Beschränkungen von 50 Liter pro Person und Tag), er fehlt die¬
ser nach Stabilität und gesicherter Zukunft durstenden jungen
Demokratie und ihrer schwarzen, weißen und gemischtfarbigen
Bevölkerung. Immerhin erhebt sich Tata neun Meter hoch, mit
weit ausgebreiteten Armen und als ob er alles im Blick hätte, auf
einem Hügel in Pretoria (Statue unter Zuma errichten).
Mandelas Fehler: Sein Wunsch: Nur eine Amtszeit! Bei den Par¬
lamentswahlen 1999 tritt er nicht mehr an. Rudimente gewesener
Verletzungen während der Haft? Ein gutes Gefühl, Zeitgenossin
einer Ausnahmeerscheinung gewesen zu sein, einer Leuchtkraft
für die Welt die Unmögliches möglich gemacht hat. Weniger
gut ist jenes, dass dieser charismatische Revolutionär trotzdem
im Gefühl, die Vision für ein „friedliches Miteinander“ verfehlt
zu haben, gestorben ist, zudem die belastenden News betreffend
Zuma sich bis hin zu seinem Ableben mehrten. Mandela, der
Friedensstifter. Nachhaltige Symbolkraft, ob in der Zeit seiner
Haft, die vor numehr 30 Jahren geendet hat, oder in der seiner
Präsidentschaft. Vater dreier Kinder. Zwei Ehen. Winnie, die
erste: Schlagzeilen wegen Korruption. Friedensnobelpreisträger
Mandela (zusammen mit De Klerk). Vorbilder. Ob Gandhi es
für Mandela gewesen ist?
Mandelas Abgang das kurzzeitige Negativbild Thabo Mbeki, der
als neuer ANC-Präsident zugleich Mandelas Nachfolger wird, der
z.B. leugnet, dass es HIV/AIDS gibt. An die 330.000 Aidskranke,
Medikamente keine und/oder medizinische Hilfe verweigert.
Danach Jacob Zuma, längst mit Hufen scharrend am Sprungbrett
Georg Tidl
Das Myzel des Faschismus
Wie lange es gedauert hat, bis Österreich seine Staatslüge als Nur¬
Opfer des nationalsozialistischen Deutschlands nicht mehr glaubhaft
vertreten konnte und die Auch-Täterrolle gestehen musste, ist
schwer abzuschätzen. Festgehalten an der Opfer-Rolle haben viele
Politiker aller politischen Couleur — die ganz Rechten sowieso —
teils aus Überzeugung teils aus klarem politischen Kalkül. Opfer
lassen sich politisch besser verkaufen als Täter. Erst als immer mehr
österreichische Nazi-Verbrecher enttarnt wurden, mussten sich die
Österreicherinnen und Österreicher von dieser für sie bequemen
Interpretation der Geschichte verabschieden. Verabschieden bedeu¬
tete aber nicht gleichzeitig bekennen, aufarbeiten, bereuen genau
so wenig wie Enttarnen der Nazi-Verbrecher gleichbedeutend war
mit ihrer Verurteilung.
Eine weitere Staatslüge aus der Kriegs- und Nachkriegszeit wartet
allerdings noch auf ihre Entlarvung: Die Lüge vom Sieg über den
Faschismus. Der Nationalsozialistische Staat wurde zeitgleich mit
der Deutschen Wehrmacht vernichtet — aber wurde der Faschis¬
mus besiegt? Mitnichten. Weshalb sich diese Lüge noch länger
gehalten hat als die Opferrolle? Warum es weitaus schwieriger
ist, diese Lüge zu bekämpfen, liegt auch an den Menschen, die
mit großem Mut und ohne Rücksicht auf ihr eigenes Schicksal,
ihr eigenes Leben, gegen das Dritte Reich gekämpft haben. Wer
mit diesen Widerstandskämpfern und Opfern des Faschismus
Gespräche geführt hat, konnte erfahren, wie immer wieder mit
viel Stolz, Selbstbewusstsein, Zufriedenheit, Genugtuung betont
wurde: „...und letztendlich haben wir gesiegt! ... haben sie da¬
vongejagt! ... für den Erfolg hat sich der Einsatz gelohnt!“ Wer
will diesen Menschen in so einer Situation widersprechen und
zur Macht. Auch er ANC, auch er in Haft gewesen. Man erinnert
einen spektakulären Freispruch von einem Vergewaltigungsvor¬
wurf. Während Mandela auf Humanität und Versöhnung gesetzt
hat, setzt Zuma allem voran auf sich selbst: Selbstbereicherung und
Vetternwirtschaft bis nach Indien. Auch der ANC, unter Zuma in
sich konkurrierende Zweige gespalten, übte sich in Korruption.
Mandelas Wahrheits- und Versöhnungskommission scheint mit ihm
gestorben zu sein. Cyril Ramaphosa, der Neue, ebenfalls ANC und
unter Zuma Vizepräsident, hat 2018 einen guten Start hingelegt
und wird bei den Präsidentswahlen erneut bestätigt. Ein steinrei¬
cher Mann, heißt es, der von Reformen spricht. Einige Minister
wurden entlassen, andere versetzt, er versichert, dass die Justiz
freie Hand habe, was die Zuma-Prozesse betrifft und freie Hand
habe bezüglich ANC und dessen korrupter Machenschaften. Von
Verfassungsänderungen lässt sich hören. Von Landverteilungen,
von Landenteignungen. Achtzig Prozent des Agrarlandes sind 30
Jahre nach Apartheidende weiterhin in Händen der Weißen. Ob
die zukünftigen Generationen das weiterhin goutieren werden?
Es gibt eine starke junge Oppositionspartei (nicht ANC) mit
einem militanten schwarzen Anführer, der kürzlich sagte, Dass
die Zeit der Versöhnung, von der zuerst nur die Reichen (Weißen)
profitiert haben, vorbei sei. „Wir wollen endlich Gerechtigkeit!“
Dine Petrik, Lyrikerin, Romane, Feuilletons, geb. im Burgenland,
lebt in Wien.
eine Differenzierung vornehmen zwischen militärischem Sieg und
faschistischer politischer Kontinuität.
Erst in den letzten Jahren, als nur mehr wenige Zeitzeugen
des antifaschistischen Kampfes gelebt haben, endeten manche
dieser Gespräche mit einem verbitterten „... ob sich diese Opfer
gelohnt haben! ... nur der wirkliche bewaffnete Widerstand hat
einen Sinn gehabt! ... Fürs Schwarzhören haben die Nazis meinen
Bruder gehenkt, war es das wert?...“ Dieser Resignation am Ende
solcher Gespräche musste vehement widersprochen werden: Jeder
Widerstand, auch der kleinste hat zum Sieg beigetragen und jedes
Opfer hat die Menschheit geadelt. Aber wie ist es zu einer Änderung
der letzten Sätze in den Interviews gekommen? Haben sie sich
von der lange überlebenden Überzeugung, mit Kriegsende wurde
der Faschismus besiegt, getrennt und/oder waren es die bitteren
Erfahrungen, dass nach der 1945er-Zäsur der Faschismus neu
entflammt ist — für sie unfassbar, aber brutale Realität.
Inzwischen ist von den Mutigen kaum mehr einer am Leben.
Die Erkenntnis, nach 1945 wurde der Faschismus nicht besiegt,
kann heute ausgesprochen werden, ohne jemanden zu kränken,
zu beleidigen, weil ihr, weil ihm damit ein Sieg genommen wird.
Eine weitere, zweite Staatslüge wird langsam enttarnt: 1945 war
nur ein — sogar kurzer — Dämpfer für die faschistische Ideologie
in Österreich.
„Waldheim war die große Wende! Österreichs Nazivergangenheit
ist aufgearbeitet. Wir können diese schlimmen Jahre endlich auf
den Müllhaufen der Nation werfen. Waldheim und die letzten
Reste von Krieg und Faschismus!“ So oder ähnlich wurde nach
dem Ende seiner Bundespräsidentschaft argumentiert. Sind wir
dabei, eine neue Staatslüge zu kreieren?