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Die KOLONNE

25 tS 6 RT a DICHTUNG
II. JAHRGANG

Herausgegeben von A. Artur Kuhnert und Martin Rafchke

INHALT

Gedichte von Gottfried Auguft Bürger, Andreas Gryphius,
Adolf Baden, Walter Bauer, Peter Huchel, Theodor Kramer, Horft Lange,
Elifabeth Langgäffer, Johannes Lindner, Heinz Politzer,
Martha Saalfeld, Guido Zernatto und Georg von der Vring
Martin Rafchke, Zu den Gedichten Elifabeth Langgäffers
Die Fragmente des Heraklit von Ephesos, übertragen von Edlef Köppen
Martin Rafchke, Johanna, die Knechtin Gottes ,
“Otto Merz, Uber Romanfchlüffe
Aus Romanen von Emil Belzner, Gunnar Gunnarsfon,
Artur Kuhnert und Ernft Wiechert
Peter Anders, Die Einheit des Lebens
Griechifche Mythen
Buchbefprechungen, Notizen

WOLFGANG JESS VERLAG DRESDEN

In der von Martin Raschke und Arthur
Kuhnert 1929-32 im Verlag Wolfgang
Jess in Dreden herausgegebenen Zeit¬
schrift „Die Kolonne“ erschienen die fol¬
genden Gedichte Theodor Kramers:

Von den ersten Fahrrädern im March¬
feld

Roßkamms letzte Schenke

Mond

Rübe und Dorf

Nach der Auflassung eines alten Bahn¬
hofs

Anja

Blick aufs Weingebirg

Nach einem Wandertag

Die Pferde von Dellach

Das Reisighäcksel

Der Halter

An einem schönen Herbsttag möcht ich
sterben

Frühe Stunde im Hotel

Der letzte Abend

In diesen Tagen, da ich rasch schon
schwinde

Wenn man lange leidend ist

In die von Martin Raschke herausgege¬
bene „Neue Lyrischen Anthologie“
(Verlag Wolfgang Jess in Dresden 1932)
wurden auf den Seiten 43-47 folgende
Gedichte Theodor Kramers aufgenom¬
men:

Wenn ein Pfründner einmal Wein will
Blick aufs Weingebirg

Mond

Frühe Stunde im Hotel

In diesen Tagen, da ich rasch schon
schwinde

Norbert Weiß

Theodor Kramer und „Die Kolonne“

In den letzten Jahren der Weimarer Republik gibt der Schriftsteller Martin
Raschke (1905 — 1943) gemeinsam mit Arthur A. Kuhnert in Dresden die
auflagenschwache, aber in literarischen Kreisen hochgeschätzte Zeitschrift für
Dichtung „Die Kolonne“ heraus. Zwischen den verhärteten ideologischen und
literaturästhetischen Fronten agierend, zunächst gedacht als „Kampfblatt“
wider die Neue Sachlichkeit, fühlt sie sich in erster Linie dem Naturgedicht
verpflichtet, denn, so heißt es im programmatischen Geleitwort der ersten
Nummer aus dem Jahre 1929: „noch immer leben wir von Acker und Meer, und
die Himmel, sie reichen auch über die Stadt“; und: „Und noch immer lebt ein
großer Teil der Menschheit in ländlichen Verhältnissen, und es entspringt nicht
müßiger Traditionsfreude, wenn ihm Regen und Kälte wichtiger sind als ein
Dynamo, der nie das Korn reifte.“ Aber die Herausgeber beweisen trotz der
vorgegebenen „Marschrichtungszahl“ immer wieder Toleranz und ausgespro¬
chenes Gespür bei der Auswahl ihrer engeren Mitarbeiter; ja, vielleicht ist es das
eigentliche und bleibende Verdienst Martin Raschkes, der frühzeitig mit
Pampbhleten, gescheiten Essays, Erzählungen und dem Roman „Fieber der Zeit“
an die Öffentlichkeit getreten war, einer Vielzahl ganz unterschiedlicher lyri¬
scher Begabungen mit der „Kolonne“ das geeignete Podium geschaffen zu
haben, und daß es ihm, begabt mit dem Sinn für wirkliches Talent, immer wieder
gelang, völlig unbekannte, am Beginn ihres literarischen Schaffens stehende
Autoren zu ermutigen, sich mit Gedichten, Erzählungen und Hörspielauszügen
neben schon erfolgreichen und bekannten Dichtern vergangener Jahrhunderte
und der Gegenwart in seiner Zeitschrift zu präsentieren. Wie Günter Eich, Peter
Huchel, Walter Bauer und viele andere zählt schon bald Theodor Kramer zu den
namhaften Autoren, die regelmäßig mit Gedichten in der „Kolonne“ vertreten
sind. Sechzehn Gedichte immerhin erscheinen 1931 und 1932 in der Zeitschrift,
die zu abonnieren er selbst sich nicht leisten kann:

Meine ganz außerordentlich schlechte Wirtschaftslage, durch dauernde Krankheit
bedingt, erlaubt es mir nicht, die Kolonne zu abonnieren. Ich hätte aber doch gern
Einblick in die letzten Hefte, wenn sich das machen läßt. (Brief an Martin Raschke
vom 19. April 1932)

Offenbar postwendend erhält Kramer vom Dresdner Jess-Verlag die gewünsch¬
ten Hefte, denn schon am 24. Mai des gleichen Jahres schreibt er voller Zustim¬
mung an Raschke, was das Profil der Zeitschrift betrifft, ohne dabei auf grund¬
sätzliche kritische Bemerkungen, die einzelne Aufsätze und im besonderen die
naturmagischen Gedichte Elisabeth Langgässers betreffen, zu verzichten:

Auf das Äußerste befremden mich stets Beiträge, die von Pan, Jupiter, Europa,
Leda usw. handeln. Ich habe einige Jahre meines Lebens nur rezeptiver Beschäf¬
tigung gewidmet. Aber ich kann kaum glauben, daß heute diese Symbole in uns
so lebendig sein sollen, daß sie das direkte und primäre Gefühl und nicht ein
Umweg über eine literarische Erblast - meinetwegen auch Erbsünde sein sollen.
Schlechthin vermag ich dies für junge Menschen kaum zu glauben und noch
weniger, daß Andere solche Gedichte tiefnachzuempfinden vermögen. Ansonsten
gefällt mir die Kolonne immer besser ...

Raschke hatte den Langgässer-Gedichten einen einfühlsamen und zustimmen¬
den Aufsatz vorangestellt, in dem er sich zunächst stark beeindruckt zeigt „vom
Gefühl der Berauschung an der fiebernden Hochzeit aller Wesen“ in den Ge¬
dichten der Autorin (was immer damit gemeint sein mag), später allerdings
resümiert: „... und so kommt es, daß wir bisweilen ihre (Langgässers) Gedichte
nur als eine Wiederholung verblichener Inhalte empfinden, die mehr Wissen zum