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Vladimir Vertlib Sissi contra antifaschistisches Denkmal Notizen zu einer peinlichen Kontroverse Mit großer Treffsicherheit scheinen Salzburgs konservative Spitzenpolitiker von einem Fettnäpfchen ins nächste zu tappen. In der letzten MdZ berichtete ich darüber, wie Schausberger, Dechant und Co. gegen die Durchführung der sogenannten “ Wehrmachtsausstellung“ in der Stadt Salzburg Sturm gelaufen sind und wie die Ausstellung trotzdem (oder gerade deswegen!) zu einem großen Erfolg wurde. Doch eine Blamage nicht genug, steht gleich die nächste Peinlichkeit ins Haus. Anfang der 1950er Jahre machte die berühmte österreichische Architektin Grete Schütte-Lihotzky den Entwurf zu einem Gedenkstein für die durch das NS-Regime hingerichteten und in den Konzentrationslagern ermordeten Salzburgerinnen und Salzburger: “Das Mahnmal besteht aus einem großen Körper in Dreiecksform, Symbol der KZler ... Auf der Vorderseite ist eine sinkende Figur, die zum Zeichen des Widerstandes die Hand zur Faust ballt, als Relief auf vertieftem Grund ... An den beiden Seitenflächen des Mahnmals können die Namen der einzelnen Opfer eingeschrieben werden.“ Doch an eine Realisierung dieses Projekts war damals in einer Stadt, wo Altnazis, Verdränger und Schlußstrichzieher das Sagen hatten, nicht zu denken. Heute allerdings, mehr als vierzig Jahre später, gibt es einen konkreten Vorschlag, das Denkmal doch noch zu errichten, indem man es in die neue Oberflächengestaltung des Salzburger Bahnhofsvorplatzes einbezieht. Der Bund Sozialdemokratischer Freiheitskämpfer, die Israelitische Kultusgemeinde, der KZ-Verband und sogar dieÖVP-Kameradschaft wiesen Bürgermeister Josef Dechant in einem gemeinsamen Schreiben vom Juni dieses Jahres darauf hin, daß “ein aufrechter Gemeinderatsbeschluß bezüglich der Errichtung eines solchen Denkmals“ bestehe und daß damit auch “unserer ermordeten jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger gedacht werden“ solle. Ein antifaschistisches Denkmal direkt vor dem Hauptbahnhof? Für den Bürgermeister der Stadt (ÖVP) scheint dies unvorstellbar. Stattdessen favorisiert er, unterstützt von der lokalen FPÖ, die Rückführung des heute im Schloßpark Hellbrunn stehenden Kaiserin Elisabeth Denkmals an seinen ursprünglichen Standort vor dem Bahnhof. Die kleine Marmorstatue ohne großen künstlerischen Wert war 1901 aufgestellt und nach dem Zusammenbruch der Monarchie in den Hellbrunner Park “ verbannt“ worden. Ihre Rückführung wäre wohl als Salzburgs Beitrag zum “Sissi-Gedenkjahr‘‘ 1998 zu werten. Das Denkmal für die Opfer des NS-Regimes könne auch an anderer Stelle errichtet werden, “ vorder Elisabethkirche in der Plainstraße etwa“ ‚so Dechant. Die Absicht, die mit diesem “ Alternativvorschlag“ verfolgt wird, liegt klar auf der Hand: Jene zahlreichen Touristen, die mit der Bahn nach Salzburg kommen, sollen nicht gleich am Bahnhofsvorplatz auf ein dunkles historisches Kapitel der heiteren Mozartkugelstadt erinnert werden, und auch die vielen Einheimischen, die täglich diesen wichtigen Verkehrsknotenpunkt passieren, sollte man nicht unnötigerweise irritieren. Sissi hingegen bedient all jene Klischees längst vergangener Monarchieseligkeit, die die Touristen suchen und an die die Einheimischen nur allzu gerne glauben möchten. Ein Denkmal für die Opfer des Nationalsozialismus aber, wenn ein solches schon errichtet werden muß, ist in einer touristisch völlig uninteressanten Wohngegend zweifelsohne besser aufgehoben. In die Plainstraße verirrt sich kaum ein Besucher. Im Herbst soll im Kulturausschuß der Stadt über beide Vorschläge diskutiert und eine Vorentscheidung getroffen werden. Wie immer diese Entscheidung ausfallen mag, die Erinnerung an diese peinliche und beschämende Kontroverse, die nur vordergründig wie eine Farce anmutet, wird bleiben. Reuben Rubin Eine Ausstellung anläßlich des 5Ojährigen Bestehens des Staates Israel Kunstgeschichte ist immer Zeitgeschichte. Kunst erneuert im schöpferischen Ausdruck die Epoche. So freute ich mich, in dem kleinen und gepflegten Museum Tel Avivs eine Retrospektive Reuben Rubins sehen zu können, die die Kuratorin Carmela Rubin unter das Motto ,,Besuch in derHeimat“ gestellt hatte. Die Bilder stammen aus den 20er und 30er Jahren. Sie spiegeln die Eindrücke eines europäischen Einwanderers wider, der fasziniert ist vom mediterranen Licht und der orientalischen Landschaft. Die Bilder. sind voll Optimismus und zeugen von der Identifizierung des Malers mit dem Land und derAufbruchsatmosphäfre in ihm. Die Einfachheit der Malerei drückt die ropäischen so verschiedenen Lebens aus. Aber nicht nur dieser Stil der Einfachheit beeindruckt in seiner träumerisch-kindlichen Unschuld, sondern auch die aus ihm sprechende zionistische Hoffnung auf einen neuen Anfang, ein neues Leben im neuen Land. Das Bild ,,Schabbat in der Siedlung“ zeigt einen europäisch gekleideten Vater mit den im Land geborenen Kindern, barfüßig und in kurzen Hosen auf einem Esel reitend, der Natur des Landes verbunden. Zwei Kulturen in ihrem Zusammenstoß können auch zu einer Bereicherung führen. _ Die Bäume auf den Bildern, Sykomore, Oleander, Dattelbaum, Zypresse, sind heut schon dem Beton gewichen. Die Menschen, die vor der Staatsgründung im Land lebten, Einwanderer, die sich vom Elternhaus, einem anderen Land und einer anderen Landschaft trennen mußten, überwanden, von ihren großen Hoffnungen beflügelt, alle Schwierigkeiten und ermöglichten die Gründung des Staates Israel. Reuben Rubin wurde schon zu Lebzeiten anerkannt und geehrt. Er war ehrenhalber Dozent des jüdischen Religionsinstituts in New York, erhielt 1964 den Dizengoff-Preis, 1975 den Israel-Preis für Kunst. 1966 und 1969 bekam er die Aufträge, den-,‚Ruhm des Galil“ für die Knesset zu malen und die Vitragen-fiir die Residenz des Prasidenten herzustellen. 1948 war er der erste Botschafter Israels in Rumänien. Hanna Blitzer 43