beschönigen und nichts auslöschen. Das ist das Ziel des Projektes“,
so Günther Albel, Bürgermeister von Villach.
Wer war nun dieser auch heute noch mit einem Straßennamen
Geehrte? Der 1902 in Klagenfurt geborene Lyriker, Schriftsteller
und Journalist Herbert Strutz trat am 18. Mai 1933 der NSDAP
bei, was er nach 1945 freilich zu leugnen versuchte. Trotz seiner
illegalen NSDAP-Mitgliedschaft war er auch im Dollfuß-Schusch¬
nigg-Regime bestens in die Kultur- und Literaturszene integriert.
Doch nach dem „Anschluss“ gelang ihm der Übertritt in die NS-Li¬
teraturkreise gut, sowohl seine Publikationstätigkeit in Zeitschriften
wie Kärntnerland. Zeitschrift der Kärntner Landsmannschaft für
Wien und Niederösterreich oder der deutschnationalen Zeitung Freie
Stimmen als auch seine guten Beziehungen zu Robert Hohlbaum
und Josef Friedrich Perkonig kamen ihm dabei wohl zugute. Nach
eigenen Angaben trat er dem nazistisch orientierten Bund deut¬
scher Schriftsteller Österreichs 1938 bei. Auch im Bekenntnisbuch
österreichischer Dichter (1938) des BDSÖ war er mit dem Gedicht
„Deutsche Heimkehr“ vertreten. Darin begrüßte er den „Anschluss“
Österreichs an das Deutsche Reich mit den Worten:
[...] tief dir vertrauend, litten die Seelen sich wund, / Mutterland,
heiliges, hehres! Und nun bist du da. / Schöner und stolzer, als wir dich
Jemals geglaubt, / nimmst du uns an, unser Kämpfen und innerstes
Sein, / segnest uns Herzen und Seelen, uns Hände und Haupt, / und
wir sind dein.
Während des Kriegs leistete er nach seiner Einberufung von Juli
1942 bis Anfang 1944 „Schreiberdienste“ im Reichsministerium
für Volksaufklärung und Propaganda, das Kriegsende erlebte er
in Salzburg, im Herbst 1945 folgte seine Rückkehr nach Klagen¬
furt, wo er als Kulturjournalist für die Kärntner Nachrichten und
andere Kärntner Medien arbeitete, zwei Bilderbücher und einen
Erzählband veröffentlichte. Zudem gab es Neuauflagen einiger
seiner Bücher aus den 1930er Jahren. Ab Mitte der 1950er Jahre
war er nur noch als freier Schriftsteller tätig und veröffentlichte
einige Gedichtbände. Im Zuge der NS-Registrierung hatte Strutz
Elisabeth Fritsch
Die Brüder Morche (1904 — 1987)
Bernhard Kuschey wünscht sich in seiner Rezension der „Kinder der
Rückkehr“: „Die ‚Nachkriegsgeneration‘ insgesamt steuert langsam
aber sicher auf das hohe Alter zu, sollte sie nicht stärker die Sicherung
ihres Erbes, auch jenes ihrer Vorfahren, ins Auge fassen?“
Das versuche ich, ein Kriegskind, hier mit der Biografie meines Großg¬
vaters und seiner Söhne.
Am 8. Mai 2020 wurde in der heute 330 Einwohner zählenden
Gemeinde Stvolinky (deutsch: Drum) bei Ceskä Lipa (deutsch:
Böhmisch Leipa) in Nord-Böhmen eine Gedenktafel enthüllt von
der Bürgermeisterin von Stvolinky (Drum), von Martin Krsek,
einem Mitarbeiter des Stadtmuseums Usti nad Labem (Aussig),
das sich u.a. mit der Geschichte der Deutschen in Böhmen befasst,
und einem Vertreter der Tschechischen Legionärgemeinde (Obec
legionarskä). Zur feierlichen Einweihung, die, Pandemie-bedingt,
erstam 12. September stattfand, kamen auch Nachfahren der auf
der Tafel Verewigten aus ganz Deutschland.
Die Tafel beschreibt in kurzen Worten die Lebensgeschichte des
1880 in Drum geborenen Franz Xaver Morche und seiner fünf
seine frühe NSDAP-Mitgliedschaft nicht angegeben, weswegen er
auch angezeigt, jedoch nicht inhaftiert wurde. Das Strafverfahren
wurde Anfang Juli 1948 eingestellt.
Wie so oft ist es das problemlose Herübergleiten in die österreichische
Kultur- und Literaturszene der Nachkriegszeit, das auch im Fall
Herbert Strutz’ irritiert. Nur, gänzlich problemlos verlief dies bei
Herbert Strutz eben nicht, sprach sich Hilde Spiel doch vehement
gegen seine Aufnahme in den Österreichischen PEN aus.
Strutz verstarb 1973, ein Jahr nach seinem 70. Geburtstag, der vom
Kulturamt der Landeshauptstadt Klagenfurt mit einer Festschrift
gefeiert wurde, ebenso erschien im Zckartboten (das Organ der Ös¬
terreichischen Landsmannschaft, die vom DÖW als rechtsextreme
Organisation eingestuft wird) eine Würdigung. Heute ruht Strutz
in einem Ehrengrab am Annabichler Zentralfriedhofin Klagenfurt,
wird durch den am Friedhof vorbeilaufenden Herbert-Strutz-Weg
erinnert, auch die Herbert-Strutz-Straße in St. Georgen (die diesen
Namen im Jahr 1978 erhielt) ehrt nach wie vor den einst das deutsche
„heilige, hehre Mutterland“ beschwörenden Dichter.
Die Herbert-Strutz-Straße in Villach endlich von ihrem Namens¬
geber zu befreien und in Arik-Brauer-Straße umzubenennen, so die
Forderung von Dr. iur. Bruno Kathollnig, Dipl.-Kfm. Ing. Karl
Meszaros, Malgorzata Meszaros, Dr. phil. Rose Proszowski, Dr.
med. Renate Stellnberger-Mente, Dr.med. Renate Miklau, Prof.
Dr. phil. Rudolf O. Zucha, Mag. phil. Cornelia Bejach-Zucha, der
sich auch Mag. Hans Haider vom Verein Erinnern-Villach und
Dr. Hans Haider (Wien) anschlossen . Wir bitten um Ihr Interesse
und Unterstützung!
Siehe auch: Uwe Baur, Karin Gradwohl-Schlacher: Literatur in Ös¬
terreich 1938-1945. Handbuch eines literarischen Systems. Band 2:
Kärnten. Wien, Köln, Weimar: Böhlau 2011, S. 255-264.
Werner Koroschitz: Bericht zu den (nationalsozialistisch) belasteten
Straßennamen in Villach. Mai 2019. (online abrufbar)
Söhne (Töchter hatte er keine), und das Datum der Enthüllung
sollte offensichtlich daran erinnern, dass am 8. Mai 1945 die Aus¬
siedlung der Deutschen aus Böhmen begann.
Franz Xaver war Friseur. 1903 heiratete er Elisabeth Mildner aus
Pirna in Sachsen. 1904, 1905 und 1907 gebar sie Gottfried, Friedrich
(Fritz) und Oskar; die beiden Söhne Helmut und Herbert kamen
1908 und 1913 nach der Übersiedlung der Familie nach Pirna zur
Welt. (Ich nehme an, dass dort die Verdienst-Möglichkeiten besser
waren als in Stvolinky.)
Im Ersten Weltkrieg wurde Franz Xaver als österreichischer Staats¬
bürger zur k.u.k. österreichisch-ungarischen Armee einberufen
und 1917 verwundet.
„Sie werden verständigt, daß Ihr Gatte verwundet wurde und allein
zurückging. Er wurde im Walde tot und ausgeraubt aufgefunden“
— so die trockene Benachrichtigung der k.k. Bezirkshauptmann¬
schaft Leitmeritz.?