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die mexikanische Vertretung beim Völkerbund.
Aus Genf berichtete er dem mexikanischen
Staatschef Cardenas, dem er als Freund dien¬
te, ausführlich über die sich verdüsternde
Lage in Mitteleuropa. Wie aus seinem per¬
sönlichen Rechenschaftsbericht „Por un
Mundo Libre”, als Buch 1943 in Mexiko-Stadt
erschienen, hervorgeht, sah Fabela die eu¬
ropäische Lage schonungslos realistisch.
Insbesondere die Gefährdung Österreichs, in¬
tern geschwächt vom Bürgerkrieg 1934, wur¬
de vom Mexikaner deutlich diagnostiziert.
Als die Interventionsdrohung seitens des na¬
tionalsozialistischen Deutschland sozusagen
über Nacht wahr wurde, hatte Isidro Fabela
den Text einer Protestresolution fertig im Kopf.
Diese sollte ursprünglich weitere lateiname¬
rikanische und europäische Staaten zu
Wortmeldungen motivieren, um das Thema der
Okkupation Österreichs auf einer der kom¬
menden Sitzungen der Völkerbundversamm¬
lung aufzubereiten. Dieses eigentliche Ziel
Fabelas konnte freilich von der Außenpolitik
des Deutschen Reiches vereitelt werden. Auch
schloß sich kein weiteres Völkerbundmitglied
dem mexikanischen Protest an. Dies kann je¬
doch der Würde der mexikanischen Demarche
keinen Abbruch tun. Auch handelte es sich kei¬
neswegs um eine belanglose Geste, sondern
Fabelas Protestnote zeitigte als sofortiges
Ergebnis, daß Mexiko den Anschluß nie zur
Kenntnis nahm — was Exilösterreichern in
Mexiko viele Erleichterungen ihres Emigran¬
tenschicksals brachte.

Den Entwurf der Protestnote kabelte Fabela
am 17. März nach Mexiko-Stadt, wo ihr Inhalt
in einer spanischen Fassung prompt freige¬
geben und sowohl in Mexiko als auch in ganz
Lateinamerika als Agenturmeldung verbreitet
wurde. Mexikos — ziemlich furchtsamer —
Außenminister (General) Eduardo Hay gab
den Wortlaut kürzelartig in einem mit 18. März
1938 datierten Telegramm nach Genf frei, ließ
allerdings eine kritische Passage Fabelas über
die Schuschnigg-Regierung weg (,,... ande¬
rerseits vertreten die Behörden, welche die
vollziehende Gewalt preisgaben, keineswegs
das österreichische Volk, das sicherlich den
Tod seines Vaterlandes als eine düstere
Tragödie ansieht ...”) Fabela beließ diesen
Satz dennoch in der (selbstgetippten) franzö¬
sischen Fassung, die als zweiseitiger Brief mit
Datum des 19. März 1938 dem General¬
sekretär des Völkerbundes, Joseph A. Avenol,
übergeben wurde. (MdZ Nr. 1/1998, S. 21).

Verstreutes

Eine Gartenhütte der Firma Baumax wurde
unter dem Namen „Mauthausen“ angeboten.
Die Firma zeigte sich einsichtig. Nach Pro¬
testen erhielt das Holzhäuschen nun den Na¬
men „Freistadt“.

Rezensionen

Bernhard Kuschey

Eine Leseempfehlung

Wenn man die zentralen Kanäle der Kon¬
sumkultur — Fernsehen und Presse — heuer zu
beobachten versucht, fällt auf, dass eine Flut
von Medienerzeugnissen über National¬
sozialismus und 2. Weltkrieg die 60jährige
Wiederkehr des Kriegsendes „feiert“. Der ein¬
schlägige Fundus ist groß. Den herrschenden
Herren und ein wenig auch den Damen des
NS-Regimes wird in „letzte“ Winkel gefolgt.
Zu einer Zeit, in der die 1933-1945 tätige
Generation beinahe komplett verstorben ist,
wird ein eigenartiges mediales Feuerwerk
„für“ ihre Enkelgeneration abgefeuert, aber
warum soll sich diese mit „Hitlers Familie“,
„Hitlers Frauen“, „Speer und Er“ etc., etc. be¬
schäftigen? Selbstverständlich wird alles mit
dem Grundtenor „freedom and democracy“
vorgetragen, aber es geht um Skandale, Ver¬
rücktheiten usw., ohne Anspruch auftragfähi¬
ge Interpretation. Der Medienbetrieb insze¬
niert Vorstellungen der leitenden Damen und
Herren darüber, was die „Massen“ konsumie¬
ren wollen, bringt ein macht- und zerstörungs¬
geiles Medienszenario hervor, das jede Aus¬
einandersetzung mit unserer kulturellen Basis
verkleistert. Dass in den Etagen, die erstaun¬
liche Tatsache, dass gute Dokumentationen re¬
lativ hohe Einschaltquoten haben und Absätze
finden, nicht adäquat wahrgenommen wird,
zeugt von Verachtung des Publikums. Den
Menschen wenig oder in erster Linie Schlech¬
tes zuzutrauen, ist heute nicht mehr so sehr
Merkmal einer elitären Hochkultur sondern
die Grundhaltung einer konsumistischen
Kulturindustrie.

Vor diesem Hintergrund verwundert das öster¬
reichische Jubeljahr 2005 nicht. Schon die
Addition der Feieranlässe — ‘45, ‘55 und ‘95
— mit dem Ziel der Darstellung eines einzig¬
artigen Erfolges, legt die Fallstricke der
Legitimationsgeschichte aus. Wo nicht Qua¬
litäten in ihren — noch dazu — großen Wider¬
sprüchen diskutiert werden, Ereignisse sum¬
marisch und legitimatorisch, damit quasi wi¬
derspruchsfrei behandelt werden, sind peinli¬
che Pannen vorprogrammiert. Eine glatte
Kulturindustrie kann gar keine entsprechenden
Symbole finden.

Als das offizielle Österreich die Befreiungs¬
feiern und die Gründung der 2. Republik wür¬
dig absolvieren wollte, kamen termingerecht
die Rülpser aus dem deutschnationalen Lager:
Die Existenz der Gaskammern wurde wieder
einmal ostentativ bezweifelt, und widerstän¬
diges Handeln in der Wehrmacht verun¬
glimpft. Deserteure wurden als „Kamera¬
denmérder“ und verbrecherisches Gesindel

hingestellt. Boshaft méchte man anmerken:
Braucht das offizielle Osterreich zu seiner
Selbstvergewisserung nach wie vor die
Deutschnationalen und Revanchisten?
Deutschnationalismus, Antisemitismus und
Faschismus in der ersten österreichischen Re¬
publik haben die Entstehung eines öster¬
reichischen Patriotismus verhindert, der die
schwarz-gelbe monarchistische Hypothek de¬
mokratisch überwinden und sich der natio¬
nalsozialistischen Gefahr erfolgreich hätte
stellen können. In dieser doppelten Niederlage
verlor Österreich zu viele Menschen an das na¬
tionalsozialistische Deutschland. Dass eine
Nation das Über- und Aufgehen eines be¬
deutsamen Teils ihrer Bürgerinnen und Bürger
in den Machtapparat eines anderen, noch da¬
zu massenmörderischen Staates kaum als Ab¬
fall von der eigenen Nation in ihrem zeithi¬
storischen Bewusstsein realisiert, ist bemer¬
kenswert.

Das zweite demokratische Österreich hat sei¬
ne Lebensfähigkeit bewiesen, hat erstaunli¬
chen Reichtum, Wohlfahrt und ein gewisses
nationales Selbstbewusstsein geschaffen, aber
steht es auf der sicheren Basis eines demokra¬
tischen Patriotismus? Die bürokratische Inte¬
gration der ehemaligen Nationalsozialisten war
keine Auseinandersetzung mit ihrem Tun. Um
sie wurde bald nach 1945 gebuhlt, eine Abar¬
beitung fand nur kurz statt und der Integration
der Nazis wurden die Lehren der Verfolgten
geopfert. Die 1980er und 1990er Jahre führten
zu einer eigenartigen erinnerungspolitischen
Spaltung der österreichischen Gesellschaft:
Als die Kinder der Kriegsgeneration das poli¬
tische und kulturelle Handeln übernahmen,
wurde einerseits erstmals eine breitere
Auseinandersetzung mit der nationalsoziali¬
stischen Vergangenheit möglich und anderer¬
seits kam es zu dem Höhenflug der FPÖ.
Verständnis und Versöhnung war 1945 nicht,
erst unbelastetere Generationen bringen ein
Eingeständnis von Verantwortung und Schuld,
sowie Entschädigungen zustande. Diese Ver¬
söhnungsschritte sind nur über Wissen und
Kenntnisse möglich, wenn dies fehlt, verkom¬
men Versöhnungsambitionen zu Ritualen,
Feierstunden, Finanzfeilschereien und Rechts¬
streitigkeiten. Der zivile Kampf um die Erin¬
nerung und demokratische sowie soziale Per¬
spektiven einer Gesellschaft ist niemals end¬
gültig entschieden. Ohne Wissen über die Ge¬
schichte des 20. Jahrhunderts und ihre Kata¬
strophen und Zivilisationsbrüche wird keine
Weiterentwicklung möglich sein. Ohne Kon¬
fliktfähigkeit wird kein gemeinsames Europa

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