Preisausschreiben der ,,Neuen
Freien Presse“, bei dem kleine Geldbeträge für die eingereichten literarischen
Arbeiten zu gewinnen waren (10 oder 20 Schilling).

11 Vgl. Österreichische Lyrik der Gegenwart, S. 86 bzw. 85.

12 Alma Johanna Koenig: Vergeltung, ebenda S. 47.

13 Stefan Zweig: Die Schönheit spricht (nach Arthur Symons), ebenda $.
119. — Der Höhepunkt der literarischen Wirksamkeit des englischen Es¬
sayisten und symbolistischen Lyrikers A. Symons (1865 — 1945) ressortiert
im Fin de siecle.

14 Heinrich Suso-Waldeck: Männliches Weinlied, ebenda S. 105f.

15 Friedrich Schreyvogl: Quasi Prologus, ebenda S. 96.

16 Vgl. Murray G. Hall: Österreichische Verlagsgeschichte 1918-1938. Bd.
2: Belletristische Verlage der Ersten Republik. Wien u.a. 1985.

17 Ingeborg Reisner: Kabarett als Werkstatt des Theaters. Literarische Klein¬
kunst in Wien vor dem Zweiten Weltkrieg. Wien 2004, S. 79. — Interessant
ist auch, wie ebenda $. 395 angemerkt ist, dass Rosa Schafer bei Kabarett¬
vorstellungen Keramiken ausstellte.

18 Joseph Woolf: Machal. Overseas Volunteers in Israel’s War of Indepen¬
dence. Jerusalem 2003.

19 Teilnachlass Rudolf Felmayer, Handschriftensammlung der Osterreichi¬
schen Nationalbibliothek, Wien. — Felmayer hatte 1935 die von Rosa Schafer
mitherausgegebene Anthologie in der Zeitung „Der Wiener Tag“ besprochen.
20 Ausstellungsprospekt der Neuen Galerie, Wien I, Grünangergasse 1.
21 Rosa Schafer: Ewigkeit. In: Österreichische Lyrik der Gegenwart, S. 85.

In diesem Hause wohnte seit seiner Rückkehr aus der Emigration 1947
der große Maler, Dichter und Anti-Faschist Carry Hauser 1895-1985.

Die Gedenktafel am chemaligen Wohnhaus von Carry Hauser
in der Tirolergasse 1 in Wien-Hietzing erinnert nicht nur an den
bildenden Künstler und Schriftsteller, sondern auch an den Anti¬
faschisten und Humanisten Carry Hauser. Seine Überzeugung ist:

Ich vertrage Nationalismus und Chauvinismus bei keinem Volk.
Entweder man ist Pazifist und Nazi-Gegner. Oder man ist ein Nichts.

Carry Hauser wird als Karl Maria Hauser am 16. Februar 1895 in
Wien geboren. Sein Vater ist Beamter im Ministerium des kaiser¬
lichen Hauses und des Äußeren, seine Mutter Maria Hauser, geb.
Linke, die Tochter eines mährischen Gutsbesitzers. Carry und sein
um drei Jahre älterer Bruder Heinz werden von der Mutter, einer
Lehrerin, zunächst zu Hause unterrichtet. Hauser wächst in einem
kunstinteressierten Umfeld des Wiener Bildungsbürgertums, mit
häufigen Theater- und Ausstellungsbesuchen, auf. Als prägende
Erinnerung seiner Kindheit beschreibt er die Studentenunruhen
nach 1900, die er als junger Bub vor der Universität beobachtet:

Wir wohnten gegenüber der Universität am Franzensring, heute
Dr. Karl Lueger Ring ... die deutsch-nationalen Studenten (schlagen¬
de Verbindungen, Radaubrüder, Art-Killer) begannen am Samstag

vormittag, als der Bummel war, meist eine Stänkerei. Es begann bei
der Rampe, auf der Stiege. Dann hörte man das Knattern der Stöcke
— Geschrei — Auseinanderlaufen! Einer lag auf der Strafe, meist ein
Jude oder Katholik. Die Rettungsgesellschaft kam, er wurde wegge¬
führt, und damit war der Bummel zu Ende ... Später empfand ich
das Gefühl des Antinationalen ...

Diese frühen Erlebnisse bewirken bei Hauser eine lebenslange
Ablehnung von Rassismus und Antisemitismus.

In den Jahren 1905 bis 1910 besucht er mit mäßigem Erfolg
das Schottengymnasium. Seine Eltern erkennen, welche Freude
er beim Malen und Zeichnen zeigt und lassen ihn danach für
zwei Jahre die Graphische Lehr- und Versuchsanstalt besuchen.
Dort absolviert er einen Kurs für Flachornamentik und erwirbt
umfassende Kenntnisse in den grafischen Techniken. Parallel dazu
besucht er an der Kunstgewerbeschule den Abendkurs für Orna¬
mentale Formenlehre bei Franz Cizek. Cizek ist bekannt für seine
freie Methode des Unterrichts, die den schöpferisch-kreativen
Prozess der Schüler ohne Einschränkung auf bestimmte Mate¬
rialien oder Themen fördert. Ab 1912 besucht Hauser für zwei
Jahre die Kunstgewerbeschule, zuerst die Klasse für Allgemeine
Formenlehre bei Oskar Strnad und im zweiten Jahr die Klasse für
Naturstudium bei Adolf Böhm. Während dieser Zeit erhält er in

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