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denn der feierliche Auftritt der Schauspiel- und Gesnagsstars wurde abgelöst durch den Blick durch ein Fernrohr, durch das die Menschen „zum heimlich angebeteten Feind ihres Landes glotzten“.”' Gemeint ist die Schaulust der Salzburger hinüber zum Berghof Hitlers auf dem Obersalzberg bei Berchtesgaden. Vordergründig geht es im Roman um ein Bild, das der Kaufmann Wilhelm Walter Wegwart bei einem Trödler erwirbt. Wegwart meint, dass „Die Versuchung des Heiligen Antonius“ von dem niederländischen Maler Hieronymus Bosch stammt, und unternimmt nun alles, um seine Vermutung durch Kunstkritiker zu untermauern. Der Roman ist ein Schlüsselroman, denn die Darstellung auf dem Bild mit ihren Höllengestalten, Monstern und Gnomen ist eine deutliche Anspielung auf das Bestiarium der Führungsgestalten des Dritten Reiches. Die Faszination, die von diesem Bild ausgeht, soll die unselige Begeisterung der Deutschen und Österreicher für Hitler und seine teuflische Entourage symbolisieren. So heißt es im Roman über Goebbels: Ich meine die Figur Deutschlands, die ins Lemurenhafte entartet ist. In ein waffenklirrendes Gespenst, dessen Scharniere mit Butter geschmiert werden. Deshalb bleibt deinem Volk keine mehr zu Esszwecken.” Der Protagonist des Romans, Wegwart, ist genau jener Hauptrepräsentant der österreichischen Malaise, wie ihn Frey in seinem Brief an Thomas Mann vom 3.5.1935 skizziert hat. Er ist ein typischer Vertreter des damals herrschenden österreichischen Zeitgeistes, der dem Glauben anhängt: Zu uns wird er (Hitler) schon nicht kommen. Nach Hans-Albert Walter, dem Herausgeber der „Bibliothek Exilliteratur“, steht er für die vielen Österreicher, „die da irgendwo in Europa untätig am Wege warteten [daher der Name: Wegwart], obwohl sie sahen, was über sie verhängt war; alle, die durch Teilnahmslosigkeit und Passivität das Verhängnis mit herbeigeführt haben, unter dem sie schließlich begraben werden sollten.“ ?. Im Roman ist Frey als Alter Ego in der Person des aus Deutschland geflüchteten Funk (der aus dem Roman „Die Pflasterkästen“ wieder auftaucht) leicht zu erkennen, denn auch er war „Regimentskamerad des Führers im 16. Bayerischen Infanterieregiment“, auch ihm wurde seine Wohnung während der Abwesenheit von der SA zertrümmert.’* Im Kapitel 14 des Romans finden wir auch die Schikanen, denen Frey in Salzburg durch die Fremdenpolizei ausgesetzt ist. Grund für die Durchsuchung seiner Wohnung ist, dass er „Propagandamaterial aus Moskau“ bekommen habe. Tatsächlich handelt es sich aber um die Zusendung der Exilzeitschrift „Das Wort“, die in Moskau gedruckt und versandt wurde und in der auch Thomas Mann und Stefan Zweig publizierten. Im Roman finden sich seitenlange Zwiegespräche zwischen dem Ich-Erzahler und Hitler, der im Roman Severin genannt wird. Auch der Vorgesetzte Amann erscheint, im Buch heißt er aber Bähmann. So weist der Erzähler seinen Gegenüber Severin, der ständig Durchhalteparolen von sich gibt, darauf hin, dass sie beide als Sanitäter und Meldegänger im Krieg die bessere Stellung eingenommen hätten als die Soldaten in den Schützengräben draußen an der unmittelbaren Front: Weifst du, was die Grabenleute, wenn sie ganz ausgepumpt mal in Ruhequartiere und hinten zu uns gelangten, was die Erschöpften und Erledigten, wenn du ihnen diese aufmunternden Reden hieltest, gelegentlich sagten? „Der Severin soll sich nicht herumdrücken, er soll zu uns in die endlose Scheiße kommen.” An anderer Stelle streicht er den völligen Kontrast zwischen sich und dem gnomenhaften Severin heraus: 18 _ ZWISCHENWELT Dich, Severin, kenne ich, von außen und von innen. Wir haben drei Jahre im Felde mitsammen gelebt, wir haben solch Leben drei Jahre zusammen durchstorben. Schulter an Schulter, und nun leben wir bald zehn Jahre gegeneinander, Kopf.gegen Kopf. Von den Herzen will ich nicht sprechen.° Dennoch kann der Roman „Hölle und Himmel“ nicht nur als bloß verschlüsselte Dokumentation von Freys Autobiographie gedeutet werden. Denn der im Roman geschilderte Zeitabschnitt umfasst lediglich neun Monate, während Frey in Salzburg fünf Jahre lebte. Vielmehr ist es eine Abrechnung seiner fünf Jahre in der Kultur- und Festspielmetropole, die ihm das Leben als geistig tätiger Mensch nicht weniger schwer machte als unter der nationalsozialistischen Herrschaft in Deutschland, vor der er geflohen war, und später dann in der biedersinnigen Schweiz, die den Freiheitsbegriff zum Banner ihres Staatswesens erklärt hatte und nun einem Schriftsteller das Schreiben verbot. Überall und zunehmend erlebt der Protagonist Funk an den Salzburger Hauswänden die Hakenkreuze, die er „Krätze“ nennt, „die sich zunehmend bemerkbar machte auf der im Ausschlag juckenden Haut Österreichs“. Die Vielschichtigkeit des Romans „Hölle und Himmel“ ist beeindruckend. Er zeigt an der Begeisterung Wegwarts für das angebliche Bild von Hieronymus Bosch die Antithese von Kunst und Leben und verweist in zahllosen Bezügen auf die nationalsozialistische Unterwanderung Österreichs. Gleichzeitig entlarvt er Hitler und seine Vasallen als Ausgeburten eines ideologisch fanatisierten Mörderstaates und die Staatsmänner des übrigen Europa mit ihrer Appeasement-Politik als schwache politische Randfiguren. Am Schicksal Funks beleuchtet er das erbärmliche Leben im Exil. So wird die wiederholte Beschreibung und Deutung des dämonischen Bildes (das nicht von Bosch sein kann, weil dieser nur auf Holz gemalt hat) zum Sinnbild einer aus den Fugen geratenen Zeit. Nach dem Krieg dachte Frey nicht daran, nach Deutschland zurückzukehren, wo sich Mitläufer und Opportunisten schon wieder im literarischen Leben tummelten und von „innerer Emigration“ sprachen. Während viele Emigranten völlig in Vergessenheit gerieten, wurden die Bücher der meisten Schriftstellerkollegen, die begeistert für Hitler „Huldigungsadressen“ abgegeben hatten, wieder publiziert. Verärgert über deren Wendehalsigkeit schrieb er zornentbrannt einen Brief an Ina Seidel: Ein Zufall gab mir Ihre Adresse in die Hand, sie zu bekommen, hätte ich mich weiter nicht bemüht, ich wollte, Sie mitsamt Ihrer Adresse wären dort, wo Ihr Bruder ist, beim Teufel. Unmenschlich? Unmenschlich waren Sie und Ihresgleichen, als Ihr den Geist an den Lumpen verraten habt.” Frey hatte 1947 die Liste der 88 Schriftsteller, die im Oktober 1933 dem Führer „das Gelöbnis treuerster Gefolgschaft feierlichst abgelegt haben“, an Thomas Mann geschickt und in einer Schweizer Zeitung veröffentlicht. Der bedeutendste Schriftsteller aller deutschen Emigranten bedankte sich bei Frey in einem Schreiben, bezweifelte aber gleichzeitig, dass man der Erinnerung an diese Führer-Adoranten viel Aufmerksamkeit schenken werde: Lieber Herr Frey, vielen Dank für die makabre Liste. Dass auch FLL. Held (Hans Ludwig Held, Direktor der Münchner Stadtbibliothek] und Loerke [Oskar Loerke, Lyriker] drauf stehen, macht mich doch betroffen. Das übrige Völkchen ist ganz an seinem Platz, aber merkwürdig bleibt, wie wenig diese Ponten [Josef Ponten, Romanschriftsteller], v. Scholz [Wilhelm von Scholz, Dramatiker und Erzähler], Seidel [Ina Seidel, Erzählerin und Lyrikerin] exe.