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„Deutsche Lyrik aus Österreich seit Grillparzer“ und „Briefe der Liebe. Dokumente des Herzens“. 1919 ging Hoffmann wieder nach Prag und wurde dort Vertragsbeamter des Außenministeriums, das ihn 1921 als Presseattaché nach Berlin sandte. Er unterschätzte, wie im Tagebuch genau nachlesbar ist, die Bedrohung durch den Nationalsozialismus und bekam absurderweise noch 1937 von Hitler das Deutsche OlympiaEhrenzeichen zweiter Klasse verliehen. Vielen Schriftstellern verhalf er ins Exil oder rettete ihre Bibliotheken. In Erinnerung blieb besonders seine vergebliche Intervention bei der Gestapo gegen die Beschlagnahme des Teilnachlasses Franz Kafkas, den Dora Dymant aufbewahrt hatte. Noch Ende 1938 reiste er zu seiner Tochter, der Kunsthistorikerin Edith Yapou Hoffmann, die heute in Israel lebt, nach London und übergab ihr Teile des vorliegenden, erstmals publizierten Tagebuchs. Im Jänner 1939 wurde er pensioniert und ging zurück nach Prag. Er erwog die Auswanderung nach England und verschob diese immer wieder wegen der Regelung seiner Pension. 1939 schrieb er noch einige Artikel, unter anderen über ‚Die Juden unter den Tschechen“, die er vergebens zu veröffentlichen versuchte und die in dem vorliegenden Band ebenfalls erstmals publiziert werden. Im April 1942 wurde Hoffmann zusammen mit seiner Frau nach Theresienstadt deportiert, wo er Vorträge über tschechische Literatur hielt, kulturelle Veranstaltungen organisierte und in der sogenannten Pressestelle des Lagers tätig war. Im Oktober 1944 wurde er mit dem letzten, vom Rabbiner Murmelstein zusammengestellten, für Prominente bestimmten Transport nach Auschwitz deportiert und dort durch Giftgas ermordet. Der Herausgeber betont zurecht den zeithistorischen Wert des Tagebuchs, das ,,es tiber die Masse ich-fixierter, in weiten Teilen belangloser Memoirenliteratur hinaushebt“. Die Person des Autors tritt hinter den Schilderungen völlig zurück und ist doch in den sensiblen und humanen, den Zeitereignissen gegenüber so hilflosen Beschreibungen auf jeder Seite spürbar. Evelyn Adunka Camill Hoffmann: Politisches Tagebuch 1932 — 1939. Hg. und kommentiert von Dieter Sudhoff. Klagenfurt: Alekto Verlag 1995. 308 S. OS 296,-, DM 40,-. (Edition Mnemosyne. Hg. von A.A. Wallas und P.-H. Kucher. 4) Holocaust Studies Eine neue interdisziplinäre MA-Studienrichtung bietet die University of Sheffield ab Herbst 1996 an: Holocaust Studies, unter Berücksichtigung historischer, kultureller, literarischer und politischer Aspekte des Holocaust. Anfragen an: Dr. Sue Vice, Department of English Literature, The University, Sheffield $10 2TN, GB. Buchzugänge Hinde Bergner: In den langen Winternächten... Familienerinnerungen aus einem Städtel in Galizien (1870 — 1900). Mit einem Geleitwort von Isaac Bashevis Singer. Ubersetzung (aus dem Jiddischen) und Nachwort von Armin Eidherr. Salzburg: Otto Miiller Verlag 1995. 141 S., 6S 298,- (Jiddische Bibliothek. Hg. von Armin Eidherr). Richard A. Bermann alias Arnold Höllriegel. Österreicher - Demokrat — Weltbürger. Eine Ausstellung des Deutschen Exilarchivs 1933 — 1945. (Begleitbuch zur Ausstellung. Verfaßt von Hans-Harald Müller und Brita Eckert.) München, New Providence, London, Paris: K.G. Saur 1995. 431 S. (Die Deutsche Bibliothek: Sonderveröffentlichungen. 22). Between Two Languages. German-speaking Exiles in Great Britain 1933-45. Edited by William Abbey, Charmian Brinson, Richard Dove, Marian Malet and Jennifer Taylor. Stuttgart: Akademischer Verlag Hans-Dieter Heinz 1995. 251S. \ Amy Colin/Elisabeth Strenger (Hg.): Brücken über den Abgrund. Auseinandersetzung mit jüdischer Leidenserfahrung, Antisemitismus und Exil. Festschrift für Harry Zohn. München: Wilhelm Fink Verlag 1994. 428 S. Ödön von Horväth: La Era del Pez. Traducciön de Eduardo Goligorsky, revisada por Héctor Orestes Aguilar. Prélogo de H. Orestes Aguilar. México: Ediciones Helidpolis 1995. 149 S. „Das Zeitalter des Fisches“ — mexikanische Erstausgabe von Horväths ‚Jugend ohne Gott“. Der mexikanische Essayist und Übersetzer Hectör Orestes Aguilar, ein sehr guter Kenner und Freund der österreichischen Literatur, betont in seinem Vorwort die ungebrochene Aktualität eines Buches, in dem gezeigt wird, wie Jugendliche sich in eine grausame Erwachsenheit einüben. Die Grausamkeit gegenüber anderen, muß man hinzufügen, verschafft dem in seiner Ohnmacht zerquälten Subjekt die Genugtuung der offensichtlichen Wirkung auf ein Objekt. Ein dezisionistisches Konzept der menschlichen Freiheit (gegen welches sich Horväth stemmt) scheint zu dieser Konsequenz zu führen. ‚Historisch gesehen“, schreibt Orestes Aguilar, ,,spiegelt Jugend ohne Gott die Welt jener deutschen Jungen, die dazu erzogen wurden, den Krieg als Mutter aller Dinge hinzunehmen.“ Es ist von einiger Ironie, daß im selben Verlag ‚Heliöpolis“, dessen Name ohnehin darauf anspielt, eine Hommage an Ernst Jünger zu dessen 100. Geburtstag erschienen ist. Martha Keil (Hg.): Jüdisches Städtebild Wien. Mit Fotografien von Erich Leonhard. Frankfurt/M.: Jüdischer Verlag im Suhrkamp Verlag 1995. 254 S., 6S 414,-, DM 56,„.. Nicht alle jüdischen Literaten haben auch über jüdische Themen geschrieben“, und außerdem wollte die Herausgeberin ‚nicht nur der Weltliteratur Platz einräumen, sondern auch die weniger Bekannten und zu Unrecht Vergessenen ... bringen.“ Nichtdestotrotz. ist die Auswahl konventionell: Schnitzler, Herzl, Kuh, Roth, Sperber, Canetti, Polgar, Hammerschlag, Zweig, Torberg, Grünbaum, Altenberg, Bettauer, Tabori, Drach... Dazu, von den eher Vergessenen und den Lebenden: Freundlich, Vogel, Waldinger, Klüger, Menasse, Rothstein, Rabinovici, Schindel. Eine Herrenrunde mit drei Damen. Leider konnte auf die unsägliche Witzelei Torbergs (respektive des anderen tapferen Vorkämpfers des Mannsgeschlechts Leo Perutz) über Eugenie Schwarzwald nicht verzichtet werden, die „Wiens höhere Töchter nach den modernsten Methoden in Halbbildung unterwies“. Überhaupt ergibt sich in derlei Sammlungen immer dieselbe Choreographie der jüdischen Literatur in Wien: 1. Kaffeehausliteratur bis 1938; 2. der Anschluß; 3. kritische Stimmen der Gegenwart. Friedrich Torberg mit seinen Anekdotensammlungen bildet stets das Scharnier zwischen damals und heute. Die Verkäuflichkeit des Buches hätte unter einer das Klischee der Kaffeehausliteratur vermeidenden Auswahl vermutlich. gelitten. Ein wenig hat die Herausgeberin ja auch gegen das Klischee rebelliert, aber zu wenig, viel zu wenig. Ludwig Laher: Unerhörte Gedichte. Baden bei Wien: Verlag G. Grasl 1995. 63 S., öS 90,(Lyrik aus Österreich. Hg. von Manfred Chobot. 63). Gabriele Mittag: „‚Es gibt Verdammte nur in Gurs“: Literatur, Kultur und Alltag in einem südfranzösischen Internierungslager. 19401942. Tübingen: Attempto-Verlag 1996. 321 S., 6S 503,-. Christa Nebenfiihr: Erst bin ich laut ... Gedichte. Baden bei Wien: Verlag G. Gras] 1995. 64 S., 6S 90,- (Lyrik aus Osterreich. 62). Elisabeth Reichart: Nachtmär. Roman. Salzburg: Otto Müller 1995. 244 S., 68 298,Hazel Rosenstrauch: Die Grazie der Intellektuellen. Natascha und der Faktor S. Mannheim: persona verlag 1995. 107S., 6S 185,-, DM 25,Joseph Roth: El Busto del Emperador/Jefe de Estaciön Fallmerayer. Traducciön de Javier Garcia-Galiano, resp. Alberto Vital y Marlene Rall. México: Ediciones Helidpolis 1995.71 S. „Die Büste des Kaisers“ und ‚Stationschef Fallmerayer“ in mexikanischer Erstausgabe. Dagmar Schumann: Sterne sind gefallen. Gedichte und Gouachen. Wolfen: Kunstzeitschrift des Künstlerbundes Wolfen e.V. 1995. (18 S.) Josef Strutz: Orgel des Sonnenlichts/Orglanje svetlobe. Gedichte/Pesmi. Zeichnungen/Risbe von Rudi Benétik. Klagenfurt/Celovec 1995. (28 S.) Der Autor, bekannt auch als Literaturwissenschaftler und Begründer des ‚Internationalen Robert-Musil-Sommerseminars“ in KlagenJurt, hat, beraten von Janko Messner, seine Gedichte selbst ins Sloweninische übertragen. Darin einiges über das Licht, wie es sich in der gemeinsamen Befindlichkeit menschlicher Kör43