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Konstantin Kaiser
Theodor Kramer, ein Spurenleger

Im Zitat ist er der Universitätsgermanistik und dem größeren Teil
des Lesepublikums immer noch nicht geläufig. Der große österrei¬
chische Dichter Theodor Kramer fällt den meisten, wenn überhaupt
nur unter dem Stichwort Theodor Kramer ein. Als ‚verhinderten
österreichischen Nationalautor“ hat ihn Daniela Strigl, Verfasserin
einer Kramer Monografie, bezeichnet. Denn in seinem Heimatland
verzeiht man Kramer nicht, daß er, aus Österreich vertrieben, ein
Opfer des Nationalsozialismus, aus dem Exil nicht nur ohne inter¬
nationales Renommee zurückgekommen ist, sondern vielmehr als
einer, der ‚in den mitleiderregenden Zustand geraten ist, sich nicht
mehr selber helfen zu können“, der also, statt seinen Landsleuten zu
nützen, wie es sich für einen Emigranten gehört, dem Staat am Ende
sogar zur Last gefallen ist. Hätte er nur wirklich etwas angerichtet,
eine Ode auf Hitler geschrieben, wie der österreichische Dichter
Weinheber, hätte man ihm in seiner Heimat verzeihen können. Aber
wie soll man jemandem verzeihen, wo es nichts zu verzeihen gibt?
Mag sein, daß seine Landsleute mit ihm keine Schwierigkeiten
hätten, hätte ihn nicht die große österreichische Schriftstellerin Hilde
Spiel, die selber im Exil gewesen ist, als ‚‚groß, geplagt, einzigartig,
unvergessen“ und der große österreichische Schriftsteller Carl
Zuckmayer ‚‚als den stärksten Lyriker Österreichs seit Georg Trakl“
bezeichnet.

Nicht auszuräumen sind auch die Bedenken mancher Literaten
und von Teilen des Lesepublikums gegen die wenig innovativen
Formen der Kramerschen Poesie: gegen sein Festhalten an Reim
und Strophe, an der gebundenen Sprache der Verse. Warum
blieben diesem österreichischen Lyriker, einem Zeitgenossen
Pablo Nerudas und Jannis Ritsos’, die offenen Formen seiner
freieren Brüder aus anderen Ländern verschlossen? Vielleicht aus
persönlicher Subalternität, Unterwürfigkeit des an den sozialen
Rand Gedrängten gegenüber dem etablierten Kanon? Oder wußte
er sich an die Marktlage anzupassen, an die geringe Akzeptanz
des Ungereimten in Zeitungsredaktionen? Oder spiegelt der Man¬
gel an ästhetischer Souveränität im Werk Kramers ein Stück
österreichischer Misere wieder, eine Verstelltheit des Horizonts,
mehr noch in den Lebensperspektiven der Bewohner des Landes
als im intellektuellen Bereich?

Doch halten wir vorerst einige biographische Tatsachen fest:
Theodor Kramer wird 1897 in Niederhollabrunn, einem kleinen Ort
in der Nähe von Wien, geboren. Im Ersten Weltkrieg Soldat an der
Ostfront, wird er in der Westukraine schwer verwundet. Ein nach
dem Krieg begonnenes Studium bricht er ab und arbeitet eine Zeit
als Buchhändler und Vertreter. Der literarische Erfolg stellt sich
1928 ein, seine Gedichte erscheinen in fast allen Zeitungen und
Zeitschriften des deutschen Sprachraumes. Da Kramer Sozialdemo¬
krat und, was später noch entscheidender ist, „Jude“ nach den
Nürnberger Rassegesetzen ist, bleibt sein Werk seit 1933 in Deutsch¬
land verboten. Nach dem „Anschluß“ Österreichs an Nazideutsch¬
land flieht der Dichter 1939 nach Großbritannien, wo er während der
Krieg- und Nachkriegsjahre in ärmlichen Verhältnissen leben muß.
Trotz bedeutender Befürworter wird er in Österreich und Deutsch¬
land nach 1945 zunehmend vergessen. Erst 1957 kehrt Theodor
Kramer nach Wien zurück, wo er nur wenig später, im Jahre 1958,
stirbt. Von den 12.000 Gedichten, die Kramer im Laufe seines
Lebens geschrieben hat, wurden etwa 2.000 für eine dreibändige
auch heute noch erhältliche Ausgabe ausgewählt.

Kramer lesen bedeutet einiges an narzißtischer Kränkung in

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