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Vorläufig experimentiert sie noch: ,,Russian Fairytale“ zu Musik von Mussorgsky, ,,The Selfish Giant“ nach Oscar Wilde mit Musik von Tschaikovsky und ,,The Emperor’s New Clothes“ nach Hans Christian Andersen mit Musik von Mozart. Diese Ballette erarbeitet sie mit ihren SchiilerInnen. 1945 bereitet sie die Einrichtung eines eigenen Tanzstudios vor. Ein Problem ist, daß die indischen Männer sich unter einer „Tänzerin“ eine Prostituierte der Vergangenheit, eine Tempeltänzerin vorstellen. Auch dafür gab es eine Lösung: „For Ladies Only!“ Hilde Holger baut eine neue Tanzgruppe auf und tanzt, wie schon in Wien, mit ihren SchülerInnen auch im Freien, an der Juhu Beach, dem Strand von Bombay. Choreographische Studien entstehen „Amazons“, „Dance with Cymbals“, auch ein Solotanz „Annunciation“. Besonders beeindruckend waren für Hilde Holger die Einladungen an den Hof des Nabob von Haidarabad und an den Hof der Prinzessin von Bhopal. Viel weiß sie zu erzählen über die völlig andere Einstellung dieses Kulturkreises zu ihrer Kunst, den Problemen, Schwierigkeiten und Anstrengungen, aber auch und vor allem von den großartigen Eindrücken, die sie später in ihre Arbeiten einbezieht. Die schrecklichen Massaker der Glaubenskämpfe zwischen Moslems und Hindus, die Ermordung Ghandis, sie veranlassen das Ehepaar, nach England zu gehen. Im September 1948 kommt Hilde Holger mit ihrer zweijährigen Tochter Primavera in Liverpool an, weiter geht es nach London. Die Familie richtet sich zunächst in Hampstead ein, Hilde Holger unterrichtet in einer aufgelassenen Kirche. Als sie hier für ihre ,,Modern Dance“ -Kurse inseriert, stößt sie abermals auf Mißverständnisse — damals verstand man darunter in England Gesellschaftstanz. Sie mußte den Unterricht in „Modern Ballet“ umbenennen. 1949 wird ihr Sohn Darius — geistig behindert — geboren. In dem Club, in dem Darius tagsüber untergebracht ist, beginnt sie mit ihrer Arbeit mit Behindertengruppen. Ihre erste große choreographische Arbeit in diesem Bereich ,,Towards the Light“ wird 1969 im „Sadlers Wells Theatre“ uraufgeführt. Zwei ihrer Schüler, Carl Campell und Wolfgang Stange mit seiner Gruppe „Amici“ , entwickeln ihre Arbeit auf diesem Gebiet weiter. Eine letzte Übersiedlung nach Camden Town bringt das Studio ins Haus. Sie findet neue Auftrittsmöglichkeiten in Kirchen wie St. Martins in the Fields und erregt Aufsehen durch ihre Creation of Adam and Eve“ zu Musik von Messiaen, die in der St. Philip’s Church in Battersea aufgeführt wird. In der Zeit war ihre Ehe auseinander gegangen, ‚‚vielleicht lag es am Ost/West-Unterschied“. Hilde Holger beginnt die Eindriicke ihres Lebens zu verarbeiten: Noch einmal das Thema ,,Bauhaus“, ,,Rhytm of the East‘, ,, Tibet“, „Apsaras“ in Erinnerung an die Marmortänzerinnen eines Tempels bei Mount Abu, „Shiva and the Grasshopper“, „Renaissance“, „Men Against Flood“, ,,Ballad of the Hanged“... Neue SchiilerInnen wie Lindsay Kemp und Liz Agiss, ihre begabtesten, kommen. Sie ist stolz auf sie, die ihren Weg weitergehen, und das macht sie glücklich. Mit zweiundachtzig Jahren heiratet sie ihren Mann ein zweites Mal. In finsterer Zeit hat Hilde Holger ihren schöpferischen Optimismus stets bewahrt. Über Hilde Holger gibt es ein sehr gut gestaltet Buch: Die Kraft des Tanzes, Hilde Holger. Wien— Bombay - London. Hg. von Denny Hirschbach und Rick Takvorian. Bremen; Zeichen + Spuren 1990. 95 $. „Die Kraft des Tanzes“ heißt auch die Ausstellung (zusammengestellt von Denny Hirschbach unter Mitarbeit von Jarmila Weißenböck), die während des Symposiums ‚Frauen im Exil“ in den Räumen des Österreichischen Theatermuseums gezeigt wird. Hilde Holger, ,, Bewegungsstudie“. Foto: Antios, Wien 1926. (Österreichisches Theatermuseum, H ilverding-Stiftung) 23.