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nige Vokabeln und Grammatiksätze bei. Peinlich die Unbeholfenheit erwachsener Männer zu beobachten, die Familienväter sind, voll eingebildeter Autorität, die jetzt nicht einen Satz nachsprechen können. Zynisch gemein den einzigen Ghettojuden über Gott sprechen zu hören, mit billigem Geschichtsatheismus, dafür voll Wissens über alle Fußballmannschaften Wiens, die großen Matchs. Was hat er verloren und was gewonnen? Täglich kommen neue Eingelieferte und werden Trupps zum Abtransport gebildet. Wohin weiß keiner. Montag ist die Nervosität aufs Höchste gestiegen. Zuweilen geht einer von uns zur Eisentür und ruft: Ich bin unschuldig! — Es soll ein Scherz sein, hat aber doch einen rebellischen Unterton. — Abends ist immer letzte Kontrolle. Man zählt uns wieder und ein kleiner Beamter prüft mit einem Schlegel die Eisengitter der Fenster, macht einen synkopischen Lärm, ob nicht eines durchsägt wäre... Schon Stunden vorher hört man seine täglich-verblödende Arbeit aus allen Stockwerken und Zellen. [...] Plötzlich zerreißt die neuntägige Gemeinschaft. Wütend und voll Tränen stehe ich am Gitter und nehme einsam Abschied von meinem ersten realen Kerker; umarme gerührt den zurückbleibenden Sprachlehrer, unfähig des Sprechens, übermannt von Rührung drücken wir uns die Hände. Dann ist alles vorbei. Man wird fortgerissen, muß seine Kotzen und Kannen und Bündel herunterschleppen. Trifft unten neue Ankömmlinge, Bekannte, die schon nach einem Tag mitkommen und sich nun die Kerkerzeit ersparen. Wieder werden wir versammelt; erhalten Geld und Schmuck, deponierte Gegenstände zurück und kommen zu fünft, meist völlig fremd, in die Abgangszellen. Alles ist wie am Anfang. Man hat alles verraucht und belästigt einander mit allem. Letzte Nacht. Zu fünft in Zellen. Ich ohne Strohsack richte mich auf meinen Decken unter dem Fenster ein. Ich liege fast die ganze Nacht wach, da ich weiß, daß wir um 3 Uhr bereit sein müssen. Viel früher schon wasche ich mich, bald erwachen die anderen. Die langen Stunden sind diesmal eine dunkle Leere, ein armseliges Daliegen und Nachobenstarren; harter Druck an der Schulter, ein vergebliches Sichwenden; ein Glockenschlagzählen — jede halbe Stunde ein blecherner Anschlag. Was zwischen zwei solchen Schlägen gedacht wird, löst sich beim nächsten Schlag auf, als wäre es nur die Erwartung auf ihn gewesen... Man öffnet die Türen, alles versammelt sich. Unterdrückter Lärm von 30 Leuten. Wir liefern Decken und Kannen ab; kommen wieder in den großen Raum, erhalten unser Bargeld ausbezahlt, werden aus dem großen Verbrecherbuch gestrichen, entlassen und bekommen pro Mann einen Kiberer [Polizeibeamten] in Zivil zugeteilt, der jeden sofort am Rockärmel faßt und abführt. [...] Apulische Bauern in der Nähe des Lagers Alberobello 20.-21. Juni 1941 [...] Es war schon ganz dunkel, als wir im Hof des Trulligehöftes voll Hundegekläff eintreffen. Wir trugen den Eimer in die Küche. Finsternis, feuriges Flackern im Winkel, daneben gespenstische Schatten, das Auge musste sich erst gewöhnen. Es schien, als hätte die Finsternis Gestalt von Menschen und schmutzigen, rußigen Dingen angenommen, in dieser dämmerigen, urzeitlichen Höhle. Ich verstand die kehlige Sprache nicht. Ein junges Weib nahm den Eimer, schleppte einen tönernen Bottich heran, schöpfte Milch, literweise ein. Im Herdwinkel, einer offenen Stelle mit Rauchabzug: eine Schattengestalt, die sich langsam bewegte. Ein altes Weib, es ist die Mutter. Ich sah hin und konnte kein Gesicht entdecken. Nur ein Kleiderbündel hatte sich in der finsteren Nische ein wenig verschoben und wieder ruhig. Ich versuchte mir das Leben dieses Weibleins in dieser Umgebung vorzustellen. Ich kam nicht über den Schauder, über das Entsetzen hinaus. Ich sah nur dorthin, wo ich sie sitzen wusste. Wie nah mag sie dem Tode sein und ihn einsehen, wie wir ihn alle einsehen lernen, wenn dazu die Zeit gekommen ist. Daß dies ein Leben sein kann: Sechzig Jahre in dieser Finsternis [...] Lager Campagna (in der Nähe von Eboli) — Rückständigkeit und soziales Elend. Hakel bleibt dort von Oktober 1941 bis März 1943. 2. Juli 1942 Sobald ich in der „Stadt“ bin, werde ich müde, bedrückt, verzweifelt, stumm. Kein südblauer Himmel fällt in meinen Blick, nur manchmal das Leuchten einer Hauswand. Irr streifich an den Gesichtern der Einwohner entlang: Kinder, Frauen, Alte. Da hocken sie auf den Schwellen, vom finsteren Hintergrund profiliert. Ein schmieriges Weib säugt ihr Kind; ihre Brüste hängen, zarte reine Haut, — das einzig Saubere in dem Schmutz. Daneben laust ein Weib das andre, das den zottig schwarzen Schädel in ihren Schoß gelegt hat... Eine Alte hat ein Kind auf den Knien: Vergeblich ihr Gesicht zu enträtseln. Es ist kindlich-dumm, die Augen winzig aus dem ledernen Hautgerunzel blinkend. Einige Kinder, auch Mädchen, haben kahle Köpfe, — das einfachste Mittel gegen Läuse und Krätze. Eine Hure, auf die unsere Leute schon aufmerksam wurden. Sie ist auf Urlaub. Oder — vielleicht hat sie Syphilis. [... unleserliche Stelle, vermutlich: In ihrem Engagement] hat sie täglich ein Dutzend Gäste. Hier ist sie „daheim“. Ihre Mutter hatte hier schon das gleiche Gewerbe. Dann treffe ich das magere, schwarze Weib, das einmal als ich hier vorbeikam, einen epileptischen Anfall hatte. Ein Dutzend Männer vermochten sie nicht zu beruhigen. Am ganzen Leib zitternd, versuchte sie sich loszureißen. Mit schäumendem Maul war sie herumgesprungen, hatte geschrieen. Jetzt ist sie ruhig, — nur ihre Augen funkeln fanatisch. Dann kommt mir ein Priester entgegen, ein Kreuz wird ihm vorangetragen. Dahinter ein kleiner, weißer Sarg mit ein paar selbstgefertigten Papierblumen besteckt. Mädchen und Frauen tragen ihn abwechselnd. Dann ein paar Kinder mit ihrer Mutter, die schon wieder einen Säugling am Arm trägt. Alles quält mich; Gesichter und Worte sind zudringlich, ich kann mich ihrer nicht erwehren und weiß nicht, was sie von mir wollen. Meine einzige Antwort ist Verzweiflung. Bericht eines Augenzeugen über die verheerende Bombardierung des Bahnknotenpunkts und Viertels San Lorenzo in Rom durch die Alliierten am 19. Juli 1943. (Die Anzahl der Getöten wurde auch von den Behörden zuerst viel höher angegeben; sie betrug etwa 1500.) Am Platz, abends, im Spätdämmer... Sonntag, nach dem AchtUhr-Bericht tritt jemand auf mich zu, schwankend, blaß, legt, wie um sich zu halten den Arm um meine Schulter und da erst 57