WIEN, |., Franz Josef-Kai 3, Tel. R 28-2-36
Töglih & Uhr abends, an Sonn- und Feiertsgen auch '/.4 Uhr nachmittags.
Deutsche Uraufführung
Komödie in drei Akten von Sammy Gronemann.
Regie: Rudolf W ei Bs Bühnenbild: Fried] Gerber.
Landrat v. Hahnenklee Fritz Links
Aurora, seine Schwester : . Martha Auffärber
Christian Stockebrand, Generaldirektor . - Jacques Barta
Jakob Jacubowitz : v a : - Michael Orlan
Ennezerus, Notar Milo Sperber
Dr. med. Wendel Georg Werner
Redakteur Riegel . Otto Trill
Saul Paradies Rudolf Weiß
Pfarrer Blohm » Ernst Hardt
Rosenbrock, Gastwirt » Joachim Laatz
Gesine, Magd . Silvia Grohs
Helmke, Gendarm - Heinz Halban
Die Handlung spielt einige Jahre vor dem Weltkiieg in einem kleinen deutschen Ort.
Nach dem 2. Akt größere Pause.
jer Zeit gebietet für die Ehre u. des Leben
. Der No
Juden Wiens! 4 es und jüdischer Kunst einzutreten:
Werde: Miiglieder-Abonnenten
des Jüdischen Kulturtheaters!
25-50" „ Ermäßigung der Theaterkartenpreise,
. 30° „Ermäßigung für Kleinkunstbühnen, Konzerte u. Vorträge,
or ei é Ermäßigtz Kinokarten,
Ermäßigung für Künstlerakademien, Bälle, Kurse, Ausstel¬
lungen, Vergnügungsreisen, Exkursionen ete.
Interessenten bitten wir um Hinterlegung ihrer Anschrift an der Theaterkassa
_— Hier abtrennen!
Theaterzettel des
Jüdischen Kulturtheaters.
Bemerkenswert der Versuch, eine
Mitgliederorganisation um die von
Alfred Werner redigierte literarische
Zeitschrift „Die Garbe“ aufzuziehen.
Anmerkungen zu B. Dalinger
1 Zur Situation des Wiener Theaters in den
dreißiger Jahren vgl. Verspielte Zeit. Österrei¬
chisches Theater der dreißiger Jahre. Hg. v. Hil¬
de Haider-Pregler und Beate Reiterer. Wien:
Picus 1997.
2 Ulrike Mayer: Theater für 49 in Wien 1934¬
1938. Diss. Wien 1994, 63.
3 Hilde Haider-Pregler: Exilland Österreich?
In: Exiltheater und Exildramatik 1933-45. Ta¬
gung der Hamburger Arbeitsstelle für deutsche
Exilliteratur 1990. Hg. Edita Koch. Maintal
1991, 13-40. 18.
4 Dies., ebd., 33 (Anmerkung 20).
5 Mayer, Theater für 49, wie Anm. 2, 63.
6 Hilde Haider-Pregler: Tarnungen und (Ent-)
Täuschungen. Emigranten in Österreich. In:
Verspielte Zeit, wie Anm. 1, 256-278. 256ff.
7 Silvia Stastny arbeitet an einer Dplomarbeit
über die „Österreichische Volksbühne 1933 bis
1938“ (Arbeitstitel) am Institut für Theaterwis¬
senschaft, Universität Wien. Ich danke ihr herz¬
lichst für die freundlichen Auskünfte.
8 Vgl. Haider-Pregler: Exilland Österreich?
Wie Anm. 3, 21.
9 Vgl. etwa zum Theater an der Wien Angela
Eder: „Hast du heute deinen kulturhistorischen
Tag oder kann man mit dir über Revue reden?“
Ulrike Mayer berichtet von folgendem Projekt: Laut einem Bericht der Wiener
Bundes-Polizeidirektion an die Generaldirektion für öffentliche Sicherheit habe es
einen innerhalb „jüdischer Kreise“ erwogenen Plan gegeben, der vorsah, aus
Deutschland geflüchtete jüdische Künstler in einer Arbeitsgemeinschaft zu verei¬
nen. „Von einem ständigen Theater aus sollten Gastspielreisen in die Provinz un¬
ternommen werden.“ Als Stammhaus wurde die seit mehreren Jahren geschlosse¬
ne Neue Wiener Bühne in der Wasagasse vorgeschlagen, von hier aus sollten Gast¬
spiele in der Provinz unternommen werden. Und das war alles, was von diesem
Projekt blieb, es wurde nicht verwirklicht.
Einige Emigranten schufen, was die staatlichen Organisationen nicht imstande
waren: Der bereits genannte Re-Emigrant Walter Firner, der zu Beginn der dreißi¬
ger Jahre eine eigene Truppe in Deutschland geleitet hatte, gründete bald nach sei¬
ner Ankunft in Österreich ein Schauspielerkollektiv, ‚.... das fast ausschließlich aus
Schicksalsgenossen bestand.“ Am 6. Oktober 1933 wurde das Lustspiel Die Frei¬
er von Joseph von Eichendorff in der Komödie aufgeführt und gleich ein Erfolg für
Firners Ensemble, das sich ab der zweiten Inszenierung — Shakespeares Hamlet ¬
Österreichische Volksbühne nannte. Die Österreichische Volksbühne bestand bis
1938, sie trat an wechselnden Spielorten auf; im Lauf der Jahre fanden hier um
120 Theaterleute (Schauspieler, Regisseure, Bühnenbildner etc.) zumindest vor¬
übergehend eine Beschäftigung.’
Zur bestehenden Theaterlandschaft: Das Burgtheater nahm keine aus Deutsch¬
land geflüchteten Darsteller auf,® die großen Wiener Privattheater beschäftigten
hingegen zahlreiche jüdische Künstler.” Hilde Haider-Pregler schreibt dazu: „Die
Besetzungszettel der Josefstadt, des Deutschen Volkstheaters, der Komödie, der
Scala, des Raimundtheaters und des Theaters an der Wien dokumentieren ferner ei¬
ne rege Fluktuation der Darsteller zwischen den verschiedenen Bühnen, und sei es
nur für die eine oder andere Produktion.“!® Weitere Chancen auf ein Engagement
für aus Deutschland geflüchtete Schauspieler boten die zahlreichen Kleinkunst¬
und Kabarettbühnen!! sowie die Theater mit 49 Sitzplätzen.'? Zu diesen zählten:
das Theater für 49, das Moderne Theater am Schwarzenbergplatz, das Theater am
Neubau, die Tribüne, Die Insel und das Jüdische Kulturtheater.
Das Jüdische Kulturtheater nahm innerhalb der jüdischen Theaterszene in Wien
eine besondere Stellung ein: Erstens war es als Teil einer größeren Organisation,
der Jüdischen Volksbildungsbewegung, gegründet worden; zweitens spielte es in
deutscher Sprache. Die jiddischen Bühnen - in den Jahren 1933 bis 1938 spielten
die Jüdische Bühne und die Jüdischen Künstlerspiele — waren aufgrund der jiddi¬
schen Sprache nur in Ausnahmefällen für aus Deutschland geflüchtete Schauspie¬
ler interessant. So gastierte Leo Reuss'? nach seiner Enttarnung 1937 in den Jüdi¬
schen Künstlerspielen, er spielte, als einziger in der ganzen Inszenierung, die Rolle
des Untersuchungsrichters Bary in Arnold Zweigs Die Sendung Semaels in deut¬
scher Sprache. Außerdem wurden einige gemeinsame Lieder- und Rezitations¬
abende deutschsprachiger und jiddischer Künstler veranstaltet; aufgrund der völlig
anderen Sprache und Theatertradition gab es aber wenige Möglichkeiten für
deutschsprachige Darsteller, in der (ohnehin immer selbst problematischen) jiddi¬
schen Theaterszene Wiens mitzuarbeiten.'*
Im Gegensatz zu früheren deutschsprachigen jüdischen Theaterinitiativen!>
konnte das Jüdische Kulturtheater'® mehr als zwei Jahre lang kontinuierlich und er¬
folgreich bestehen. Formell war es ein Theater für 49, untergebracht war es im 1.
Bezirk, Franz-Josefs-Kai 3, im Heim der „Jüdischen Kulturstelle“. Die „Jüdische
Kulturstelle“ ihrerseits war der „Österreichischen Kunststelle“ angeschlossen!’
und vertrat auch deren Angebot den jüdischen Mitgliedern gegenüber. Das Jüdi¬
sche Kulturtheater wurde im Dezember 1935 eröffnet und spielte bis zum „An¬
schluß“ im März 1938. Die Struktur seines Ensembles zeigt die Funktion des Kul¬
turtheaters als Emigrantenbühne: Es hatte ein kleines „Kernensemble“, bestehend
aus sieben Schauspielern bzw. Regisseuren, die bei mehr als fünf Produktionen
und/oder in allen Saisonen mitwirkten: Max Friedmann, Elias Jubal, Alice Koch,
Joachim Laatz, Fritz Links, Michael Orlan (= Friedrich Rittermann), Rudolf
Weiss.!? Soweit feststellbar, dürfte Joachim Laatz, der 1908 in Potsdam geboren
wurde und im Sommer 1935 in Prag aufgetreten war, aus Deutschland gekommen
sein. 1935 bis 1938 war er als Schauspieler im Jüdischen Kulturtheater tätig und
führte auch Regie; im März 1938 meldete er sich ins Ausland ab. Fritz Links und
Rudolf Weiss waren in Wien geboren, wirkten bis 1933 an deutschen Theatern und