Dezember 1944 Viele griechische Kollaborateure kommen nach
dem Rückzug der Wehrmacht nach Wien bzw. nach Kitzbühel. Im
Grand Hotel Kitzbühel wird eine Art griechische Exilregierung, das
„Griechische Nationalkomitee“, gegründet. Seitens der Deutschen
ist Hermann Neubacher als Kontaktmann zuständig. In Wien wird
die im Februar 1944 in Leipzig gegründete Propagandazeitschrift
der griechischen Kollaborateure „Pyrsos“ (Fackel) gedruckt.
Vom 3.12.1944 bis zum 5.1.1945 tobt die Schlacht um Athen,
die Dekemvriana, zwischen ELAS und dem Bündnis aus Regie¬
rungstruppen und Briten. Trotz strategischer Vorteile muss sich
die ELAS aus Athen, wegen der Beschlüsse von Dumbarton Oaks,
zurückziehen.
20.12.1944 Der für seine liberalen Ansichten bekannte Erzbischof
von Athen, Damaskinos Papandreou, wird vom König als Regent
eingesetzt. Er bemüht sich um eine Beendigung des Bürgerkrieges.
1945
Am 11.2.1945 hält Georgios Poulos in den Sophiensälen eine Rede
vor Wiener GriechInnen und wirbt für die „Griechische Legion“.
Am 12.2.1945 erfolgt das Abkommen von Varkiza zwischen EAM
und der griechischen Regierung, der Erste Bürgerkrieg wird beendet.
Dieser Friedensvertrag sicht vor, dass die ELAS die Waffen niederlegt
und ehemalige Kollaborateure oder Rechtsradikale aus Polizei und
Armee entlassen werden. Beides geschieht nur ansatzweise.
28.2.1945 Bei einer Volksabstimmung sprechen sich in Griechen¬
land 68% für die Monarchie aus.
6.4.1945 Im Gefängnis Krems-Stein werden von örtlichen Nazis,
darunter auch HJ-Angehörige, schätzungsweise 550 bis 650 Häft¬
linge ermordet. Unter diesen befinden sich auch 150 Griechen.
April 1945 In Wien befinden sich, einem Bericht des „Griechisch-an¬
üfaschistischen Komitees Wien“ zufolge, an die 22.000 GriechInnen,
meist Zwangs- und FremdarbeiterInnen.
22.12.1945 130 griechische StudentInnen, meist Linke, verlassen
auf dem Schiff „Mataroa“ das Land Richtung Frankreich, darun¬
ter Cornelius Castoriadis und Mimika Kranaki. Sie haben über
den Direktor des französischen Kulturinstituts Octave Merlier ein
Frankreich-Stipendium erhalten. Für viele sollte der Studienauf¬
enthalt zum Exil werden.
1946 bis 1950
1946 In Wien befinden sich circa noch 3.000 griechische Bürge¬
ıInnen.
31.3.1946 Parlamentswahlen. Die KKE wird boykottiert. Ein Wahl¬
bündnis aus Royalisten und Konservativen erhält die Mehrheit
der Stimmen. Nach einem Gefecht bricht der Zweite Bürgerkrieg
zwischen KommunistInnen, die von Albanien und Jugoslawien
unterstützt werden, und der Regierung aus.
Am 24.8.1946 wird vom „Griechisch-antifaschistischen Komitees
Wien“ in Krems-Stein ein Denkmal für die 150 ermordeten Grie¬
chen enthüllt.
1.9.1946 Nach einer Volksbefragung stimmt die Mehrheit abermals
für die Beibehaltung der Monarchie. Die griechische Armee erhält
logistische Unterstützung von der britischen Armee.
1947 In Wien befinden sich circa noch 500 griechische BürgerInnen.
1.4.1947 wird Paul I. König Griechenlands.
Die griechische Armee erhält Hilfe von US-Truppen im Kampf gegen
die KommunistInnen. Die bekannte Surrealistin, Schriftstellerin,
Widerstandskämpferin und Kommunistin Melpo Axioti flüchtet
nach Paris, wo sie sich mit Pablo Picasso, Louis Aragon anfreundet
und in französischer Sprache den Exilroman „Republique-Bastille“
verfasst, der jedoch erst 2018 veröffentlicht wird. Auf Druck der
griechischen Regierung wird sie des Landes verwiesen. Ab 1950
lebt sie in der DDR.
Herbst 1948 nach dem Bruch Titos mit der Sowjetunion unter¬
stützt Jugoslawien nicht mehr die griechischen KommunistInnen.
1948 wird der Lyriker und Widerstandskampfer Giannis Ritsos,
so wie viele KommunistInnen und Linke, so Mikis Theodorakis,
Apostolos Santas oder der Lyriker Tasos Livaditis, auf die Gefäng¬
nisinsel Makronissos deportiert. Viele Tausende politische Gefan¬
gene kommen auf die Gefangeneninsel Jaros. Tausende von ihnen
kommen auf den „Inseln“ um.
11.6.1949 Georgios Poulos wird in Athen hingerichtet. Er ist einer
von wenigen Kollaborateure und Kriegsverbrecher, die vor ein Gericht
gestellt und zum Tode verurteilt werden. Viele seiner Mitstreiter wer¬
den im Laufe des Bürgerkriegs in die Regierungstruppen integriert.
Am 9.10.1949 beschließt die KKE den bewaffneten Kampf auf¬
zugeben. Unter dem konservativen Ministerpräsidenten und che¬
maligen Feldmarschall Alexandros Papagos, den die Deutschen
ins KZ Dachau verschleppt hatten, wird der Zweite Bürgerkrieg
beendet. Beide Bürgerkriege haben, manchen Schätzungen zufol¬
ge, über 150.000 Menschenleben gefordert. Tausende Linke und
KommunistInnen werden eingesperrt, Zehntausende gehen ins Exil,
ob in diverse Ostblockländer oder in die Sowjetunion. In Ungarn
gründen circa 1.000 GriechInnen bei Budapest das Dorf namens
Beloiannisz, benannt nach dem Kommunisten Nikos Belogiannis,
der 1952 in Griechenland hingerichtet wurde. Seine Schwägerin
war die bekannte Schriftstellerin, Journalistin und Widerstands¬
kämpferin Sotiriu Dido, die 1976 den Roman „Gebot“, in dem
sie von der sich in der Hinrichtung Belogiannis widerspiegelnden
Zerstörung der Demokratie in Griechenland erzählt, veröffentlichte.
Im Kontext des Bürgerkrieges und des Kalten Krieges kommt es
zu keiner politischen oder rechtlichen Aufarbeitung der Verbrechen
der deutschen Besatzung. Deutsche Kriegsverbrecher werden nicht
verfolgt, so werden in der BRD 421 Ermittlungen eingeleitet, von
denen drei Fälle verhandelt werden, es kommt zu einer Verurteilung.
1951-1967
1951 wird die „Vereinigung der Demokratischen Linken“, die ENA,
Eniéa Dimokratiki Aristerä, gegründet. Da die Kommunistische
Partei verboten ist, finden sich in ihr sowohl ehemalige Kommunis¬
tInnen als auch VertreterInnen verschiedener linker Gruppierungen
wieder. Bekanntestes Mitglied, und populärer Abgeordneter der
ENA, ist der Widerstandskämpfer, Arzt und Pazifist Grigoris Lam¬
brakis. Auch der Lyriker und Widerstandskämpfer Giannis Ritsos
und der Komponist Mikis’Theodorakis sind Mitglieder. Hermann
Neubacher wird in Jugoslawien zu 20 Jahren Haft verurteilt, kommt
nach einem Jahr frei und arbeitet anschließend als Wirtschaftsberater
für die äthiopische Regierung und schließlich als Austrian Airlines
Manager und Vorstandsvorsitzender der Wienerberger Ziegelwerke.
1952 Griechenland und die Türkei treten der NATO bei. Griechen¬
land erhält eine neue Verfassung. Das 1949 beschlossene Frauen¬
wahlrecht wird umgesetzt.
1953 wird beim Londoner Schuldenabkommen beschlossen, dass
über Reparationszahlungen des deutschen Reichs an andere Staaten
erst nach einer deutschen Wiedervereinigung und einem Friedens¬
vertrag diskutiert werden kann. Dazu kam es nach 1990 jedoch
nicht, da auf Anregung der deutschen Regierung, und in Anbetracht
der zu erwartenden Reparationsforderungen, kein Friedensvertrag
zwischen dem wiedervereinten Deutschland und den Alliierten
geschlossen wurde, sondern der sogenannte Zwei-plus-Vier-Vertrag.
1954 Dreierbündnis mit Jugoslawien und der Türkei. Dies kann
jedoch nicht den beginnenden Konflikt mit der Türkei um Zypern,
das noch eine britische Kronkolonie ist, verhindern.
1954 Bekennende Slawophone, bzw. MakedonierInnen, ist es nicht
gestattet öffentliche Ämter zu bekleiden. Viele wandern nach Aus¬
tralien aus. Bis in die 1980er-Jahre wurde das Sprechen von Make¬
donisch unter Strafe gestellt.
1955 kommt es in der Tiirkei zu antigriechischen Ausschreitungen,
circa 100.000 GriechInnen verlassen das Land.