OCR
Gedenken für Oskar Jellinek in Raach, Niederösterreich Die kleine Berggemeinde Raach am Hochgebirge nächst Gloggnitz, in der Region Niederösterreich-Süd - Semmering, Rax, Schneeberg - in 800 Meter Seehöhe gelegen, bewahrt das Andenken an Oskar Jellinek. Kommt man mit dem Autobus vom Bahnhof Gloggnitz nach wunderschöner Fahrt an der Burg Wartenstein vorbei in Raach an, sieht man gleich am Gebäude des Gemeindeamtes die Gedenktafel: Oskar Jellinek 1886 — 1949 Dem Dichter der “Raacher Silberfeier” Der hier oft und gerne weilte. Diese Tafel ist am 14. August 1988 in Anwesenheit zahlreicher Ehrengäste, an der Spitze Hans Weigel und Elfriede Ott, von Bürgermeister Robert Stranz enthüllt worden. Ermöglicht hatte dieses kleine Denkmal für einen aufrechten Österreicher die Kulturabteilung der Niederösterreichischen Landesregierung. Auf meine Initiative hatte sich der ambitionierte Bürgermeister Stranz Landwirt auf der Sonnleiten - sehr für dieses Gedenken eingesetzt. Der Tag der Tafelenthüllung wurde mit Frühgottesdienst und Frühschoppen ein richtiges Volksfest. Aus Anlaß des 40. Todestages Jellineks errichtete die Gemeinde Raach am 12. 10. 1989 ein Sonderpostamt mit Sonderstempel und Jellinek-Briefumschlägen. Richard Thieberger Oskar Jellinek (1886 - 1949) In Oskar Jellineks Biographie sind mehrere Phasen zu unterscheiden: seine Kindheit und Jugend in Mähren (bis 1904), sein Jus-Studium und die Gerichtsjahre in Wien, zuletzt als Richter am Bezirksgericht in der Brigittenau, wo übrigens auch Anton Wildgans kurze Zeit Richter gewesen ist. Beide Dichter haben dann dieselbe Entscheidung getroffen: die Quittierung eines Amtes, das der Ausübung ihrer künstlerischen Tätigkeit, zu der sie sich berufen fühlten, abträglich gewesen wäre. Dann kamen für Jellinek die Militär-Jahre des Ersten Weltkrieges, gefolgt von einer verhältnismäßig ruhigen und glücklichen Zeit in Wien, die zwei Jahrzehnte währen sollte, bis 1938. Die Emigration brachte dann Oskar Jellinek und seine Frau Hedwig über Brünn und Paris nach New York und schließlich nach Los Angeles, wo der Dichter, der eine Rückkehr trotz einer geradezu überwältigenden Heimatliebe nie ernstlich ins Auge gefaßt hat, am 12. Oktober 1949 gestorben ist. Seinen Nachlaß hat seine Witwe dem Literatur-Archiv in Marbach am Neckar geschenkt, wo er der Forschung zugänglich ist. Die allgemeine Begeisterung für das Wiener Burgtheater, dazumal weltweit als erste Bühne deutscher Sprache anerkannt, wurde nicht nur von Canettis Eltern in Sofia, sondern auch von Jellineks Vater in Brünn geteilt. So zählten die Theaterbesuche in Wien zu den stärksten und nachhaltigsten Eindrücken Oskar Jellineks, die ihm die Kulturmetropole an der Donau zu bieten hatte. 1907 erschien sein erstes Buch, Das Burgtheater eines Zwanzigjährigen, ein Jahr zuvor verfaßt. Der Verbundenheit mit dem Theater entsprach auch Jellineks Vorliebe für das dramatische Schaffen. Das gesprochene Wort sollte für ihn auch später immer den Vorrang vor dem geschriebenen behalten. So war auch seinen Eigenvorlesungen stets die größtmögliche Wirkung beschieden. Doch lebte Jellinek bescheiden und zurückgezogen, fern allen literarischen Moden. Wenn ein Theater sich bereit erklärte, eines seiner Dramen mit auch nur geringen Veränderungen aufzuführen, lehnte der Dichter jeden Eingriff ab und zog das Stück zurück. So war seine Dichterexistenz in den ersten Nachkriegsjahren nur einer sehr beschränkten Anzahl von Freunden und Vertrauten bekannt. Das wurde mit einem Schlag anders, als ihm bei einem Preisausschreiben des Velhagen und Klasing-Verlages für seine Novelle Der Bauernrichter unter zweieinhalbtausend Einsendungen der erste Preis zugesprochen wurde. Damit war sein weiterer Weg vorgezeichnet. Man erwartete nun vor allem Novellen von ihm. Und er blieb dieser Form auch treu, die er wie kaum ein anderer meisterte. Er fühle sich, sagte er mir später einmal, wie ein Dramatiker, der im Exil der Novelle lebte. Ausschlaggebend mag dabei auch der Umstand gewesen sein, daß der nun als Meister der Novelle allgemein anerkannte Autor keine Änderungsvorschläge vom Verleger zu gewärtigen hatte, wogegen ein Dramenmanuskript so manchen Einflüssen ausgesetzt ist, bevor es auf die Bühne gelangt. 1926 erschien Die Mutter der Neun. Diese zweite Meisternovelle handelt vom Aufstand der protestantischen Bauern Oberösterreichs und dessen grausamer Unterdrückung durch die Gegenreformation. Auch hier sind die Ereignisse hochdramatisch und der Ausgang tragisch. Zwei Jahre später folgte die Erzählung Der Sohn, die Lebensgeschichte des Richard Maria Gabriel, dessen Mutter eine jüdische Gastwirtin war. Was seinen Vater betrifft, so erfahren wir nur, “daß für Richards Leben ein ziemlich allgemeines Gerücht die Verfehlung eines jungen Priesters verantwortlich machte, der, damals täglicher Gast in der Gabrielschen Wirtschaft, Neigung zur Wirtstochter gefaßt hatte.” Gabriel, sofort nach der Geburt getauft, besucht ein katholisches Gymnasium und will Priester werden. Sein seelischer Konflikt, den Jellinek sehr konzentriert und hochdramatisch darstellt, d.h. von einem Freund und Mitschüler Gabriels darstellen läßt, führt zum Selbstmord. Das Einfühlungsvermögen in die religiöse Überlieferung sowie in ihre verschie