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Anton Peterka trat am 20. Oktober 1939 seinen Dienst im Fi¬
nanzamt Floridsdorf, damals lokalisiert in der Schiffamtsgasse
im 2. Wiener Gemeindebezirk, an. Nach seinem Vertrag vom sel¬
ben Tag wurde er vorübergehend für die Zeit des bestehenden
Notstandes als Notdienstpflichtiger nach den Bestimmungen der
Notdienstverordnung vom 15.10.1938, RGBI. I S. 1441, be¬
schäftigt, hatte wöchentlich 48 1/2 Stunden Arbeit zu leisten und
bekam dafür ein sehr bescheidenes Gehalt der Vergütungsgruppe
IX, mit 224 Reichsmark samt Kinderzuschlag.

Bei seinem Amtsantritt verlangte ihm der Verwaltungsführer
des Finanzamtes einen Eid dahingehend ab, dass er dem Führer
des Deutschen Reiches und Volkes Adolf Hitler treu und gehor¬
sam sein und seine Dienstpflichten gewissenhaft und uneigennüt¬
zig erfüllen werde. Eine Beamteneigenschaft, das wurde ihm
gleichzeitig eröffnet, werde durch diesen Eid nicht begründet. Wei¬
ters hatte er an Eidesstatt zu erklären, dass ihm trotz sorgfältiger
Prüfung keine Umstände bekannt seien, die die Annahme rechtfer¬
tigen könnten, dass er oder seine Ehegattin nicht arischer Abstam¬
mung sei, oder dass auch nur einer der Eltern oder Großeltern¬
teile zu irgendeiner Zeit jüdischen Religionen angehört haben.

Der neue Mitarbeiter war am Tage seiner Einstellung 34 Jahre
alt, verheiratet und wohnte im 14. Bezirk, Kuefsteingasse 18. Es
gab zwei Kinder, den elfjährigen Rudolf, den seine Gattin Hermine,
geborene Mack, mit in die Ehe gebracht hatte, und die erst ein
paar Monate alte Sonja.

Peterkas Vater war Schuhmachermeister gewesen, er selbst hat¬
te Volksschule, Bürgerschule und zweijährige Handelsschule ab¬
solviert und sich von 1922 bis 1939 als Maschinenarbeiter betätigt.
Zuletzt war er längere Zeit arbeitslos gewesen. Der SDAP, so gab
er im amtlichen Fragebogen an, habe er von 1924 bis 1928 als
Mitglied angehört, seiner Gewerkschaft von 1922 bis 1934. Seit
September 1939 war er Mitglied der NS-Volkswohlfahrt (NSV).

Von 11. bis 20. Dezember 1939 nahm Peterka an einem Kurz¬
lehrgang für Angestellte der Reichsfinanzverwaltung, Abteilung
Steuer, in Salzburg teil. Das von dem berühmt-berüchtigten
Staatsekretär Fritz Reinhardt persönlich unterzeichnete Zeugnis
darüber bescheinigte ihm, an den Vorträgen und Arbeitsgemein¬
schaften pünktlich und gewissenhaft teilgenommen zu haben.

Noch am Tag seiner Einstellung fragte der Vorsteher des Finanz¬
amtes schriftlich bei der NSDAP, Gau Wien, an, ob Bedenken po¬
litischer Art gegen diese Einstellung bestünden. Die Antwort der
Gauleitung, vom 7. Februar 1940, lautete, Peterka sei während
der Verbotszeit der Bewegung marxistisch ausgerichtet gewesen
und habe die NS auch nach dem Umbruch abgelehnt. Dem NSV
sei er nur beigetreten, um sich eine Stellung im Finanzamt zu si¬
chern. Darauf leitete der Vorsteher ein Kündigungsverfahren ge¬
gen Peterka ein. Er hatte aber am 11. März eine persönliche Rück¬
sprache mit dem Gauamtsleiter, mit dem Ergebnis, dass das Gau¬
amt sein Gutachten zurückzog. Mit einem neuerlichen Gutachten
vom 13. März attestierte es dem Peterka, er sei nunmehr bemüht,
den Anforderungen des nationalsozialistischen Staates gerecht zu
werden. Gegen eine Verwendung an untergeordneter Stelle wer¬
de deshalb kein Einwand erhoben. Am 15. März schrieb der
Vorsteher an den Gaupersonalamtsleiter, er habe Peterka eindring¬
lichst verwarnt und von ihm verlangt, bis 16. März 1940 nach¬
zuweisen, „dass er für unsere Bewegung tätig ist.“ Peterka über¬
nahm eine Funktion als Blockwalter des NSV „Alt-Breitenlee“.

Am 28. Oktober 1940 erhielt Peterka eine Dienstbeschreibung.
Als Hilfsarbeiter in der Meldestelle sei er beschäftigt, seine

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Leistungen seien ausreichend, sein dienstliches und außerdienst¬
liches Verhalten sei einwandfrei, seine Einstellung zum natio¬
nalsozialistischen Gedankengut zweifelhaft. Insgesamt wurde sei¬
ne Leistung als durchschnittlich bezeichnet.

Am 11. Jänner 1941 richtete Peterka an den Herrn Oberfinanz¬
präsidenten in Wien die Bitte um einen Gehaltsvorschuss von RM
50, rückzahlbar in zehn Monatsraten. Er habe vor kurzem eine
aus Zimmer und Küche bestehende Wohnung zugewiesen erhalten,
die erst instandzusetzen sei. Das Ansuchen wurde abgewiesen.

Am 24. Juni 1941 schrieb der Vorsteher des Finanzamtes an
Peterka, und zwar mit Einschreibbrief an seine Wohnadresse:
„Wegen Ihrer kommunistischen Umtriebe sind Sie mit heutigem
Tage fristlos entlassen.“ Peterka, so teilte der Vorsteher dem
Oberfinanzpräsidenten mit, sei „von der Kriminalpolizei in Ver¬
wahrsam genommen“ worden. Am darauf folgenden Tag ver¬
ständigte der Vorsteher die Buchhaltung davon, dass das Gehalt
des Peterka einzustellen sei. Weil bereits am 15. das Gehalt für
den ganzen Monat ausgezahlt worden war, entstand „eine Über¬
hebung an Dienstbezügen im Betrage von 42,60 RM“, auf des¬
sen Rückforderung jedoch verzichtet wurde, weil er die Überhe¬
bung „in gutem Glauben bezogen“ habe. Am 6. Februar 1943 teil¬
te der Oberreichsanwalt beim Volksgerichtshof in Berlin dem Vor¬
steher des Finanzamtes Leopoldstadt mit, dass er mit heutigem
Tage die Einreichung der Anklageschrift gegen Peterka wegen Vor¬
bereitung zum Hochverrat beim Volksgerichtshof verfügt habe.

Am 14. April erkannte der Volksgerichtshof, 5. Senat, für Recht,
der Angeklagte habe vom Sommer 1939 bis Juni 1941 als führen¬
der kommunistischer Funktionär am Aufbau und Ausbau der
Organisation der illegalen KPÖ in Wien maßgeblichen Anteil ge¬
nommen, habe zu diesem Zwecke zahlreiche Besprechungen mit
anderen kommunistischen Funktionären abgehalten und an der
Herstellung und Verbreitung kommunistisch-zersetzender Schrif¬
ten mitgearbeitet. Der Angeklagte habe dem nationalsozialisti¬
schen Reich seinen Dank für die Befreiung aus jahrelanger Ar¬
beitslosigkeit dadurch abgestattet, dass er auf dessen Vernichtung
während des Krieges hinzuarbeiten sich bereit gefunden habe. Das
Schutzbedürfnis von Volk und Staat verlange gebieterisch die
Ausmerzung des Angeklagten. Er werde deshalb wegen Vorbe¬
reitung zum Hochverrat in erschwerter Form zum Tode und zum
Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte auf Lebenszeit verurteilt.
Das Urteil wurde allen Bediensteten des Finanzamtes nachweislich
zur Kenntnis gebracht, es ist am 1. Juli 1943 vollstreckt worden.

Im Juni 1945 sprach Hermine Peterka beim Leiter der Per¬
sonalabteilung der Finanzlandesdirektion für Wien und Nieder¬
österreich vor und überreichte ein Ansuchen um eine Opferrente,
das damals wegen Fehlens der gesetzlichen Voraussetzungen noch
nicht behandelt werden konnte. Der Personalchef scheint sich hier
im Ton vergriffen zu haben, es kam zu einer Pressepolemik im
„Neuen Österreich“. „Die Veröffentlichung des Falles“, berich¬
tete die Finanzlandesdirektion an das Staatsamt für Finanzen, „hat
das Personal einiger Finanzdienststellen veranlasst, Geldspenden
zu sammeln, die der Witwe zum Teil unmittelbar, zum Teil über
die Schriftleitung der Zeitung übermittelt wurden. Da diese
Vorgänge zu noch weiteren kritischen Bemerkungen in der Presse
führen könnten, erscheint nunmehr auch eine entsprechende Be¬
teiligung der Finanzverwaltung an der materiellen Unterstützung
der Witwe dringend geboten.‘ Den von der Finanzlandesdirektion
vorgeschlagenen Betrag reduzierte der zuständige Ministerialrat
im Staatsamt von 1.000 RM auf 500 RM.