» Lhe day of the sailing of an emigrant ship arrived soon after
I became Acting Consular Agent. About eighty emigrants were
to embark, and I was invited to ,tea‘ on board ship. I cannot
describe the surprise and consternation of the Cunard officials,
when I arrived with my doctor and inquired about the health of
the passengers. To say that the representatives of the steamship
company were horrified is putting it mildly. The local Hungarian
authorities were just confused. They, like myself, had no previous
experience in these matters.“!
In der Folge ließ La Guardia trotz der Proteste von Cunard und
des britischen Konsuls seinen Arzt regelmäßig vor der Einschif¬
fung den Gesundheitszustand der Emigranten prüfen. Schwer
Erkrankte durften nicht an Bord. So bewahrte man sie vor der
beschwerlichen, teuren und schließlich nutzlosen Reise, denn in
Übersee wäre ihnen die Immigration verweigert worden.
La Guardia war bestürzt über den immer heftiger wütenden
Nationalismus im Vielvölkerstaat Donaumonarchie:
„Any sensible person could see the devastating effect of this
unchristian, inhuman system ofteaching people to hate one ano¬
ther ...“ Er erkannte, dass absolut kein Grund für Animosität
und Rivalität zwischen den Italienern und den Kroaten (den
Fiume/Rijeka dominierenden Ethnien) bestünde: „Both peoples
are romantic, love music, base their society on the institution of
the family; both are God-loving, religious people. “'?
1906 suchte er um Versetzung an, da er in der Hafenstadt am
Kvarner keine Aufstiegsmöglichkeiten sah. Die übergeordnete
Dienststelle lehnte ab. La Guardia ergriff die Eigeninitiative. Er
ging nach New York, wo er bei der Einwanderungsbehörde auf Ellis
Island als Dolmetscher tätig war, und er betätigte sich politisch.
Mit der Zeit wurde er eine der einflussreichsten Persönlichkeiten
der italienischen Kolonie in New York; so einflussreich, dass er
nach dem Ende des Ersten Weltkriegs US-Präsident Woodrow
Wilson zu bewegen versuchen konnte, Rijeka zu einem unab¬
hängigen (Stadt-)Staat zu machen. 1920 wurde er Präsident der
italo-amerikanisch-republikanischen Liga, kam schließlich in das
Repräsentantenhaus des Kongresses und wirkte letztlich von 1933
bis 1945 als schon zu Lebzeiten legendärer — Bürgermeister von
New York. Dem 1947 Verstorbenen zur Ehre trägt der zweite
Flughafen von New York seinen Namen. Und in Rijeka erinnert
am Korzo an jenem Gebäude, in dem er sein Büro hatte, eine
Gedenktafel an die „kleine Blume“, wie die Amerikaner Fiorello
gerne nannten.
Auch nach La Guardias Weggang war die Emigration nicht
abgeebbt.
Die Zeitung „Novi List“ warnte vor den Problemen der Aus¬
wanderung vor allem für Südkroatien, während die italienischen
Lokalblätter die durch die Auswanderung bedingten ökonomi¬
schen Vorteile für den Hafen begrüßten.
Booker T. Washington, der Sohn einer schwarzen Sklavin und
eines weißen Plantagenbesitzers aus dem Süden der USA, wurde
mit seinem autobiografischen Buch „Up from Slavery“ (1901)
bekannt. 1912 kam er nach Rijeka und war entsetzt über die
niedrige soziale Stellung der hiesigen Emigranten und erbost
darüber, dass der Staat am profitablen Menschenexport beteiligt
war, anstatt diesen durch die Schaffung besserer Lebensbedin¬
gungen zu verhindern."
Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs stoppte die Auswande¬
rung, an die in Rijeka in der Nähe von Bahnhof und Hafen das
ehemalige, heute verwahrloste „Hotel Emigranti“ (Baraeva ulica)
erinnert. In dem zweigeschossigen Jugendstilbau verbrachten
Tausende die letzte Nacht in der Alten Welt, bevor sie die Reise
ohne Heimkehr antraten."
„Wer sie antritt und von der Heimat träumt, ist verloren“,
erkannte der vor den Nationalsozialisten in die USA geflüchtete
Schriftsteller Carl Zuckmayer. „Er mag wiederkehren, aber der
Ort, den er dann findet, ist nicht mehr der gleiche, den er verlassen
hat, und er ist selbst nicht mehr der gleiche, der fortgegangen ist.
Er mag wiederkehren, zu Menschen, die er entbehren mußte, zu
Stätten, die er liebte und nicht vergaß, in den Bereich der Sprache,
die seine eigene ist. Aber er kehrt niemals heim. “'‘
2020 ist Rijeka, neben Galway (Irland), Kulturhauptstadt Europas.
Damit ist Rijeka die erste kroatische Stadt, die diesen Titel verliehen
bekommen hat.
Im März 2020 erscheint in der Reihe „Europa Erlesen“ des Wieser¬
Verlags der Band „Rijeka“, herausgegeben von Gerhard M. Dienes,
Ervin Dubrovic, Marijana Erstic, Gero Fischer.
1 Dora Lauffer: Die Wellen. Altösterreichische Familiensaga zwischen Adria
und Schlesien. Nach den Aufzeichnungen der Maria Lauffer-Ossoinack und
Familiendokumenten. Mit Zeichnungen und Aquarellen von Franz Lauffer,
Kontreadmiral der k.u.k. Kriegsmarine. Graz 1989, S. 42f.
2 William M. Johnston: Österreichische Kultur- und Geistesgeschichte.
Gesellschaft und Ideen im Donauraum 1848 bis 1938. Vierte ergänzte
Auflage. Wien, Köln, Weimar 2006, S. 39-44, 345f.
3 Ursula Prutsch: Auswanderung. In: Gerhard M. Dienes, Franz Leitgeb,
Max Aufischer (Hg.): Hin & Zurück. Amerika. Folgen einer Entdeckung.
Ausstellungskatalog Stadtmuseum Graz. Graz 1992, S. 19; Hans Chmelar:
Exportgut Mensch. Höhepunkte der österreichischen Auswanderung bis
1914. In: „... nach Amerika“. Burgenländische Forschungen Sonderband
IX. Eisenstadt 1992, S. 77-80.
4 Ellis Island. Echoes from a Nation’s Past. Essay by Norman Kotker, Shirley
C. Burden, Charles Hagen and Robert Twombly. Edited by Susan Jonas,
0.0., 1989, S. 42.
5 E. Wilder-Spaulding: The quiet Invaders. The History of the Austrian
Impact upon America. Wien 1968, S. 154.
6 Vgl. Gerald Schöpfer, Peter Rosegger: Zeitzeuge, Sozialkritiker und „Ak¬
tionsjournalist“. In: Gerald Schöpfer (Hg.): Peter Rosegger. 1843-1918.
Graz 1993, S. 246ff.
7 Gerhard M. Dienes: Schiffsreisen. Luxuskreuzfahrten und Emigration.
In: Karl Stocker, Otto Hwaletz, Stella Rollig unter Mitarbeit von Christa
Höllhumer, Manfred Omahna und Martin Wirbel: Verkehr. Steirische Lan¬
desausstellung 1999 Knittelfeld (Katalog). Graz 1999, S. 306f.
8 Gerhard M. Dienes: Bremen/Bremerhaven i Hamburg. In: Veliki val. Isel¬
javanje iz srednje Europe u Ameriku, 1880-1914. Priredio Ervin Dubrovic,
Muzej grada Rijeke 2012, S. 77f.
9 Ervin Dubrovic (Ed.): From Central Europe to America, 1880-1914, City
Museum Rijeka. Rijeka, New York 2012, S. 46ff.
10 Velid Dkic: Sie lieben Rijeka? Biiblioteka Ambrozija, Buch Nr. 161.
Zagreb 2006, S. 97£.
11 Joseph Roth: Hiob. Roman eines einfachen Mannes 1930. In: Joseph
Roth, Romane, Bd.1, Köln, Amsterdam 1984, S. 192.
12 Dubrovic, S. 66.
13 Dubrovic, S. 69.
14 Dubrovic, S. 52.
15 Dekic, S. 99.
16 Carl Zuckmayer: Als wär's ein Stück von mir. Horen der Freundschaft.
Frankfurt/M. 1966, S. 451.