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ihn um fast 20 Jahre und kehrte im hohen Alter nach Österreich zurück, wo sie 1965 verstarb. Der Roman, der sich im Aufbau und inhaltlich auch an Freimaurergedankengut der „Zauberflöte“ anlehnt (dreifache Prüfungen und Lektionen der Hauptpersonen, zahllose Geheimnisse, der „Bund“), ist durchsetzt von Zitaten aus Stefans eigenen Schriften.” Er bietet einen recht genauen Überblick über das Festspielprogramm 1937 und seine Protagonist:innen. Heutige Leser:innen können sich an Stefans leichte Spötteleien über das amerikanische Festspielpublikum, die Aktivitäten der Sängeragenten und die österreichische Sensationspresse delektieren und werden Kontinuitäten erkennen. Was die Neuauflage für die Forschung so interessant macht, ist Stefans nostalgisch verklärter Österreich-Patriotismus, den er seiner Hauptperson Dr. Peter Martin im Dialog mit den US-Amerikanern Oliver Stanton und Evelyn Curtis in den Mund legt. Es ist die Identifikation mit dem Ständestaat, den der ehemalige Vorkämpfer der musikalischen Moderne Paul Stefan als letzte Rettung vor dem drohenden Nationalsozialismus versteht, und die ihn, wie manche seiner Zeitgenossen, zu einer schillernden und ambivalenten Person macht. Peter Martin erinnert in dieser Hinsicht auch an Ernst Lothar, der die Salzburger Festspiele so oft als Paradies österreichischer Kultur verklart hat.!° Das Buch ist nicht nur Stefans Abgesang auf eine untergegangene Welt, die er im amerikanischen Exil noch einmal festhalten möchte, sondern zugleich ein eindrucksvoller Beleg für Michael P. Steinbergs These, dass Von der ersten Seite an merkt man: Der Autor ist auch Historiker und Dokumentarist: Jedes noch so kleine Detail stimmt. Ob es sich nun um das Ausbraten von Grammeln bei der Großmutter, das Auspacken von Malzbonbons der Marke „Stollwerck“, oder die Beschreibung von Bensdorp-Schokoladen mit den verschiedenfarbligen Schleifen (eine Anzahl gesammelter Schokoladeschleifen konnte man wieder gegen Schokolade eintauschen) und um die berühmte Zigarettenmarke Smart Export handelt, die Lektüre verleitet die Leserin, den Leser zu befriedigendem Wiedererkennen: Ja, 90 ZWISCHENWELT die Bedeutung der Salzburger Festspiele als späte Manifestation der katholischen Kultur österreichischer Juden zu begreifen sei.'! Dem Herausgeber Robert Streibel gebührt großer Dank dafür, das Buch und seinen Autor einem neuen Leser- und Forscherkreis zugänglich gemacht zu haben. Primavera Driessen Gruber Anmerkungen 1 Paul Stefan: Das war der letzte Sommer. Hg und mit einem Nachwort versehen von Robert Streibel. Wien: Löcker 2021. 2 Paul Stefan: Das war der letzte Sommer, Wien: Luckmann 1946. 3 vgl. Robert Kriechbaumer: Politiker und Impresario. Landeshauptmann Dr. Franz Rehrl und die Salzburger Festspiele. Wien, Köln, Weimar: Böhlau 2021. 4 Paul Stefan: Gustav Mahlers Erbe. Ein Beitrag zur neuesten Geschichte der deutschen Bühne und des Herrn Felix von Weingartner, München: Hans von Weber 1908; ders.: Gustav Mahler. Eine Studie über Persönlichkeit und Werk, München: Piper 1910; ders. (Hg.): Gustav Mahler — Ein Bild seiner Persönlichkeit in Widmungen, München: Piper 1910; ders.: Das Grab in Wien. Eine Chronik 19031911, Berlin: Reiß 1913. 5 Nach 1929 unter dem Titel „Anbruch‘, ab 1930 mit „Pult und Taktstock“ vereint unter dem Titel „Österreichische Zeitschrift für Musik“. 6 Hier und im Folgenden Historische Meldeunterlagen der Stadt Wien; Österreichisches Staatsarchiv, Archiv der Repuso war es wirklich. Und auch dieses Wiedererkennen reizt zum Weiterlesen und zu Einem-das-Buch-nicht-aus-der-Hand geben-Wollen. Rene, der Held des Romans, kommt immer im Sommer zu seinen Großeltern, seinen Onkeln und Tanten und zu all den Verwandten, die einer Bauernfamilie entstammen, deren Vorfahren bis zurück ins 16. Jahrhundert nachgewiesen werden können. In St. Porcia und Umgebung verbringt Rene meist unbeschwerte, glückliche Monate. Aber schon als er das erste Mal und alleine mit der Eisenbahn nach St. Porcia blik, Hilfsfonds 13.517 (Gabriella Stefan); Forschungsdatenbank BioExil Primavera Driessen Gruber. 7 Anna Langenbruch: Topographien musikalischen Handelns im Pariser Exil. Eine Histoire croisée des Exils deutschsprachiger Musikerinnen und Musiker in Paris 1933-1939, Hildesheim, Zürich, New York: Georg Olms Verlag 2014, S. 154. 8 Ludwig Ullmann: Heimat in der Fremde. Lebenserinnerungen, unveröffentlichtes Typoskript. 9 So etwa Paul Stefan: Max Reinhardt. Eines Kiinstlers Heimweg nach Wien. Wien, Leipzig: Hermann Goldschmiedt Verlag 1923. 10 Peter Roessler: Anverwandlung und Fremdheit. Aus dem Exil zuriickgekehrte Theaterleute bei den Salzburger Festspielen, in: Marcus G. Patka, Sabine Fellner im Auftrag des Jiidischen Museums Wien (Hg.): Jedermanns Juden. 100 Jahre Salzburger Festspiele. Salzburg: Residenz Verlag 2021, S. 262-281, hier S. 280. 11 Michael P. Steinberg: Die katholische Kultur der österreichischen Juden in der Moderne des Fin de Siécle, in: Patka, Fellner: Jedermanns Juden, S. 18-35, hier S. 29; vgl. auch Marcus G. Patka: Salzburg versus Bayreuth. Der Umgang des NS-Regimes mit der katholischen Konkurrenz aus dem Siiden in: Patka, Fellner: Jedermanns Juden, S. 230-247, hier S. 231. Paul Stefan: Das war der letzte Sommer. Herausgegeben und mit einem Nachwort versehen von Robert Streibel, Wien: Loecker Erhard Verlag 2021. 211 S. Euro24,80 fahrt — es ist noch Besatzungszeit und er fahrt zuerst durch die sowjetische und dann durch die britische Zone — zerstören einprägende Reiseerlebnisse eine Idylle, die auf den ersten Seiten des Romans liebevoll aufgebaut worden ist — mit fliegenden Maikäfern, duftenden Schmalzbroten und glänzend geputzten Äpfeln in der Proviantdose. Mit der Idylle scheint es in diesem reizenden Fremdenverkehrsort generell vorüber zu sein, wenn Renes Lieblingsonkel Robert in kleinen Portionen — und jeden Sommer immer ein bisschen mehr - aus dem Leben von Renes Familie erzählt —