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fen. In Weiterführung der in den letzten Jahren intensivierten Erforschung der Geschichte des österreichischen Judentums wird es das vorrangige Ziel der Klagenfurter Forschungsstelle sein, die Beiträge jüdischer AutorInnen zur Literaturgeschichte zu erschließen, zu dokumentieren und monographisch zu untersuchen. Der Gegenstand der Untersuchung reicht von der Epoche der Emanzipation bis in die Gegenwart, wobei das Schwergewicht der Forschungen im 20. Jahrhundert liegt. ‚Judentum‘ wird verstanden als existentielle Erfahrung (Herkunft und Sozialisation der AutorInnen) und literarische Reflexion (Verarbeitung jüdischer Themen und Motive). Bearbeitet werden sowohl die bekannten, in den Kanon der Literaturgeschichte eingereihten AutorInnen, als auch die zahlreichen ‚vergessenen‘ und ‚verdrängten‘ SchriftstellerInnen. Weitere Aspekte der Forschung stellen die Problemkreise ‚Literatur der Emanzipation‘, ‚Jüdische Literatur und Liberalismus‘, ,Jiidischer SelbsthaB‘, ,Antisemitismus‘, ‚Literatur und Zionismus‘, ‚Bibelrezeption‘, ‚Exil‘, ‚Literatur nach Auschwitz‘ und ‚Deutschsprachige Literatur in Israel‘ dar. Die Aufarbeitung dieser Problemstellungen wird in folgenden Formen der wissenschaftlichen und didaktischen Vermittlung erfolgen: a) Editionen: Als ihre zentrale Aufgabe betrachtet die Forschungsstelle die Betreuung wissenschaftlicher Editionen. Begonnen wird mit der Edition der Tagebücher des prominenten zionistischen Publizisten und Schriftstellers Eugen Hoeflich/Moshe Ya‘akov Ben-Gavriél (1891 Wien-1965 Jerusalem). Texte von ExilautorInnen und israelischen SchriftstellerInnen können auch in der Zeit-Schrift für jüdische KulturMnemosyne und in der parallelen Buchreihe Edition Mnemosynepubliziert werden. b) Monographische Untersuchungen: In den Einzelstudien wird Literatur in ihrer Verflechtung mit soziokulturellen und politischen Kontexten betrachtet. Besonderes Gewicht wird auf archivalische Quellenforschung und Aufarbeitung literarischer Nachlässe gelegt. c) Wissenschaftliche Veranstaltungen: Zur Intensivierung der internationalen wissenschaftlichen Diskussion und zur schwerpunktmäßigen Erforschung einzelner Themenbereiche soll die Forschungsstelle als Veranstaltungsforum von Symposien und Fachgesprächen aktiv werden. d) Lehre: Das Defizit an Kenntnis der jüdischen Kulturgeschichte soll durch umfassende Wissensvermittlung im Sinne einer aufklärerischen Didaktik, die es den Studierenden ermöglicht, den grundlegenden Beitrag jüdischer AutorInnen zur deutschen und österreichischen Literatur besser zu verstehen, überwunden werden. Bedenkt man, daß Informationsdefizite nicht zuletzt für den Weiterbestand antisemitischer Stereotypenbildung mitverantwortlich sind, so wird die 78 psychosoziale Dimension des Vorhabens deutlich. Die wissenschaftliche Aufarbeitung der jüdischen Traditionen Mitteleuropas gründet auf dem Bewußtsein der Zerstörung dieser Kultur durch die Gewaltpolitik des Nationalsozialismus. Das Bemühen um eine Rekonstruktion des Dialogs versteht sich als Pflicht zur Erinnerung und Widerstand gegen eine Kultur, „die den Mord gebar“ (Th. W. Adorno). Kontakt: Dr. Armin A. Wallas, Institut für Germanistik, Universitätsstraße 65-67, A-9020 Klagenfurt, Tel.: (+43) 0463 2700- 442, 2700-6110, e-mail: armin.wallas @ uni-klu.ac.at Buchzugdnge ascherotto: Fast ein Appenzeller. Fliichtling in der Schweiz 1938-1945. Ein Bericht. Krems: Österreichisches Literaturforum 1999. 106 S. Johannes Diethart im Epilog des Herausgebers: „Jahrzehntelang hat Otto Ascher seine Vergangenheit mit sich herumgetragen, bis er sich entschlossen hat, ‚uns‘ in aller Bescheidenheit ein kleines Vermächtnis zu hinterlassen: Der Flüchtlingsbub aus Wien, um Haaresbreite Hitlers Schergen entronnen, hat in der freien Schweiz freundliche Aufnahme gefunden, hat ein Handwerk lernen können und ist sofort nach Kriegsende ins neuerstandene Österreich zurückgekehrt, um beim wirtschaftlichen und politischen Wiederaufbau mitzuarbeiten. [...] Otto Aschers Buch ist ... ein ganz persönlicher Erlebnisbericht, ein wertvolles Stück ‚Geschichte von unten‘ ... Aber aus ihr speist sich, oder sollte sich speisen, die akademische Geschichtsschreibung.“ Horst J. P. Bergmeier: Chronologie der deutschen Kleinkunst in den Niederlanden 1933— 1944. Hamburg: Hamburger Arbeitsstelle für deutsche Exilliteratur 1998. 245 S. DM 30,— (Schriftenreihe des P.-Walter-Jacob-Archivs Bd. 6). Susanne Bock: Mit dem Koffer in der Hand. Leben in den Wirren der Zeit 1920-1946. 398,-/DM u. SFr 57,— Hilde Domin: Der Baum blüht trotzdem. Gedichte. Frankfurt am Main: S. Fischer Verlag 1999. 90 S. ÖS /DM 29,80 Gehat hob ikh a heym/lch hatte ein Zuhaus‘. Zeitgenössische jiddische Lyrik. Hg. und übersetzt von Armin Eidherr. (Mit Vorworten von Reinhold Stecher und Heinz Fischer. Bildbeigaben von Monika Migl-Frühling und Willi Pechtl.) Landeck: EYE Literaturverlag 1999. 116 S. ÖS 290,- (Band 1 der Reihe „Am Herzen Europas“. Lyrik der Wenigerheiten). Wunderschön, mehrfarbig gedruckt, mit instruktiven Vor- und Nachbemerkungen des Herausgebers bietet das Buch in lateinischer Transkription und deutscher Übersetzung Gedichte von Melech Rawitsch, Hersch Weber, Abraham Reisen, Josef Hillel Lewi, Hersch Weber, Mordechai Gebirtig, Izik Manger, Marc Chagall, Chajim Keniger, Laiser Aichenrand, Rivka Kope, Arieh Leon Slutzky, Arn Miednik, Avrom-Nochem Stenzl, Abraham Sutzkever, Hirsch Oscherowitsch, Rivka Bassman, Alexander Spiegelblatt, Mosche Waldman, Binem Heller, Melech Chmelnizki, Mendel Neugréschel. Die BioBibliographien im Anhang entrollen ein Panorama von Not, Verfolgung, Flucht... Ein Band, der hervorragend als Einführung in die jiddische Literatur des 20. Jahrhunderts geeignet scheint. Heimo Halbrainer (Hg.): Zwei Tage Zeit. Herta Reich und die Spuren jüdischen Lebens in Mürzzuschlag. Graz: Clio 1998. 1158. Zu beziehen über Clio, Verein für Geschichtsund Bildungsarbeit. Großgrabenweg 8, A-8010 Graz. Tel.: (+43) 0 316/35 71 94. Handbuch der deutschsprachigen Emigration 1933-1945. Hg. von Claus-Dieter Krohn, Patrik von zur Mühlen, Gerhard Paul und Lutz Winckler unter redaktioneller Mitarbeit von Elisabeth Kohlhaas in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Exilforschung. Darmstadt: Primus Verlag 1998. 1356 Spalten. ÖS 934,-/DM 128,-/SFr 114,— Ein Versuch, den Stand der Exilfoschung in einem Standardwerk zusammenzufassen, mit über 80 Mitarbeitern aus zwölf verschiedenen Ländern. In sechs Kapiteln werden Vorund Nachgeschichte, Exilländer, Exilpolitik, Wissenschaft, Literatur und Kunst im Exil rekapituliert. Glänzend geschriebene Beiträge stehen neben mittelmäßigen — wie in jedem derartigen Sammelband. Daß, aus deutscher Sicht, kein Exilland Österreich existiert, nimmt man verwundert zur Kenntnis. Verwundert nimmt man auch zur Kenntnis, daß in dem Unterkapitel „Österreichische Literatur“ MdZ nicht einmal als Quelle oder Sekundärliteratur erwähnt ist. — Eine Besprechung des für den Forscher unentbehrlichen Bandes ist nur im Zusammenhang mit der Erörterung der Zukunft der Exilforschung wirklich möglich. Wir werden’s in MdZ so bald als möglich versuchen. K.K. Miguel Herz-Kestranek: Mit Ejzes bin ich versehen. Erlebtes, Erdachtes und Erlachtes. Wien: Ibera Verlag 1998. 311 S. OS 348,-/ DM/SFr 48,— Hohenems Re-visted. Begegnungen in Hohenems. August 1998. Hohenems: Jiidisches Museum Hohenems 1999. 112 S. Eine Art gedrucktes Fotoalbum, das das Treffen der Nachkommen jüdischer Familien aus Hohenems (Vorarlberg) im August 1998