OCR
stellen als alleinige Vertretung, selbstverständlich unter Ihrer Führung, anerkannt sind und daß die Tätigkeit von Privatpersonen, wie der Herren Stoeri und Tomms, nicht anerkannt ist“. Doch gerade die Gesandtschaft in Washington unterstütze diese Personen und negiere damit de facto die ARA. Auf Anfragen habe die ARA aus Washington nur spärliche Antworten und von 51 eingereichten Pässen nur sieben tatsächlich erhalten. Darüber hinaus erhob die ARA aber noch schwerwiegendere Vorwürfe: „Wir haben genaue Kenntnis durch die zuständigen Ministerien über die Paßangelegenheit und müssen wir uns sehr wundern, daß von der Legation in Washington Pässe kommen mit verschiedener Gültigkeitsdauer, und zwar interessanterweise bekommen bei uns Österreicher mosaischen Glaubens (jüdischer Geburtsschein) einen Paß auf zwei Jahre, während ein einziger bisher, der einen Taufschein vorlegen konnte, einen Paß auf 5 Jahre bekam. Abgesehen davon, daß unsere Vereinigung nicht nur aus Juden besteht und aus Emigranten, sondern auch aus alten in China ansässigen Personen, müssen wir Sie bitten, uns diesbezüglich Aufklärung darüber zukommen zu lassen, denn nach den Gesetzen, welche nach dem 27. April 1945 von unserer Regierung erlassen wurden, gibt es keinen Unterschied zwischen den Religionen.“ Die Organisierung der Rückwanderertransporte fiel prinzipiell in den Aufgabenkreis der UNRRA, doch auch der seit Jahren in Shanghai tätige „Joint“ bewältigte dabei ein gewaltiges Arbeitspensum: Er führte die Kleiderverteilung an die Rückwanderer durch, versah sie mit Kisten zur Beförderung des Gepäcks und erledigte einen großen Teil der Formalitäten. Da die UNRRA nur für den Transport und die Ernährung der Rückkehrer sorgte, aber kein Geld zur Verfügung stellte, versorgte der „Joint“ die Bedürftigen auch mit Bordgeld in Höhe von 15 $. Bis zum Zeitpunkt ihrer Abreise mußten die Rückkehrwilligen eine Vielzahl bürokratischer Hürden überwinden und meist langwierige Vorarbeit leisten. Die ersten 50 Rückkehrer verließen Shanghai im Dezember 1946 in zwei kleineren Transporten. Im Jänner 1947 startete der größte, ausschließlich aus Österreichern bestehende Rückkehrertransport mit 756 Personen (nach anderen Angaben waren es 764) mit der „Marine Falcone‘; die Flüchtlinge trafen am 13. Februar in Wien ein. Ein zweiter Großtransport kam Mitte 1947 zustande: Unter der Verantwortung der UNRRA lief am 25. Juli 1947 der ehemalige amerikanische Truppentransporter „Marine Lynx“ mit insgesamt 650 deutschen und österreichischen Rückkehrern aus — 144 davon aus Österreich. Die Reise durch den Suezkanal und über Port Said dauerte etwa drei Wochen. Von Neapel wurden die Teilnehmer per Zug weiterbefördert. Unmut erregte die Tatsache, daß für den Transport Güterwagen herangezogen wurden. Ein Ingenieur Hugo Winkler hatte schon am 20. Juli von Shanghai aus das österreichische Innenministerium nachdrücklich darauf aufmerksam gemacht, daß ein Transport in Lastwaggons unter allen Umständen verhindert werden müsse, da derartiges dem österreichischen Ansehen im Fernen Osten in höchstem Maße schade. Das Innenministerium verwies in seinem Antwortschreiben darauf, daß Österreich von den alliierten Mächten besetzt sei und nicht immer die erforderliche Verfügungen selbst treffen könne. Winkler bat daraufhin das Innenministerium neuerlich, „im Kreise der zuständigen Stellen dahingehend zu drängen, daß für die Rückwanderer, die größtenteils aus Liebe zur Heimat nachhause kommen wollen, menschenwürdiges Waggonmaterial für diese Heimreise bereitgestellt wird. Wir haben nun Flüchtlinge werden von ihren Schicksalsgefährten verabschiedet Foto: Heinz Gert Friedrichs, Sammlung Paul Rosdy innerhalb sieben bis acht Jahren genug Elend und Jammer mitgemacht, und jetzt, glaube ich, wäre es an der Zeit, dort, wo es geht, wieder Friedensverhältnisse Platz greifen zu lassen.“ Während der Schiffsreise waren drei Personen gestorben und auf See beigesetzt worden. Von Arnoldstein an der italienisch-österreichischen Grenze wurden 14 Transportteilnehmer — ausschließlich Kranke und Frauen mit Kleinkindern — mit dem fahrplanmäßigen D-Zug nach Wien weitergeleitet. Die übrigen Teilnehmer trafen nach einem längeren Aufenthalt in Arnoldstein und an der Demarkationslinie am Semmering am 26. August in Wien ein. Vom Bahnhof wurden die Rückwanderer ins Wiedner Krankenhaus gebracht und mit einer warmen Mahlzeit verköstigt. Nach einer kurzen offiziellen Begrüßung in Anwesenheit von Bürgermeister Körner wurden ihnen die vom Wohnungsamt der Stadt Wien requirierten Hotelzimmer zugewiesen. Es sollten zunächst keine weiteren geschlossenen Rückwanderertransporte in dieser Größenordnung mehr folgen. In einem Schreiben vom 18. September 1947 an das Innenministerium nahm die ARA zu der Regelung Stellung, daß Einzelreisende nach Österreich einen von der Legation in Washington ausgestellten Reisepaß und ein Einreisevisum der Legation besitzen müßten. Die ARA wies darauf hin, daß laut UNRRA bzw. IRO ein Sammeltransport von Österreichern in absehbarer Zeit nicht erfolgen könne, da keine Schiffe zur Flüchtlinge auf dem Weg zurück Foto: Heinz Gert Friedrichs, Sammlung Frederick Rolf 49