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Sonja Pleßl Eine Collage Antiterroristische Operation. Konflikt im Osten. Ukrainische Krise. Ich darf - wenn ich will — Krieg nicht Krieg nennen Ganna Gnedkova, ukrainische Übersetzerin und Schriftstellerin, lebt in Wien, schreibt mir zu ihrem Gedicht: “Im Jahre 2020 war es nicht vielen Medien bewusst, welche Worte sie von der russischen Propaganda entlehnen, um über die Ukraine zu sprechen.” Schizofaschismus: Der Faschist nennt sich Antifaschist und bezeichnet seine Gegner als Faschisten. Juli 2022: Sieben Länder anerkennen den russländischen Angriffskrieg gegen die Ukraine als Völkermord am ukrainischen Volk: Estland, Lettland, Litauen, Polen, Tschechische Republik, Irland, Kanada. 24. Februar 2022 Unser Kind muss aufwachen, Schultag. Im Vorraum, zwischen Kinderbett und Küche, sagt mein Mann: “Sie sind einmarschiert.” Wir machen Kakao. Es geht durch das Schultor. Ich gehe in den Wald, Prater. SMS an Maria, mit einem Ukrainer verheiratete ehemalige Studienkollegin: “Wie geht es Euren Verwandten, FreundInnen?” Antwort: “Wie ist das möglich?” Diese Frage ist nach vier Monaten völkermörderischem Angriffskriegs auf die Ukraine und in rhythmischen Abständen publizierter offener Briefe, mittels derer die VerfasserInnen ihren vielfältigen Sorgen um den Weltfrieden Ausdruck verleihen und diesen sich ausschließlich zulasten des ukrainischen Widerstands vorstellen kön64 — ZWISCHENWELT nen, noch immer die präziseste. Zu Mittag findet die erste Demonstration am Ballhausplatz für die Ukraine statt. Marias Mann Yevhen kommt mit der EUFlagge, ich sche neben ukrainischen Flaggen auch georgische, belarussische, tschetschenische. Ich, gelernte Österreicherin, frage ihn unter Schock: “Was macht Ihr jetzt? Geht Ihr in den inneren Widerstand?” Seinen Blick werde ich nie vergessen. “Sie haben schon fünf russische KampfAugzeuge abgeschossen!” Ich bin ihm dankbar für diesen Blick: Gegen meinen inneren Schuschnigg, der sagt: Wir weichen der Gewalt. Ich kann es immer noch nicht glauben Ich kann es immer noch nicht glauben, dass liebe Bekannte, liebe Menschen, die ich in spätestens zwei Jahren wieder besuchen und meiner Tochter und meinem Mann vorstellen wollte, in allem bedroht sind, in absolut allem. 25. Februar 2022: Tatjana Maljartschuk, weibliche Stimme des Widerstands, lebt seit 2011 in Wien, in einem österreichischen T'V-Sender: “Ich höre Sie, meine Herrschaften, und es tut mir so weh. Die Ukrainer sind keine Zahlen in den Statistiken. Das sind lebendige Menschen. Jetzt ist es [Öl, Kohle, Gas] wichtig, um uns und unsere Angst zu rechtfertigen. Wir hier in Westeuropa haben Angst vor dieser Aggression. Es ist so schwer, einem Aggressor zu widerstehen. Aber diese Kräfte und diesen Mut müssen wir finden. Ich weiß nur, dass wir alles machen müssen, um ihn zu stoppen.” Sie berichtet von einer Freundin, die mit ihrem Sohn vor den russländischen Truppen flüchtet. Der Sohn, sieben Jahre alt: “Mama, aber wenn wir nicht zurückkommen, dann sterben alle unsere Topfpflanzen!” Ukrainische Schriftsteller greifen zur Waffe. Auch Frauen. Die Ukraine, so schreiben sie: Fin einziges riesiges widerständiges Netzwerk, das das ganze Land durchzicht, gewachsen in dreifacher demokratischer Erhebung: zuerst gegen Präsident Kutschma, der nach dem Vorbild anderer postsowjetischer Staaten einen Erpresserstaat errichten wollte, dann, 2004, in der Orangenen Revolution gegen die Wahlfälschungen des Moskautreuen Janukowytsch, dann, im Winter 2013/2014, im Euromaidan gegen die auf Druck Moskaus verweigerte Unterschrift von Präsident Janukowwytsch unter das Assoziierungsabkommen mit der EU Die Worte des ukrainisch-jüdischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj auf das Angebot aus dem Ausland, ihn und seine Familie in Sicherheit zu bringen: Ich habe um Waffen gebeten, nicht um eine Mitfahrgelegenheit. Die von der Armee bis zu den Freiwilligen: Ein ukrainischen Verteidigungskräfte, Fünftel Frauen. Das ist der höchste Anteil in Europa und aller NATO-Staaten. Die Ukraine ist die Wiege des osteuropäischen Judentums. Der Historiker Timothy Snyder hatte begonnen, sich mit der Ukraine zu beschäftigen, als er erkannte, dass man den Holocaust nicht verstehen kann, ohne die Geschichte der Ukraine zu verstehen: Die Ukraine stand im Zentrum der Politik von Stalin und von Hitler: Brüder im Geiste. Auch das nationalsozialistische Todeshungern sowjetischer Kriegsgefangener könne man nur verstehen, wenn man den Holodomor versteht. Frühling 2022, Demonstration für die Ukraine: In seiner Rede geht der österreichische Politikwissenschaftler Dr. Martin Malek, Mitarbeiter am Institut für Friedenssicherung und Konfliktmanagement der Landesverteidigungsakademie in Wien, der