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Verfügung stünden und die Kosten zu hoch seien. Die IRO wol¬
le aber die Repatriierung von heimkehrwilligen Österreichern
durch die Belegung freier Plätze auf französischen oder anderen
nach Europa gehenden Schiffen ab Shanghai oder Hongkong
mit allen Mitteln fördern. Der Auftrag des Innenministeriums
vom 26. August mache ein solches Vorgehen aber unmöglich, da
die IRO immer erst einige Tage vor Abgang des jeweiligen
Schiffes über freie Plätze informiert werde und erst dann die
Auswahl der Personen treffe. Wenn die ARA nun erst aus
Washington Pässe und Einreisevisa besorgen müßte, könnte
kaum je ein Österreicher aus Shanghai zurückkehren. Für alle
zur Repatriierung vorgemerkten mehr als tausend Personen
Pässe zu besorgen, sei unmöglich: „Unsere Aufgabe war es bis¬
her, bei der Repatriierung nach besten Kräften behilflich zu sein.
Auf Grund der neuen Weisungen von Ihnen sind wir vollkom¬
men ausgeschaltet, und es wird unter diesen Umständen die
Fortführung der Repatriierung nicht möglich sein.“

Die westliche Welt hatte vom Schicksal der Shanghaier
Flüchtlingsgemeinde zunächst kaum Notiz genommen.
Innerhalb eines bereits bestehenden Flüchtlingsrates wurde ein
eigener Aktionsausschuß für „Wanderung“ ins Leben gerufen,
um in einer großen Propagandaaktion die Welt auf die
Flüchtlinge aufmerksam zu machen. Dennoch gab es namhaf¬
te Reaktionen erst Ende der vierziger Jahre. Im November
1948 wandten sich Vertreter der österreichischen und deut¬
schen Flüchtlingsorganisation um Hilfe an das Internationale
Rote Kreuz (IRC): „Die Unterzeichneten stellen an Sie, sehr
verehrter Herr Egle, den Delegaten des IRC in China, das höf¬
liche Ersuchen, im Augenblick der höchsten Gefahr den in
Shanghai gestrandeten 5.000 mitteleuropäischen Flüchtlingen
mit Hilfe und Rat zur Durchführung der notwendigen
Evakuierung beizustehen. (...) 500 haben in diesem Monat die
Einreisegenehmigung nach Israel erhalten, und weitere 500
haben sich zur Repatriierung nach Europa gemeldet. (...) Ubrig
bleiben 4.000 Menschen, davon 1.000 Sieche, Kranke, T.B.¬
Fälle und Altersheiminsassen. (...) Das IRC möge im Namen
dieser 4.000 an den Präsidenten der United States appellieren.“
In einer konzertierten Aktion wurden zur Evakuierung der
Flüchtlinge schließlich internationale Schiffe und Flugzeuge
eingesetzt. Bis auf wenige Ausnahmen konnten die Ver¬
bliebenen dank dieser Bemühungen das chinesische Exil bis
Anfang der fünfziger Jahre verlassen.

Im Februar 1948 waren bei der ARA in Shanghai noch 2.255
Österreicher gemeldet gewesen, wobei davon ausgegangen
wurde, daß rund 100 weitere Personen sich nicht hatten regi¬
strieren lassen. 957 Österreicher waren inzwischen in die
Heimat zurückgekehrt, 1.150 in andere Länder weitergewan¬
dert, davon 446 in die USA, 423 nach Australien, die übrigen
u.a. nach England, Palästina, Schweden und in verschiedene la¬
teinamerikanische Länder.

Im Dezember 1948 reisten zwei Transporte mit mehreren
Hundert Personen in den neu gegründeten Staat Israel ab.

Auch noch im folgenden Jahr wurden Flüchtlinge, teils per
Schiff, teils per Flugzeug, entweder nach Österreich repatriiert
oder in andere Länder weiterbefördert. So verließen am 19.1.
1949 240 Österreicher an Bord der „Captain Marcos“ Shanghai
Richtung Genua, von wo aus sie per Bahn nach Wien weiter¬
befördert wurden.

Im Mai/Juni 1949 stimmte die kanadische Regierung auf
Anregung der österreichischen Gesandtschaft und der ARA der
vorübergehenden Aufnahme von 300 österreichischen Flücht¬
lingen aus Shanghai zu. In Kanada sollten die Betroffenen, die

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lediglich Transitvisa für sechs Monate, aber keine Arbeitser¬
laubnis erhielten, die Abrufung ihrer Quote für die Einwan¬
derung nach Amerika abwarten. Der ‚Joint‘ und der „Canadian
Jewish Congress“ übernahmen die finanzielle Garantie.

1952 — also drei Jahre nach Gründung der Volksrepublik
China am 1. Oktober 1949 — warteten noch 63 österreichische
Staatsbürger in China auf ihre Repatriierung, wobei jedoch
über die Anzahl der jüdischen Flüchtlinge unter ihnen keine
Klarheit herrscht.

Wie unentschlossen viele Flüchtlinge bis zuletzt hinsichtlich
ihres künftigen Aufenthaltsortes waren, illustriert ein Schreiben
des Kanzlers R. Ott von der österreichischen Konsularabteilung
Shanghai vom 10.1. 1949: „Es springen“, so heißt es dort, „im
letzten Moment immer noch Personen unter Anführung der un¬
möglichsten Vorwände ab. Es melden sich stündlich neue Per¬
sonen zum Abtransport an und verweigern einige Stunden nach
dieser Anmeldung wieder die Heimbeförderung nach Österreich,
weil angeblich aus dem Traumland Amerika die Nachricht kom¬
men könnte, daß nach Eröffnung des neuen Kongresses die ‚sa¬
genhafte Bill’ für die Einwanderung in die Vereinigten Staaten
vom Kongreß bewilligt wird.“ Aus dem Schreiben geht auch
hervor, dass nicht selten noch nach Antritt der Reise die ur¬
sprünglich angegebenen Reiseziele abgeändert wurden.

Während die Rückkehrer sich einen warmen Empfang in
der alten Heimat erhofft hatten, wurden sie von der Realität im
wiedererstandenen Österreich bitter enttäuscht. Das Verhalten
der österreichischen Regierung und der Bevölkerung gegenü¬
ber den Shanghai-Emigranten zählt zu den beschämendsten
Kapiteln der österreichischen Nachkriegsgeschichte. Wie aus
einem Bericht des Präsidiums der Israelitischen Kultus¬
gemeinde Wien hervorgeht, stieß die IKG schon in ihrem
Bemühen um die Rückholung der Shanghaier immer wieder
auf vehemente Ablehnung seitens höchster Regierungsstellen,
wobei ihr mitgeteilt wurde, daß die Angelegenheit als eine
„äußerst heikle‘“ zu behandeln sei. Auch in der Folge gestalte¬
te sich die Rückkehr der Vertriebenen auf verschiedensten
Ebenen keineswegs selbstverständlich und unbürokratisch. Die
österreichischen Behörden sahen sich vielmehr vor Erteilung
der Einreiseerlaubnis an ihre Landsleute bemüßigt, Überprü¬
fungen vorzunehmen, als handle es sich um fremde Einwan¬
derungswillige. So wurden etwa auch Leumundszeugnisse der
Polizeidirektion Wien eingeholt, um sicherzustellen, daß über
die betreffenden Personen in sittlicher und staatsbürgerlicher
Hinsicht nichts Nachteiliges bekannt sei.

Die als Selbsthilfeorganisation entstandene ARA hatte alle
Österreicher, sofern sie keine Nationalsozialisten gewesen wa¬
ren, registriert und Ende 1945 eine Liste mit 4.800 Namen an
das österreichische Innenministerium gesandt. 2200 der
Betroffenen wünschten, nach Österreich zurückzukehren, der
größere Teil beabsichtigte, in die USA oder nach Australien
weiter zu wandern. Seit der Herstellung der Postverbindung er¬
suchten auch Flüchtlinge die österreichische Regierung in per¬
sönlichen Bittbriefen um die Ausstellung der notwendigen
Einreisepapiere. Wie die wiederholten Ansuchen der ARA blie¬
ben auch diese Briefe unbeantwortet. Von Jänner bis Dezember
1946, also beinahe ein Jahr, ließ das österreichische
Innenministerium die Staatsbürgerschaftsansuchen unerledigt
liegen. Die Emigranten schlugen sogar vor, daß China sie aus¬
weisen und dadurch Österreich zu ihrer Wiederaufnahme zwin¬
gen solle. In Zusammenarbeit mit dem „Wanderungsreferat“
der IKG entstand in Wien das aus Juden und Nichtjuden be¬
stehende „Komitee der Angehörigen und Freunde der nach