Sie erreichte uns nicht in Kapiteln
chronologisch
wie es üblich ist
sie erreichte uns nicht von Anfang an
von der Wiege an
von den ersten Schultagen an
wir entdeckten sie nicht in Büchern
als Spielzeug in Cornflakes-Packungen oder
ähnlichen Dingen
sie zeigte sich grausam und egoistisch
versteckte sich wie eine Diebin
und verwehrte uns Aufklärung und Teilhabe.
Sie erreichte uns in unbekannten Sprachen
bruchstückhaft
in der Version der Feinde
mit deren Gesichtern und deren Wahrheiten
schmutzig ... leer
zerhackstückelt
sie erreichte uns in Fetzen
barfuß
von Kugeln durchsiebt
und gedemütigt, als wir sie aufsammelten.
Wir mussten aufbrechen
wie mutige Kriegerinnen, um sie heimzuholen
ihr die Tränen abzuwischen
und die Hände
sie neu einzukleiden
und mit Stolz zu erfüllen
ihr die Knie abzuwaschen
und als wir fertig waren
stellten wir sie in die Sonne
und jetzt strahlt unsere Geschichte
leuchtend
stark
und bewegt sich seither
mit geradem Rücken
und erhobenem Haupt.
Ich entdeckte plötzlich unter meinen Ahnen
eine Großmutter
eine Frau
eine lange Reihe singender Mütter
und eine von ihnen gesäte Schwarze Erde
und ich wuchs heran
und wurde groß wie die Sterne
und weit wie die Wege
und fand mich als Frau
als Schwarze Frau.
Auch ich habe einen Traum
und ich hüte ihn in der Spielzeugkiste der Kinder
und schreibe für ihn Gedichte über Tiere
und Pflanzen
und Reisen.
Und eines Morgens
fand ich ihn in der Wiege
mit Händen
und Haaren
und Spielzeug
und Hoffnungen
und einem Leben
voll von seinen eigenen Exkrementen
und ich reinigte ihn
und ließ ihn wieder schwimmen.
Denn auch ich habe einen Traum
und er hat zu tun mit Martin Luther King
weil auch er Schwarz ist
und er wächst
er hat zu tun mit unserer Geschichte voller Siege
mit unserer Haut ohne Narben
mit unserem Schwarzsein, das wir täglich genießen
er hat zu tun mit Gott und seinen Dornen.
Er hat zu tun mit den Kindern
denn Tanisha
fragt täglich nach Afrika
und in ihrer Unschuld
fragen die Kinder, was Schwarzsein bedeutet.
Mein Traum wächst weiter
und füllt sich mit Geschichte.
Auch ich habe einen Traum
und ich möchte ihn teilen
und neue Kinder für ihn begeistern
weil es sich lohnt
weil von Träumen zu sprechen
sich anhört wie aufwachen
wie Ferien mit Kindern
wie Länder ohne Angst
denn wenn ich Traum sage
sage ich Morgen
sage aufwachen
und spreche von einem anderen Tag
der besser ist als der meiner Großmutter
und besser als meiner
denn wenn ich träume
träume ich
und wenn ich träume
lebe ich
und wenn ich lebe
liebe ich
und dann lieben und träumen
unsere Kinder
und erwachen
und singen
und träumen
und wenn die Kinder träumen
bekommen die Träume Worte
Worte, die lebendig werden
und wahr.