Das Griechentum beweine nicht, weil es sich kriimmt und windet,
das Messer tief, bis ins Gebein, den Strick fest um den Nacken.
Sieh, es springt auf, erhebt sich hoch, wird mutig, stark und mächtig,
und es durchsticht das wilde Tier mit der Harpune der Sonne.
Richard Schuberth berichtet von den ersten Jahren der „Harpune
der Sonne“, vom Unabhängigkeitskrieg, der, wie jeder Krieg,
vor allem aus Schattenseiten besteht. Die Künstlerin Helene
Avramidis ermöglicht mit ihrer Familienerzählung einen schr
persönlichen Einblick in die Alltage des „Griechentums“ und
einer dreifachen Flucht.
Der 25. März spiegelt auch in den folgenden Jahrhunderten die
Höhen und Tiefen des Landes wieder. Am 25. März 1925 wurde
die Erste Republik ausgerufen und am 25. März 1944 wurden
in Athen bei Razzien der deutschen Besatzer tausende Juden
und Jüdinnen verhaftet und nach Auschwitz deportiert. Auch
symbolträchtige Orte des griechischen Unabhängigkeitskrieges,
wie das Kloster Aghia Lavra am Rande der Ortschaft Kalvryta,
wurden während der Naziokkupation zerstört. So geschehen
am 13. Dezember 1943, als in Kalavryta 677 Männer von den
Soldaten der 117. Jägerdivision ermordet wurden. Diese Division
bestand zum Großteil aus Osterreichern.
Es ist ein zweiter Griechenland-Schwerpunkt geplant, in dem
mehr auf die Zeit der Besatzung und der Verfolgungen durch
die Nazis und ihre Verbündeten und auf den Widerstand und
auf einen weiteren „Griechen-Maniak“, Michael Guttenbrun¬
ner, eingegangen werden soll und auch auf das österreichische
Exil in Griechenland. Doch gerade zu diesem gibt es nur wenig
Information, in erster Linie auch, weil das Land nach 1938 nur
übertragen von Lorenz Gyömörey
In Klagen und in Bitterkeit getaufte arme Worte
heben die Flügel, Hiegen auf - sind Vögel und sie singen.
Ein Wort jedoch, geheimes Wort, der Freiheit großer Name,
hebt statt der Flügel Schwerter hoch und spaltet nun die Stürme.
Il. Gespräch mit einer Blume
Zyklame du, Zyklame du, im tiefen Riß des Felsens,
wo nimmst du Farben, um zu blühn, wo Kraft, um dich zu
Ich holte mitten aus dem Fels die Tropfen meines Blutes
und spann ein rosenrotes Tuch, jetzt sammle ich drin die Sonne.
für wenige hundert ÖsterreicherInnen seine Tore öffnete. Da¬
für waren nach 1941 tausende GriechInnen als Gefangene und
ZwangsarbeiterInnen nach Österreich verschleppt worden.
Robert Streibels Beitrag im vorliegenden Heft berichtet vom
Massaker des 6. April 1945 in Stein/Krems. Unter den ermordeten
Häftlingen befanden sich viele Griechen.
Um einen ersten Eindruck zu gewinnen, schließt dieser erste
Teil des Griechenland-Schwerpunktes mit einer ausführlichen
Chronik, in der, frei nach Melpo Axioti, von Hellas „Tränen und
Marmor“ berichtet wird.
Im Gegensatz zu 1938 ist Griechenland im Jahr 2021 sehr
wohl ein Land der Flüchtlinge. Thomas Wallerberger führte in
diesem Zusammenhang ein Gespräch mit Thomas von der Osten
Sacken, der nicht nur seit vielen Jahren auf Lesbos lebt und in
Moria Flüchtlingshilfe leistete, sondern auch einen kritischen
und ernüchternden Blick auf die Geschehnisse der letzten Jahre
wirft. AE
Folgende Beiträge über GriechInnen und Griechenland erschienen bisher
Richard Schuberth: Das griechisch-mazedonische Dilemma. In: ZW Nr.
4 4/2018 13f.
Robert Streibel: Ein Straßenschild eröffnet eine neue Welt. Stefan Zweig
und Krems. In: ZW Nr. 1-2/2016, 11-14.
Alexander Emanuely: Theon Spanudis — Psychoanalytiker und Dichter in
drei Welten. In: ZW Nr. 3-4/2013, 54-60.
Franz Richard Reiter: IJakovos Kambanellis‘ „Die Freiheit kam im Mai“.
In ZW Nr. 2/2013, 9.
Daniela Strigl: „Ich möchte etwas Griechisches sagen, und es müßte leuch¬
ten“. Zum Tod von Jannis Ritsos. In: MdZ Nr. 4 4/1990, 6f.
Daniela Strigl: „Alle, die wir hier sind, haben wir einen Himmel und das
gleiche Lächeln“. Zu Jannis Ritsos 80. Geburtstag. In: MdZ Nr. 3/1989, 1-5.
So wurden groß inmitten der Erwartung unsre Nächte,
wo auch die Lieder wurzeln und sich recken wie die Bäume.
Und diese hier in Fesseln — o Mutter — und jene in der Fremde
seufzen verbittert ihr „Ach“ — o Mutter — und es wird zum
Blatt der Pappel.
Ein kleines Volk und kämpft allein ohne Waffen und Pulver,
für die ganze Welt, für Brot und Licht und für alle Lieder.
Unter der Zunge hält es fest Wehgeschrei und Jubel,
schickt es sich je zu singen an, springen alle Steine.