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bekannt, daß sie am 30. Jänner 1944 vom Gefängnis San Vittore in Mailand nach Auschwitz deportiert wurden. Maria Likarz wurde am 28. März 1893 in Przemysl, Westgalizien, geboren, ihr Vater war Ingenieur und unter anderem Miterbauer des Arlbergtunnels. Bereits mit sieben Jahren Vollwaise, kam sie in ein Klosterinternat.” Nach dem Besuch der Kunstschule für Frauen und Mädchen in Wien absolvierte sie 1911 bis 1916 die Kunstgewerbeschule bei Cizek, Löffler, Hoffmann und Adele Stark.'* Gleich anschließend an das Studium war sie, von Hoffmann empfohlen, an die Schule Burg Giebichenstein in Halle an der Saale als Leiterin der Fachklasse für kunstgewerbliche Frauenklassen der Abteilung Handwerk gerufen worden und begründete dort die Emailwerkstatt.'’ 1917 von Hoffmann zurück nach Wien an die Wiener Werkstätte geholt, gab sie danach bis 1920 weiter Sonderkurse in Halle. Maria Likarz gilt als eine der begabtesten Mitarbeiterinnen der Wiener Werkstätte, für die sie in fast allen Sparten, von Postkarten über Emailarbeiten zu Textilentwürfen, tätig war." Doch auch unabhängig von der Wiener Werkstätte hatte sie eine beachtliche Karriere vorzuweisen. Hier soll auch an Likarz als Gebrauchsgraphikerin erinnert werden, die als eine von wenigen Frauen Mitglied des Bundes österreichischer Graphiker war.” Während ihrer Tätigkeit für die Wiener Werkstätte bis 1932 trat sie mit Plakaten, Reklame und nicht zuletzt mit Postkarten hervor. Zugleich arbeitete sie auch für andere Auftraggeber. Sie hat während dieser Zeit auch einige Exlibris entworfen, die allerdings selbst den sonst so gut informierten Exlibrissammlern erst 1956 zur Kenntnis gelangten." Darüber hinaus wurde Likarz auch zur Gestaltung von Büchern herangezogen. Für den 1924 erschienenen Ratgeber Das schöne Heim für die Ausgestaltung und Einrichtung der Wohnung entwarf sie Umschlag und Einband sowie einige der kleinen Vignetten im Text. In diesem Band fanden auch Zeichnungen des bereits verstorbenen Dagobert Peche als Textvignetten Verwendung.” Die Gestaltung gerade dieses Buches kann als interessante Kombination ihrer Tätigkeit als Graphikerin und der als Innendekorateurin angesehen werden. Likarz war nämlich vor allem auch als Spezialistin für Wand- und Möbeldekoration gefragt. Neben der sogenannten Kaiserbar in Wien gestaltete sie die Erholungsräume einer großen Strickwaren- und Wollgarnfirma, eine Beschäftigung, der sie vor allem nach der Auflösung der Wiener Werkstätte verstärkt nachgehen sollte. Vor allem die Zusammenarbeit mit der Architektin Liane Zimbler war für alle Beteiligten erfolgreich. Neben Likarz hatte die Architektin noch weitere Kunstgewerblerinnen wie z.B. Hertha Bucher für Keramik und Öfen oder Anny Schantoch für Weberei für ihre Projekte herangezogen. In einer wirtschaftlich schweren Zeit konnte sich Zimbler mit ihren Mitarbeiterinnen besonders durch die Umgestaltung von Wohnungen profilieren. Als bekanntes Beispiel für diese Tätigkeit sei hier auf die von Foto: Privatbesitz AdolfLoos 1911 gestaltete Wohnung Goldmann verwiesen, die 1936 vom erwähnten, gut aufeinander eingespielten Team unter Beibehaltung der Großzügigkeit der Raumverhältnisse sowie der Originaleinrichtung neu gestaltet wurde.” Likarz beteiligte sich an zahlreichen Ausstellungen, die Kritiken, die zu ihren Arbeiten erschienen, waren immer sehr anerkennend bis wohlwollend.”! Maria Likarz-Strauß emigrierte 1938, nachdem sie noch kurz zuvor den Fragebogen für die Aufnahme in die Reichskammer der bildenden Künste ausgefüllt hatte.” Als Frau eines Juden wäre sie sicherlich nicht aufgenommen worden. Laut Polizeiunterlagen meldete sie sich am 30. November 1938 nach Italien ab. Sie emigrierte jedoch nicht direkt nach Italien, sondern reiste zunächst auf die Insel Koréula, auf der ihr Mann ein Haus besaß und wo sie früher Urlaub gemacht hatten. Ungeklärt ist noch, weshalb er selbst nach England emigrierte. Dort wurde er im Mai 1940 interniert.” Laut Scheidungsakt hielt er sich bis 1947 in London auf.” Ab November 1948 lebte er, anscheinend über Kanada eingewandert, in Earlville, N. Y., wo er eine Farm übernommen hatte.” Maria Likarz-Strauß selbst verbrachte die ersten Kriegsjahre auf der Insel Koréula zusammen mit einer Jugendfreundin in dem Haus ihres Mannes in Lumbarda.” Richard Strauß scheint seiner Frau Geld überwiesen zu haben. Als dies nicht mehr möglich war, lebte sie vom Verkauf verschiedener Dinge, z. B. wird sein Mikroskop oder auch der Schiffsmotor erwähnt.” Nach der Besetzung der dalmatinischen Küste durch die Wehrmacht im Herbst 1943 konnte Likarz über das Meer nach Apulien zu den Alliierten fliehen. Spätestens Mitte Jänner 1944 dürfte sie sich in Bari befunden haben, wo sich die Displaced Persons Sub-Commission um Ausländer und Staatenlose kümmerte.”* Maria Likarz-Strauß kannte Alfred (Fred) von Baldass, der wie sein bekannter Cousin Ludwig von Baldass Kunsthistoriker 63