Gedichte R.A.s „In memoriam Elieser Steinbarg“ (S. 18), ,,Dichter¬
bildnis Elieser Steinbarg“ (S. 22) und ,,Winter III“ (S. 59).
6 Zu Steinbargs Sprache siehe etwa: Sol Liptzin: A History of Yid¬
dish Literature, New York 1985: ,,Steinbarg makes use of all the ri¬
ches of Yiddish, the spoken as well as the written word. He borrows
phrases from the Hebrew prayer book and the Talmud and adepts
them in startling, original combinations. Nor does he hesitate to in¬
vent a multitude of neologisms whose meaning evolves from their
strange sound effects.“ (S. 357) Und im ,,Penguin Book of Modern
Yiddish Verse“ (a.a.O.) heißt es: „The apparent folkishness of the fa¬
bles does not obscure his innovative rhythms and artistic use of the
spoken idiom: he was one of the most exacting craftsmen in Yiddish
poetry, honing his poems for years before permitting their publica¬
tion.“ (S. 113). - Deutsche Übersetzungen von Steinbarg-Fabeln fin¬
den sich in: Braun/Zimmer-Winkler: a.a.O., S. 70-80 (bibliographi¬
sche Angaben dazu auf S. 172).
7 Der bedeutende Steinbarg-Bibliograph und -Herausgeber Daniel
Lejbl problematisiert die Übersetzbarkeit der Fabeln grundsätzlich:
„seine Fabel ist die Quintessenz eines außergewöhnlich reichen und
tiefen Menschenlebens und Weltverständnisses; und gleichzeitig ist
er so jüdisch in der Sprache, im Spiel, in allen Falten und Tonfällen,
dass es schwer vorstellbar ist, dass man ihn in welche nichtjüdische
Sprache auch immer übersetzen könnte.“ (Zit. Nach: lekssikon fun
der najer jidischer literatur. New York 1981, 8. band, Sp. 619; Ü.:
A.E.) Was durch den reinen Übersetzungstext nicht vermittelt werden
kann, müssen Glossar und Kommentar aufschliisseln, deren Erstel¬
lung einiges Wissen voraussetzt: „Kultur und Folklore — wie selten
gehen sie [so wie in Steinbargs Fabeln] zusammen. (...) Um aber alle
Feinheiten einer seiner Fabeln richtig schätzen zu können, muss man
sowohl ein Spezialist in Bezug auf das alte heilige jüdische Schrift¬
tum sein, als auch ein Kenner des jüdischen Volkslebens und Volks¬
schaffens.“ (Schmuel Niger: elieser schtejnbarg un sajne mescholim.
In: Ders.: jidische schrajber fun zwonziksstn jorhundert, 2. band.
New York 1973, S. 211-228, S. 222f.; U.: A.E.)
Judaisten, Jiddisten, Fabelforscher und andere am Zustande¬
kommen und an der Mitarbeit an einer reprdsentativen deut¬
schen Steinbarg-Ausgabe Interessierte bitte ich, mit mir Kon¬
takt aufzunehmen: Armin Eidherr / Institut für Germanistik /
Akademiestr. 20 / A-5020 Salzburg. Fax: 0662/8044/612;
e-Mail: armin.eidherr@ sbg.ac.at
Titelblatt der Ausgabe von Fabeln von 1969,
Holzschnitt von Artur Kolnik.
’s ist mir eine Fabel von zwei Rosen eingefallen.
Eine,
Die war äußerst schön
Aber hergestellt
Aus Papier und Draht;
Und die zweite — gilb, verschmachtet,
Tja, obwohl man sie erst grade aus dem Garten brachte.
Eben diese beiden
Liegen da auf einem Tischchen. „Teure Nachbarin“,
Spricht die erste ächzend,
„Sage, warum hast du so ein elendes Gesicht?
Warst doch einmal eine rechte Schönheit,
Und die Spuren deiner Schönheit
Sind auf deinem Antlitz noch erkennbar —
Nu, berichte also, was dir fehlt,
Dass du so vergilbt bist
— Sieht bedrohlich aus!
Meiner Seel,
Vor Erbarmen kann ich gar nicht hinsehn!“
„Garten — heiße Sonnenstrahlen - frischer Tau —“,
Stammelt jene, „ach, wie sehn’ ich mich danach!“
,oehnst dich? Ach und weh! Wonach sich eine Blume so
verzehrt!
Strahlen, Garten,
Frischer Tau — wie nennst du’s dort?
Glaube mir, von solchem Blödsinn hab’ ich nie etwas gewusst,
Und ich lebe, Gott sei Dank!
Höre, Schwester, ein Geheimnis werde ich dir anvertrauen:
Scheinbar, meine Liebe, hast du schwache Nerven,
Und aus diesem Grund, verzeih mir, sprichst du nicht zur
Sache;
Ammenmärchen, Träume tauchen in dir auf.
Hättest Nerven du wie ich aus Eisen — —“
„Nicht doch, aufhör’n! Oj, was sprichst du?“
Mit den letzten Kräften
Unterbricht sie die Verschmachtende.
„Sieben Wochen habe ich geblüht, die achte brachte mir den
Tod,
Aber nicht bedrohlich, nicht gefährlich!
Und bevor man ewig trocken
Ist und weder jemals weiß von Tau
Noch von heißen Blicken —
Ist’s zu sterben besser und zumindest einmal
Sich an einem Tropfen Tau erquicken!“
Übersetzt von Armin Eidherr nach: elieser schtejnbarg: me¬
scholim. Tel Aviv: farlag j. I. perez 1969, s. 284f. („zwej rojsn“)