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Katharina Riese, geb. 1946 in Linz, studierte Volkskunde und Kunstgeschichte an den Universitäten in Wien und Basel, und promovierte 1980 zum Thema „Die Abtreibung in der Volksmedizin“. Die Schrifistellerin ist u.a. Mitbegründerin der autonomen Frauenbewegung AUF in Wien, Mitbegründerin des „Ersten Wiener Frauentheaters“ und konzipierte die Veranstaltungsreihe „Dialekt-Salon“ (ÖDA). Sie Robert Schoeller Who’s afraid of Alice Miller? Ihr ganzes Leben setzte sich die international renommierte Schweizer Psychologin Alice Miller („Das Drama des begabten Kindes“) für einen angemessenen Umgang mit Kindern ein. Sie schrieb engagierte Briefe u.a. an den Papst und an den englischen Premierminister Tony Blair, in denen sie das zu ihrer Zeit noch selbstverständliche Schlagen von Kindern als die Wurzel des Bösen brandmarkte. „Wenn ein Mensch“, so heisst es in einem ihrer Bücher, „in eine kalte, gleichgültige Welt hineingeboren wird, betrachtet er diese als die einzig mögliche.“ Doch ihr eigenes Kind wurde vom Vater geschlagen - täglich und mit aller Brutalität, bis zum sechszehnten Lebensjahr. Diesem unergründlichen Spannungsfeld von überzeugender Theorie und gelebter Praxis spürt der Schweizer Regisseur Daniel Howald in seinem neuen Film „Who's afraid of Alice Miller?“ nach. Alice Miller wurde selbst in die kälteste aller Welten hineingeboren: in das von den Nationalsozialisten besetzte Polen, in dem sie ihre jüdische Herkunft zu verbergen suchte. Mit gefälschter Identitätskarte überstand sie diese Zeit; doch wird sie der Krieg ihr Leben lang nicht verlassen. Im Krieg lernte sie, Entscheidungen rasch zu treffen und umzusetzen. Und sie lernte, wie es ihr Sohn Martin, der Protagonist des Films, ausdrückt, zu „kollaborieren“. Nur so konnte sie die Erpresser ruhigstellen, die damit drohten, ihre wahre Identität der Gestapo zu melden. Wie gejagtes Wild musste sie ihren eigenen Worten zufolge ständig ihre Umgebung beobachten und den Nachstellern ausweichen. Auch nach Kriegsende „kollaborierte“ sie — diesmal mit ihrem Mann, dem Vater Martins, dessen Prügelorgien sie stillschweigend zu dulden hatte. Nachdem zuvor die nur allzu begreiflichen Anklagen des Sohns gegen die Mutter im Vordergrund standen, wendet sich die Aufmerksamkeit des Films allmählich dem (katholischen) Vater zu. Auch Andrzej, der später Hochschulprofessor für Soziologie in Zürich werden sollte, überstand die NS-Zeit in Polen; doch liegen dessen Vergangenheit und frühere Identität völlig im Dunklen. Der Sohn spürt der Identität des Vaters in den Archiven von Warschau und Lodz nach, wobei sich die polnischen Behörden, die die Herausgabe wichtiger Dokumente verweigern, als nicht eben kooperativ erweisen. Das Ergebnis der Recherche soll an dieser Stelle nicht verraten werden. Doch liegt in eben dieser Vergangenheit der Grund dafür verborgen, dass Alice Miller in langen und abschnittsweise überaus aggressiven Briefen ihren Sohn davor warnt, wie sein Vater („mein Peiniger“) zu werden. Und selbst die Beziehung Adolf Hitlers zu dessen prügelndem Vater hält sie ihrem Sohn, den sie nicht beschützen konnte, als warnendes Beispiel vor Augen — Martin möge nicht so werden wie Hitler... Der Dokumentarfilm legt ein ebenso eindrucksvolles wie verstörendes Zeugnis darüber ab, wie der Zweite Weltkrieg noch heute in den nachfolgenden Generationen wütet. Der „Zivilisationsbruch“, der damals stattfand, konnte nie vollständig gekittet werden. Die 32 ZWISCHENWELT ist Verfasserin von Rezensionen, Theaterstücken und Hörspielen. „Ein Stück von mir“ wurde 1998 im Volkstheater uraufgeführt. Autorin zahlreicher Bücher — darunter „Vilma heiratet ihre Enkelin“ (2010) und „Parcours durch Körper und Gelände. Von Schauplatz zu Schauplatz“ 2017). doppelte Identität Alice Millers als einfühlsame Kinderpsychologin und als Mutter, die in ihrer Erziehungsrolle vollkommen versagte, mag als Beispiel hierfür verstanden werden. Whos afraid of Alice Miller? Dokumentarfilm, Schweiz 2020, 101 min Kinoversion: Schweizerdeutsch, Deutsch, mit deutschen oder englischen Untertitel Buch und Regie: Daniel Howald Produktion: SwissDok GmbH, SRF Schweizer Radio und Fernsehen; Produzent: Frank Matter (soapfactory.ch); Verleih: Royal Film (royal-film.ch) Mit: Martin Miller, Irenka Taurek, Cornelia Kazis, Oliver Schubbe, Ania Dodziuk, Katrin Stoll, Martin Sander, Matan Shefi, El;bieta Janicka, Katharina Thalbach als Stimme von Alice Miller Der Termin des Filmstarts in Österreich steht noch nicht fest. PRIX DE SCILEURE NOMINIERT 2020 —_ atm ty DANIEL HOWALD h WHO’S AFRAID OF hb ALICE MILLER? „ES WAR MIR NICHT GEGEBEN, EINE GUTE MUTTER ZU SEIN”