da sie nun nichts mehr hat, die Miete
für ihr Haus (auch ihr’s in Nafplion) zu zahlen.
Doch liebt sie ihre Unabhängigkeit und denkt
ganz selbstverständlich, dass ihr die junge Nation
eine Entschädigung geben wird für alles, was sie gab,
was nicht geschah. Im Gegenteil:
Gefürchtet, weil zu sehr beliebt,
womöglich noch als spätre Gattin des Ypsilanti ¬
man unterstellte ihr, der Demokratin,
Königinnenträume —
wird ihr in einer Nacht- und Nebelaktion
von Schergen der Regierung
das Haus in Nafplion verbrannt,
sie selbst nach Mykonos verschleppt, am Strand
dort ausgesetzt, die Rückkehr ihr verboten.
10 Jahre lebt sie dort vergessen und verarmt
und stirbt nach etlichen, vergeblichen
Versuchen, zumindest eine Rente zu erhalten,
mit 52 einfach so an Typhus.
Auch ihr Portrait schmückte die Drachme,
ein Denkmal gibt es in Athen —
Was tut uns die Erinnrung?
Mesa varia nichta! Varia mesanichta!
I porta mou I porta mou chtipai!
Den fainetai omos kaneis
Pios na 'ne ti pios na’ne ti sitai?
Sto spiti afto sto spiti afto tarchanasmeno
Ti echo pia ti echo pia na perimeno?
In tiefer Mitternacht klopft es an meine Tür.
Wer kann das sein zu solcher Stunde?
Wer verirrt sich an dies spinnwebverhang‘ne Haus?
Den echo mana mana kj adelfo
Ja na tous pe- ja na tous perimeno
Eliossa sto krevati mou
Ton charo pia ton charo pia na prosmeno
Kje tou tichou kje tou tichou t'oroloiji
Archina archino to miroloiji
Ich habe keine Mutter mehr und keinen Bruder,
auf die ich warten kann.
Auf meinem Bett, auf meinem Bett bin ich vergangen,
nur auf den Tod, nur auf den Tod zu warten.
Und an der Wand die Uhr klagt mir schon
die Totenklage
Sose me pa- panajitsa mou
Tanjata mou tanjata mou lipisou
Dioxe to charo ap’ tin avli
Na min ton an na min ton antichriso
Kje tou tichou kje tou tichou t'oroloiji
Archina archina to miroloiji
Rette mich Muttergottes!
Hab Erbarmen! Vertreib den Tod aus
meinem Hof, damit ich ihn nicht sehen muss.
Und an der Wand die Uhr klagt mir schon
die Totenklage
(Wellenmelodie — aus „Epilogos“ von Manos Chatzidakis)
Ein Ozean ist die Erinnerung.
Kalt, unermesslich, undurchdringlich oft.
Dann, wieder aufgewühlt durch Stürme,
taucht etwas auf.
Vergangenes, Vergessnes,
Abgesunknes, Unerwünschtes?
Doch manchmal singt ein Vöglein uns,
wovon die Menschen schweigen — und
dieses Vögelchen wird selbst besungen:
Poulaki pothen erchesai...! Poulaki ja apochrisou
Min eides kje min akuses jia tin kyra Domnitsa
Tin omorfi tin dinami tin archikapetanissa
Me ti karavi atimito kje proto mes ta prota?...
„Ersehntes Vögelchen, du kommst.
Antworte mir: Hast je du etwas schon gesehn
oder gehört wie diese Frau, Domnitsa?
So schön, von solcher Kraft, solch eine Kapitänin?
Mit ihrem Schiff, von höchster Qualität,
blitzschnell, das beste von den besten,
unsagbar hoch bewertet, mit diesem Schiff,
mit dem sie kämpfte in den Imbren von Bougasi?
Das Vöglein setzte sich und sprach:
Ich habe sie gesehn, bei Agion Oros
Bin ich ihr begegnet.
3 Tage lang bekämpfte sie 2000 Türken.
Schiffe hier und Schiffe dort und Schiffe überall.
Sie aber kämpfte wie ein Adler
und schlug mal rechts, mal links und umgekehrt
und wie und wo es gut für sie war.
Und bittres Weinen hörtest du
und Flüche über Flüche, lautes Stöhnen,
tiefe Seufzer — die Meere färbten sich rot
so wie der Fez des Agas.“
Das ist der Text eines Liedes,
die Melodie mir bruchstückhaft bekannt,
über Domna Wiswisi,
Herrin der Meere oder
Schrecken von Euböa und
Herrin des thrakischen Meers
wurde sie genannt.
Sie stammte von dort,
von einer, wie es heißt,
steinreichen Familie.