zur Unterstützung der Sowjetunion auf und wird '1942 Sekretär des „Free
Austrian Movement“ im Nahen Osten; Kontaktstelle für den österreichischen
Widerstand von der Sowjetunion über die Türkei nach Großbritannien. Mit
seinem Freund, den Musiksoziologen Kurt Blaukopf - beide beschäftigen sich
intensiv mit der nationalen und kulturellen Identität Österreichs - entsteht der
Plan, eine Kulturzeitschrift „Erbe und Zukunft“ in Österreich herauszugeben.
1946 nach Wien zurückgekehrt, schließt sich W.V.-V. der KPÖ an, baut die
Buchhandlung im Trattnerhof auf und führt seinen Verlag weiter. Ein Konflikt
mit der Partei endet mit seinem Ausschluß. „Erbe und Zukunft“ hatam Verlags¬
ort Wien nur ein Jahr überlebt. Die Idee und Sehnsucht nach einer kulturellen
und politischen Verortung in Österreich war zerbrochen. Es folgt ein zweites
Exil, zunächst in der Schweiz und Jahre des Suchens nach neuer Existenz und
Ausdruck.
Jeder Mensch, jede Generation, jeder Künstler braucht sein „Da-da-Erlebnis“!
Will er nicht mit gekrümmten Rücken vor dem Nichts, vor der Hoffnungslosig¬
keit stehen. Die Beschäftigung mit dem Expressionismus und der Dada-Bewe¬
gung eröffnete Willy eine neue Welt. Er entdeckt das Gemeinsame von John
Heartfields Collagen, die er bereits in den 30er Jahren geschätzt hatte, dem
George Grosz-Album menschlicher Schreckensgestalten, dem schlicht-ernsten
Pathos Franz Masereels. Die Montage von disparatem Bildmaterial, das der
polaren Vielfalt der Wirklichkeit entnommen wird, ermöglicht die Durchbre¬
chung der Grenzen, der im Leben geschiedenen und verkarsteten Gegensätze.
Was unter der Kruste noch an Gefühl empfunden werden kann, soll sich in
Rebellion verwandeln: spielerisch und faustisch-rational.
„Wir bauten eine Brücke/vom Heute zum Morgen.Aber diese Brücke/hat das
andere Ufer nie erreicht. (...) Wir, die hilflos blieben,/ersticken fast am Ge¬
ruch/von Gewalt und Blut,/der von beiden Seiten wehte.“ (W.V.-V.: Glasnost I).
Unter der Brücke befinden sich zahllose aus Leitern gebaute Gerüste, die Land¬
und Stadtschaft durchziehen, Wegweiser durch Kafkaeske Verwaltungstempel.
Mit der Technik der Montage-Collage und Painting Collage fand Verlon sein
Ausdrucksmittel. Wo die Worte verbraucht sind und das Auge am abstrakten
Bild abgleitet, bietet die Montage die Möglichkeit, Strukturen flächig auszubrei¬
ten. Die eingestreuten Worte, Zitate und Übermalungen demonstrieren und
konfrontieren. Verlons Begriff realistischer Kunst ist keine eingedoste Absicht,
sondern stemmt sich gegen die sinnfällige Welt, ein Focus der künstlerischen
Subjektivität, der sich selbst im Bild aussetzt.
Die Geburt des André Verlon und die Entblößung der heimischen Kunstszene,
als der vermeintliche Franzose sich als der Verleger Willy Verkauf herausstellte,
provozierte zwar einen Kunstskandal -, ohne daß er sich fürs erste einen Platz
im Österreichischen Kunsttempel der Moderne erobert hätte.
Seit 1973 ist W.V.-V. wieder in Wien seßhaft geworden. Neben dem Glück, nach
dem Tod seiner ersten Frau hier einer neuen Liebe zu begegnen, war es wohl
auch die Hoffnung auf Veränderung in diesem Land, das einem Sozialisten,
Exilanten jüdischer Herkunft den politischen Vorrang gegenüber einem „echten
Österreicher“ (ÖVP-Wahlplakat für Dr. Josef Klaus) gegeben hatte. Die Rück¬
kehr bedeutete auch Wiederaufnahme der antifaschistischen Tätigkeit, der Aus¬
einandersetzung mit dem Antisemitismus und einen verstärkten Zug zu kultur¬
politischem und schriftstellerischem Engagement. Diesem Movens verdankt es
die Theodor Kramer Gesellschaft, ihn als Vorsitzenden gewonnen zu haben.
In seiner Ausstellung im Künstlerhaus sind retrospektiv Teile seines Werkes zu
sehen sowie neue Wien-Collagen. Sie zeigen das mittelalterliche Wien mit
eingesprengten Pflasterstein-Mauern, das sich um den die gotischen Stacheln
hervorreckenden Steffl konsolidiert — ein Sinnbild unschuldiger Abwehr.
Ich sehe W.V.-V. in seinem praktischen und rationell eingerichteten Atelier, wie
er geduldig Bilder zeigt und erklärt und dabei in gespannter Neugier auf die
Fragen seiner BesucherInnen wartet. - Und die Bäume, die er als Gärtner in
den 30er Jahren in Tel Aviv gepflanzt hatte. - Ein Teil dieser Bäume wurde
vernichtet, die Wurzeln zubetoniert. Andere sind hochgewachsen und Schatten¬
spender.