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macht es, glaubens mir das, Frey, — er macht es. Und Sie werden’s
noch bereuen, indem dass Sie nicht auf mich hören wollen“, sagte er
mit seiner flinken, zischelnden Intrigantenstimme*

Doch Frey lehnte ab, was ihm von Hitler nie mehr verziehen
werden sollte. Als Freys Antikriegsroman „Die Pflasterkästen“
im Jahr 1929 erschien, war dies der Paukenschlag für die spätere
Verfolgung Freys durch die Nazis. Im Roman wird der Alltag an
der Front schonungslos geschildert, aber auch die Allgegenwart des
namenlosen Sterbens und der grausamen Verstümmelungen. Der
Protagonist des Romans, der an die Westfront abkommandierte
Christian Friedrich Funk, schildert nüchtern die Schikanen und
Bosheiten, denen die einfachen Soldaten ausgesetzt sind, während
der pfauenhaft auftretende Stabsarzt Dr. Lipp in den Kellern der
eroberten Gebäude Champignons züchtet. Funk ist ein überzeugter
Anti-Militarist, der auch gegenüber seinen Vorgesetzten nicht mit
seiner Meinung zurückhält, von diesen aber als „Schriftsteller“
nicht für voll genommen wird:

Wenn man, um der Wahrheit zu helfen, übereinkäme, nie mehr von
Gefallenen, immer von Ermordeten zu reden — das könnte vielleicht
die Neigung zum Kriegführen ausrotten.

Zu seinem Oberarzt sagt Funk ganz offenherzig: „Herr Oberarzt
haben ganz Recht: was tue ich denn hier? Ich war nicht mutig
genug, ich hätte mich zu Haus konsequenterweise an die Wand
stellen lassen müssen. “°

Thomas Mann hat in einem Briefan Frey den Roman als „lie¬
benswert“ (was immer er damit gemeint hat) eingestuft:

Immer habe ich mich in diesen Tagen auf die Abendstunde gefreut,
die Ihrem Roman gehörte ... Es ist ein liebenswertes Buch, durch
und durch, bis in die letzte seiner Qualen und ekelerregenden Gräss¬
lichkeiten hinein. Ja, Sie waren eben auch ein „Zivilist in Uniform‘,
ohne Sinn für die Herrlichkeit des Krieges und äußerst tendenziös
bei der Wiedergabe Ihrer Erlebnisse.

Die Nationalsozialisten ertrugen den damals viel beachteten
Anti-Kriegsroman natürlich nicht, denn er stand in heftigem
Widerspruch zu der Hitlerschen Selbststilisierung in seinem Buch
„Mein Kampf“. Denn dort hatte er seine vier Jahre im Ersten
Weltkrieg als „... die unvergesslichste und größte Zeit meines
irdischen Lebens“? beschrieben. Daher landeten Freys Werke
bei den Bücherverbrennungen auch im Feuer. Für Hitler war
Frey nun ein gegnerischer Mitwisser, der seine bisher aufpolierte
Heldenbiographie zerstören könnte.

Viele Literaturkritiker bewerteten dieses Buch höher als Erich
Maria Remarques Bestseller „Im Westen nichts Neues“. Der Ro¬
manheld Funk — das Alter Ego Freys — sagt am Ende des Buches:
„Militär und Krieg sind die albernste, schamloseste, dümmste
Gemeinheit von der Welt.“

Pazifistische Aussagen wie diese waren für Hitler Tendenz¬
literatur und für seine kriegstreiberische Politik inakzeptabel,
daher wurde Frey nach der Machtübernahme Hitlers im März
1933 zum Staatsfeind. Der viel beachtete Frey hatte kurz zu¬
vor den Novellenpreis der Amsterdamer Emigrantenzeitschrift
„Die Sammlung“ erhalten. Als Frey am 15. März 1933 seinen
Schriftstellerkollegen Alfred Neumann in dessen Haus in Bran¬
nenburg bei Rosenheim besuchte, bekam er einen Anruf von
seiner Haushälterin, dass die SA gewaltsam in seine Wohnung
eingedrungen und die gesamte Einrichtung zertrümmert habe.
Er sollte verhaftet werden. Daraufhin lud Neumann, bekannt für
seinen historischen Roman „Der Teufel“ (1926), den Freund in
den Kofferraum seines Autos und brachte ihn bei Nacht über die
Grenze nach Innsbruck. Dort konnte Frey mit seiner damaligen

16 _ ZWISCHENWELT

Lebensgefährtin, der Filmproduzentin Elsa Krüger, bei Freunden
von Alfred Neumann unterkommen. Doch das politische Klima
war auch hier bereits durch die Nationalsozialisten vergiftet. In
einem Brief Freys an Thomas Mann vom 5. Mai 1933 bezeichnet
er die Tiroler Landeshauptstadt als „Nazihochburg“.'” Frey sollte
Deutschland nie mehr betreten.

Von 1933 bis 1938 lebte Frey in Salzburg, zunächst in der
Stauffengasse, dann in der Auerspergstraße („eine Dutzendbude‘),
später im Haus Getreidegasse 2, 2. Stock, dann im Haus des
Kaufmannes Moser, Mönchsberg 18. Hier in der Festspielstadt
befreundete er sich mit dem Lehrer, Hotelier und Schriftsteller
Alois Grasmayı, der mit einer Tochter der Wiener Großindust¬
riellenfamilie Mautner-Markhof verheiratet war und die Hotels
„Bristol“, „Stein“, „Blaue Gans“ und das „Sternbräu“ besaß. Zu
seinem persönlichen Umgang zählten auch der Dichter Felix
Braun, die Maler Wilhelm Kaufmann und Eduard Bäumer sowie
der Kunsterzieher und Schriftsteller Ludwig Prähauser. Der Maler
Wilhelm Kaufmann hat auch ein Portrait in Öl von Frey gemalt,
das sich heute im Besitz des Salzburg-Museums befindet. Von
Kaufmann erhielt die Adolf-Haslinger-Literaturstiftung (Salzbur¬
ger Literaturarchiv) über Betreiben des Germanisten Hildemar
Holl auch eine große Anzahl der Korrespondenz Freys sowie
ein Typoskript des unveröffentlichten Romans „Der Gefallene
steht auf“.

Freys Briefe zeigen die historische Tiefendimension des öster¬
reichischen Ständestaates und das Aufkommen des Nationalso¬
zialismus in Österreich. So schrieb er an Wolfgang Sauerländer,
einen Urenkel des Schweizer Schriftstellers und Politikers Heinrich
Zschokke:

Gewiss haben Sie Recht mit ihrer Empfindung, dass Europa so etwas
wie ein untergehendes Schiff ist. Vielleicht ist nicht nur Europa im
Untergehen, sondern die ganze sogenannte europäische Zivilisation.
Nie bin ich vor ihr mehr erschrocken als gestern Abend, in einem Film,
der Grönland und Eskimos brachte, in einem ungewöhnlich guten
und dem Europäer gegenüber rücksichtslosen Film. Das abgebrauchte
Wort: Wir Wilden sind doch die besseren Menschen! - hier bekam es
einen neuen Glanz und Sinn. So etwas von üblen, verbrauchten, ver¬
wahrlosten Physiognomien, wie sie diese weißen überlegenen Männer
darboten, auch dort, gerade dort, wo sie straff und militärisch und
„diszipliniert“ waren, so etwas Erschreckendes im Gegensatz zu dem

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Meldeschein des Alexander Moritz Frey in Salzburg, Getreidegasse 2, 2. Stock