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Helene von Taussig: Figurale Ausdruckssudie. Belvedere
Wien, Leihgabe Felicitas Eltz. Foto: Johannes Stoll

Am 9. April 1942 wurde Helene von Taussig in das Transit-Ghetto
Izbica in Polen deportiert und starb dort bereits am 21. April. Als
Todesursache wurde — wie so oft - ein „Herzfehler“ angeführt.

Auch zwei ihrer Schwestern konnten dem Holocaust nicht
entkommen: Clara von Hatvany-Deutsch starb im ungarischen
Sammellager Kistarcsa, Alice von Wassermann-Verheyden und
deren Sohn Dr. Robert von Wassermann gerieten in Belgien in
die Hände von NS-Schergen und starben im Konzentrations¬
lager Auschwitz. Der Tod ihres Bruders Dr. Karl von Taussig in
Budapest und der ihrer Schwester Hedwig May-Weisweiller sind
bisher ungeklärt geblieben.

Nach dem Tod der Künstlerin stritten sich die Gemeinde Anifund
„verdiente“ NS-Funktionäre, wie etwa Siegfried Hummer, der seit
1933 der illegalen NS-Landesleitung angehört hatte, um Taussigs
Besitz. Durch Interventionen seines einstigen Schwiegersohnes
Kajetan Mühlmann, sowohl beim Reichswirtschaftsministerium
als auch beim Salzburger Gauleiter Rainer, erhielt schließlich Dipl.
Ing. Josef Wojtek den Zuschlag.'” Ursprünglich war versucht
worden, der Künstlerin eine Zustimmung zu einem Kaufvertrag
abzuringen, weil es sich dann nicht um eine „Zwangsentjudung“
gehandelt hätte. Zudem hätte man das Atelierhaus ohne Geneh¬
migung des Reichswirtschaftsministeriums freihändig verkaufen
können. Doch Helene von Taussig verweigerte sich diesem An¬
sinnen standhaft.'? Per Kaufvertrag vom 1. Oktober 1941 erwarb
Josef Wojtek das Haus samt Grundbesitz um 17.000 Reichsmark.
Kajetan Mühlmann trug zum Kaufpreis 15.000 Reichsmark bei,
was wohl als Abfindung bei der Scheidung vereinbart worden war.
Der Betrag wurde auf das Namenskonto „Entjudungserlös Helene
Taussig“ bei der Landeshypothekenbank Salzburg einbezahlt.'4
Hofrat Wojtek handelte sich Ärger ein, als er das Atelierhaus
durch einen Schenkungsvertrag seiner Tochter überließ. Denn

er hatte bei seinem Arisierungsantrag ausdrücklich erklärt, dass
er das Haus für sich benötige, weil er die im Residenzgebäude
bisher innegehabte Dienstwohnung aufgeben müsse.'” Durch
einen gerichtlichen Vergleich konnte erst am 23. November 1953
das Atelierhaus in Anif den Erbinnen Helene von Taussigs, den
Nichten Silvia und Marietta, übertragen werden. Mittlerweile
wurde das Haus aber verkauft und demoliert.

Helene von Taussig war in den Nachkriegsjahrzehnten völlig in
Vergessenheit geraten. So gründlich hatten die Nationalsozialis¬
ten gegen die Familie des jüdischen Bankiers gewütet. Nur drei
Bilder schienen dem Vernichtungswahn der Nazis entgangen zu
sein, bis im Jahr 1988 der Salzburger Maler Wilhelm Kaufmann
im Salzburger Museum Carolino Augusteum (heute: Salzburg
Museum) erschien und ausgekeilte Bilder von Helene von Taussig
übergab, die ihm die Künstlerin kurz vor ihrer Verhaftung anver¬
traut hatte. Diese Entdeckung wurde in der Salzburger Kunstwelt
zur Sensation. Im Zuge des Restitutionsverfahrens wurden vom
Salzburg Museum 19 Gemälde an die Erbengemeinschaft zurück¬
gegeben. Elf Bilder konnten schließlich vom Salzburg Museum
vom Haupterben, einem über 90-jährigen Mann, der in Australien
lebt, angekauft werden. '°

Bis heute ist ungeklärt geblieben, warum die im Jahr 1988 dem
Salzburg Museum ausgehändigten und dort im Jahr 2002 (ohne
Hinweis auf die Eigentumsverhältnisse) ausgestellten 19 Bilder

Helene von Taussig: Frauenakt, Kohle auf Papier.
Universitätsbibliothek Salzburg, Graphiksammlung.

Juli 2019 17