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schichtsforschung Myriaden an Materialien“.
Mit den jetzt vorliegenden drei neuen Aus¬
gaben ist sein Werk in wesentlichen Teilen wie¬
der zugänglich.

MPH

Gelbe Post. Ostasiatische Illustrierte Halb¬
monatsschrift. Reprint, mit einem Beiheft von
Paul Rosdy. Wien: Turia & Kant 1999. 160 u.
24 5., zahlr. Abb.

Adolf Josef Storfer: Wörter und ihre Schick¬
sale/Im Dickicht der Sprache. Mit einem
Vorwort von Joachim F. Danckwardt, Berlin:
Verlag Vorwerk 8 2000. 2 Bde. 384 u. 303 S.,
2 Abb.

Holzschnitte von
David Ludwig Bloch

Ein besonders eindrückliches und in dieser In¬
tensität wohl einmaliges Beispiel der künstle¬
rischen Auseinandersetzung eines Shanghai¬
Exilanten mit seiner chinesischen Umgebung
stellen die Holzschnitte des gelernten Por¬
zellanmalers und Graphikers David Ludwig
Bloch dar. Die beinahe 300 Holzschnitte, den
problematischen Zeitumständen abgerungen,
aus Blochs Shanghaier Jahren 1940 —1949 lie¬
gen jetzt erstmals gesammelt in einer Publi¬
kation vor. Damit wird ein umfangreiches
Werk zugänglich, das bisher fast nur aus Ein¬
zeldrucken in den Shanghaier Zeitungen des
Exils bekannt war, und das über seinen eigen¬
ständigen künstlerischen Wert hinaus die Wahr¬
nehmung eines aufmerksamen und mitfühlen¬
den Beobachters zeigt. Wie Ralph B. Hirsch in
seinem Geleitwort schreibt, erfaßte Bloch wie
nur wenige der Exilanten die essentiellen
Aspekte chinesischen Lebens in Shanghai.
Die Themen Blochs, der 1910 in Floß/
Oberpfalz geboren wurde und heute in New
York lebt, entstammen zumeist dem chinesi¬
schen Alltag, nur wenige Holzschnitte wie die
„Symbole des Lebens im Ghetto“, die displa¬
ced person „Mr.Nobody“ oder die vor der Pas¬
sierscheinstelle wartenden Flüchtlinge thema¬
tisieren die Situation der Exilanten. Bloch in¬
teressierte sich vor allem für das gewöhnliche
Leben der Chinesen, für Straßenszenen, La¬
dengeschäfte, Verkäufer und Schuhputzer, die
er treffsicher und oft nicht ohne Ironie abbildet.
Das gilt insbesondere für seinen Zyklus „Yin
Yang“, der Gegensätzliches — etwa chinesische
mit westlicher Tradition — konfrontiert.

Blochs besondere Aufmerksamkeit galt den
chinesischen Kindern, die er liebevoll beim
Spielen, Lesen oder Arbeiten zeigt. Ein ganzer
Zyklus ist den Kindern gewidmet, ein anderer,
mit 76 Holzschnitten der umfangreichste, gilt
dem Elend der Bettler, die man, oft in Lumpen
und mit verkrüppelten Gliedmaßen, um Gaben
heischend sieht oder auf der Straße schlafend
oder sterbend. Hier wird nichts beschönigt oder
harmonisiert, und hier kommt die dem Genre

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Holzschnitt eigene Plakativität besonders gut
zur Geltung. Das gilt auch für die Darstellung
der Rikschas und ihrer Kulis, die eilig rennen,
gebückt vor riesigen Lasten im Gestänge zie¬
hen oder im Streit um rare Kundschaft oder
nach einem Zusammenstoß schimpfen.
Nach Ansicht von Xu Buzeng, der eines der
Vorworte zum vorliegenden Band beigesteuert
hat, ist Blochs Zyklus über die Kulis „das ein¬
zige Werk in der chinesischen Kunstgeschichte,
das das Leben der Rikschakulis so umfassend
beschreibt“. Diese Zuordnung von Blochs
Werk zur chinesischen Kunst dokumentiert
eine weitgehende Integration, die sich auch dar¬
in ausdrückt, daß Bloch seine Holzschnitte
durchgehend mit seinem angenommenen chi¬
nesischen Namen Bai Lühei signierte.

MPH

David Ludwig Bloch

Herausgegeben von
Barbara Hosier, Roman Malek, Katharina Wenzel-Teuber

David Ludwig Bloch: Holzschnitte Shanghai
1940-1949. Hg. Barbara Hoster/Roman
Malek/Katharina Wenzel-Teuber. Nettetal:
Steyler 1997. 199 S., zahlr. Abb.

„Vor Einreise muß dringend
gewarnt werden ...“
Der Philo-Atlas

Als ein „ausgesprochen zeitbedingtes jüdi¬
sches Speziallexikon“ bezeichnete der
Herausgeber Ernst G. Löwenthal in seinem
Vorwort den Philo-Atlas, der ‚ein Informator
für den Auswandernden, ein Wegweiser für
den Einwandernden und ein Bindeglied zwi¬
schen den Menschen draußen und hier sein“
sollte. Hier — das war, Ende Oktober 1938, so
die Datierung des Vorwortes, für Löwenthal
und zehntausende von Juden noch immer
Deutschland oder Österreich. „Die jüdische

Wanderungsbewegung unserer Tage“, so
Lowenthal, ohne die Ursache, die nationalso¬
zialistischen Bedrohungen, Ausgrenzungen
und Verfolgungen zu benennen, habe „das jü¬
dische Leben völlig umgestaltet“. Die S¬
tuation deutet Löwenthal nur vage an: „Der
einzelne jüdische Mensch steht vor Aufgaben
und Entscheidungen, die ein großes Maß zu¬
sätzlichen allgemeinen und jüdischen Wissens
verlangen.“ Dieses wollte der Philo-Atlas bie¬
ten, und er enthält das neue Emigranten-Al¬
phabet, von „Abmeldung, polizeiliche“,
„Abtretung“ und „Affıdavit“ bis „Zoll“, „Zo¬
nen“ und „Zwischendeck“.

Unter dem Stichwort „Auswanderung“ wird
erklärt, diese „bedeutet in d[fer] Regel völlige
Veränderung aller gewohnten Verhältnisse:
Klima u[nd] Ernährung, Sprache u[nd] Sitte,
berufliche Aussichten u[nd] politische
Verhältnisse sind im Einwanderungsland,
selbst wenn es sich um eine Wanderung in¬
nerhalb Eu[ropas] handelt, meist völlig ab¬
weichend v[om] Gewohnten. Deshalb stellt
Aluswanderung] ungeheure Ansprüche an
körperliche, geistige u[lnd] seelische Anpas¬
sungsfähigkeit; meist sind diesen nur junge
Menschen voll gewachsen“. Schließlich wird
noch auf den Artikel „Einordnung“ verwiesen,
in dem als „Vorbedingungen fJür] persönliche
Elinordnung]“ genannt werden: als erstes die
„ausreichende Beherrschung d[er] Landes¬
sprache; diese ist nicht nur wirtsch[aftlich],
sondern bes[onders] auch in sozialer Hinsicht
v[on] größter Bedeutung; ohne ihre Kenntnis
ist man v[om] Leben dfer] Umwelt abge¬
schnitten“. Zum zweiten wird auf die
Notwendigkeit der „Bereitschaft zum Verkehr
auch m[it] d[er] einheimischen Bevölkerung“
hingewiesen, es gebe „keinen größeren Fehler,
als nur unter Auswanderern zu verkehren“,
und schließlich wird als „dringend notwen¬
dig“ angeführt, „sich vorhandenen j[üdischen]
Gemeinden anzuschließen“, die man, falls sie
fehlen, gründen sollte.

Neben rechtlichen, praktischen und organisa¬
torischen Fragen finden sich immer wieder
Beschreibungen der verschiedensten Krank¬
heiten, die für die meisten der anstehenden
Exilanten bis dahin wohl kaum von
Bedeutung gewesen sein dürften. Beriberi,
Dengue, Fleckfieber und Frambösie, Malaria
und Maltafieber, Paratyphus, Pest und Pocken,
Roter Hund, Rückfallfieber und Ruhr,
Tetanus, Trachom und Trichinose und viele
weitere aufgeführte Infektionen machten deut¬
lich, daß der Wechsel in andere Klimazonen
auch mit vielen gesundheitlichen Gefahren
einhergehen sollte.

Ausführlich werden einzelne Orte und
Zufluchtsländer mit ihren Lebensbedingungen
beschrieben, zu Shanghai, im ganzen Atlas
stets Schanghai geschrieben, finden sich nur
wenige Zeilen mit dem Hinweis, die Stadt
habe den größten und wichtigsten Hafen in
Nord-China, 3,5 Millionen Einwohner, 7.000
Juden, drei Synagogen, bestehe aus der
Chinesenstadt, der französischen Konzession
sowie der internationalen Niederlassung und