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und Fritz Schrecker im „Laterndl“ auftrat.
Er verfaßte auch Gedichte, die er 1943 bis
1945 in England vortrug.

24 Bert Maimann emigrierte 1938 nach
Paris.

25 Siegfried Hacker hatte auch die musi¬
kalische Leitung von Leopold Jessners
„Volksspielen der jüdischen Jugend“ 1937
und 1938 in Wien über.

26 Martin Eisler, geboren 1913 in Wien,
war Architekt, Bühnenbildner und Möbel¬
designer. 1938 emigrierte er nach Argenti¬
nien, wo er Direktor des Teatro Colon in
Buenos Aires war. In Europa war er als
Bühnenarchitekt in London, Brüssel und
bei den Bregenzer Festspielen tätig. Martin
Eisler starb 1977 in Brasilien.

27 Ich danke Konstantin Kaiser für diesen
Hinweis. Die Angaben zur Person Hans
Holevy (= Holewa) stammen aus: Orpheus
im Exil. Die Vertreibung der österreichi¬
schen Musik 1938- 1945. Hg. v. Walter
Pass, Gerhard Scheit und Wilhelm Svobo¬
da. Wien: Verlag für Gesellschaftskritik
1995, 282, und Riemann Musiklexikon.
Ergänzungsband. Hg. v. Carl Dahlhaus.
Main: B. Schott’s Söhne 1972, 543.

28 (0.A.) Das jüdische [!] Kulturtheater.
Eine Zwischenbilanz. — In: Die Stimme,
7.10. 1936.

29 Das Drama, das 1936 im Wiener Gsur
Verlag in Buchform erschien, verzeichnete
als Autoren die Dänen Morten Cederlund
und Niels Dahlberg, als Übersetzer einen
Albert Ganzert - der Name des Übersetzers
ist das Pseudonym des Autors Awrum
Halbert.

30 Vgl. etwa Oskar Rosenfeld: Ein jüdi¬
sches Zeitstück: „Die Grenze“. In: Die
neue Welt, 24. 4. 1936.

31 Das Libretto zur im Februar 1937 im
Kulturtheater uraufgeführten Oper Purim
findet sich im Nachlaß seines Verfassers
Alfred Werner im Leo Baeck Institute and
Archives, New York.

32 Das Fest der Errettung der Juden durch
Esther, Purim, war und ist ein heiteres
Fest, an dem auch (meist von Laien) Thea¬
ter gespielt wurde. Grundlagen der Purim¬
spiele sind die erwähnte Errettung der Ju¬
den durch Esther sowie andere biblische
und nachbiblische Episoden und histori¬
sche Ereignisse. Auch heute finden an Pu¬
rim Paraden und Maskenzüge statt.

33 Walter Kathammer trat auch im Theater
für 49 auf. Ein Walter Katthammer, gebo¬
ren 1893 in Deutschland, befindet sich auf
der „Liste der im Jahre 1942 aus dem franz.
Rivesaltes deportierten Juden nach einem
unbekannten Ort.“ (DÖW Akt 4412)

34 Ernst Urbach wirkte auch im Theater
für 49 mit.

35 Oscar Teller: Davids Witz-Schleuder.
Jüdisch-Politisches Cabaret. 50 Jahre
Kleinkunstbühnen in Wien, Berlin, Lon¬
don, New York, Warschau und Tel Aviv.
Darmstadt: Verlag Darmstadter Blätter
1982, 288.

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zusammen. Einerseits versuchte man den Anspruch, zwischen „Ost und West“ zu ver¬
mitteln, mit Inszenierungen jiddischer Dramen in deutscher Übersetzung gerecht zu
werden, andrerseits wurden Dramen gezeigt, die sich mit den verschiedensten Facetten
des Antisemitismus beschäftigen. Zu den jiddischen Klassikern gehört etwa Höre Isra¬
el von Ossip Dymow, das Elias Jubal zur Eröffnung des Kulturtheaters inszenierte;
auch Jitzchak Lejb Perez’ Die goldene Kette. Das Drama einer chassidischen Familie
wurde im Kulturtheater gezeigt. Die goldene Kette ist eine symbolistisch anmutende
Form der Auseinandersetzung mit jüdischer Religion, Tradition und Identität, und bot
einen Anlaß, die Durchsetzungsfähigkeit der Schauspieler in diesem „exotischen“ Mi¬
lieu zu bewundern:

„Da sind die Schauspieler: starke Begabungen, prächtige Menschen - aber sie kom¬
men vom deutschen, zum Teil sogar vom reichsdeutschen Theater (eine Nuance der
Fremdheit mehr!) und mußten sich in ein Bühnenmilieu einleben, das ihnen weit, weit
befremdlicher war als selbst - ein chinesisches Stück; etwa ins zaristische Pogromru߬
land (‚Höre Israel!‘) oder in die Welt des Chassidismus (‚Die goldene Kette‘ von Perez
[sie!]). Sie mußten dazu gebracht werden, den jüdischen Menschen in sich zu entde¬
cken, um ihn spielen zu können.‘“®

Mit der Aufführung von Die Grenze. Ein Schicksal unter 600.000 hatte das Jüdische
Kulturtheater seinen größten Erfolg.?” Die Grenze schildert den Untergang einer Familie
in Deutschland — Großvater und Vater der Familie sind Juden, sie verlieren ihre Firma be¬
ziehungsweise ihre Stellung, der Sohn sein Selbstvertrauen, die „arische‘‘ Mutter kann
trotz verschiedener Versuche nichts retten und stirbt, selbst der Freund des Hauses, Dr.
Strobl, wird verhaftet. Der Stoff und seine realistische, im Detail allerdings manchmal
ungenaue Ausarbeitung ließen offensichtlich weder Publikum noch Kritik kalt.>°

In historischen Szenarien blieb das Thema Antisemitismus auf der Bühne des Jüdi¬
schen Kulturtheaters: in der dramatischen Bearbeitung von Lion Feuchtwangers Ro¬
man Jud Süß von Ashley Dukes; in der Oper Purim, Text Alfred Werner’!, Musik von
Ignatz Waghalter sowie im erst am 10. März 1938 aufgeführten Drama Der Jude Justin
Gutlieb von Henry Bernstein.

In der Oper Purim greift Werner die dem Purimfest”? zugrunde liegende Episode der
jüdischen Geschichte auf: Haman, der Minister des Königs von Persien, Ahasveros,
plant, alle Juden im Reich hinrichten zu lassen. Der weise Jude Mordechai und Esther, die
Frau des Königs, können Hamans Plan verhindern. Ahasveros läßt Haman an dem Gal¬
gen aufkntipfen, den dieser fiir Mordechai errichtet hatte. Die Oper Purim war das Ergeb¬
nis der Zusammenarbeit des Wiener Autors Alfred Werner und des Emigranten Ignatz
Waghalter. Waghalter, 1882 in Warschau geboren, studierte ab 1897 Musik in Berlin und
wurde dort Generalmusikdirektor an der Komischen Oper. 1933 war er Generalmusikdi¬
rektor an der Nationaloper in Riga, ging aber noch 1933 in die Tschechoslowakei, 1934
kam er nach Österreich. Außer Purim hatte er auch die komische Oper Mandragola kom¬
poniert. Bei der Uraufführung von Purim 1937 im Jüdischen Kulturtheater war Waghal¬
ter musikalischer Leiter. 1937 ging Waghalter in die USA, wo er als Dirigent tätig war, er
verstarb 1949 in New York. Die Sänger und Sängerinnen der 1937 im Jüdischen Kultur¬
theater uraufgeführten Oper waren: Simon Bermanis (Ahasveros), Sebastian Engelsberg
(Mordechai), Walter Kathammer*’, Miihlstock und Ernst Urbach** (Haman). Wieder gibt
es nur im Ausnahmefall nähere Angaben: Hanna Schwarz, die die Esther sang, war eine
Re-Emigrantin. 1898 in Wien geboren, studierte sie hier am Konservatorium und war
1925 bis 1928 an der Volksoper beschäftigt. Nach Engagements in Deutschland trat sie
von 1933 bis 1938 wieder an der Volksoper auf, 1938 emigrierte sie in die USA, wo sie
als Konzertsängerin und Gesangspädagogin tätig war.

Oscar Teller, einer der Mitgründer des Jüdischen Kulturtheaters und der Inititator
des Jüdisch-Politischen Cabarets in Wien, umreißt in wenigen Zeilen, was das Jüdische
Kulturtheater für die Betreiber bedeutete:

„Für die abendfüllenden Theaterstücke errichteten wir in unserem Heim (Franz Jo¬
sefskai 3) die wohl schönste Kleinbühne Wiens. Es war Emigrantentheater im besten
Sinne des Wortes. Aus dem Reich strömten — 1935 — vertriebene Schauspieler in großer
Zahl nach Wien; man hatte daher für ernste Vorhaben nicht die geringste Schwierigkeit,
höchstes Darstellerniveau zu erreichen. Die Aufführungen fanden stärkste Ressonanz,
die zu Gastspielen im Ausland und zum Ankauf unserer Bearbeitungen in Süd- und
Nordamerika führten. Daß am 11. März 1938, als sich der ‚Anschluß‘ Österreichs an
das Dritte Reich vollzog, unser Theater geplündert wurde - einzig der Steinway-Flügel
wurde vom Hausherrn enteignet — führe ich nur der Vollständigkeit halber an, zu der ich
mich als Chronist verpflichtet glaube.“