Untermiete bei dem Journalisten und späteren
Religionswissenschaftler Schalom Ben¬
Chorin und dessen Frau Avital Ben-Chorin,
mit denen sie auch nach ihrem Auszug
freundschaftlich verbunden blieb.
Lola Landau schrieb Erzählungen, Essays,
Gedichte, Theaterstücke, Hörspiele und er¬
hielt 1989 das Bundesverdienstkreuz Erster
Klasse der Bundesrepublik Deutschland. Bis
zu ihrem Tod im Alter von 98 Jahren schrieb
sie und blieb interessiert an ihrer Umwelt und
ihren Mitmenschen.
Für den Leser und Rezipienten wäre es aller¬
dings hilfreich gewesen, wenn das Buch einen
leicht veränderten Titel oder Untertitel hätte.
Denn in einem 49seitigen, sehr interessanten
Anhang stellt Hamann das Leben und Werk
von 27 weiteren deutschsprachigen Schrift¬
stellerInnen in Israel vor, die auf Interviews
und Recherchen 1992 bis 1993 in Israel ba¬
sieren. Darunter befinden sich auch die Na¬
men von AutorInnen, die den Lesern der ZW
seit langem bekannt sind: Hanna Blitzer, Arie
Efrat, Meir Faerber, Anna Maria Jokl, Else
Keren, Josef Norbert Rudel und Alice
Schwarz-Gardos.
E.A.
Birgitta Hamann: Lola Landau. Leben und
Werk. Berlin: Philo Verlag 2000. 338 S. DM
74,—
Evelyn Adunkas Buch über
exilierte ÖsterreicherInnen in
Israel
Am 11. April 2002 wurde im Jüdischen
Gemeindezentrum in Wien Evelyn Adunkas
neues Buch Exil in der Heimat. Über die
Österreicher in Israel präsentiert.
Der Titel ist, wie die Diskussion bei der Vor¬
stellung des Buchs gezeigt hat, bewußt pro¬
vokant gewählt, und blieb auch, z.B. vom
ehemaligen Herausgeber der Jerusalem Post,
Ari Rath, nicht unwidersprochen. Er wies be¬
sonders auf die gesellschaftlichen Errun¬
genschaften österreichischer EmigrantInnen
in Israel hin. Im Gegensatz zu anderen
Einwanderungsländern konnten viele von ih¬
nen hier tatsächlich ein erfolgreiches neues
Leben aufbauen. So fanden, trotz der häufigen
Abwertung durch deutsche EmigrantInnen,
überproportional viele ÖsterreicherInnen in
Israel Zugang zu gesellschaftlichen Schlüs¬
selpositionen in Medien, Politik, Militär etc.
Diese gehörten jedoch, wie Evelyn Adunka
auch in der Diskussion noch einmal betonte,
einer Generation an, die großteils in jungen
Jahren ins Land kam und dort in Sprache,
Kultur und Mentalität, in die neue Umgebung
organisch hineinwuchs, beziehungsweise die¬
se entscheidend mitprägte; im übrigen war die
Gruppe der ÖsterreicherInnen in Israel/Palä¬
stina, wie nicht zu vergessen ist, eine überaus
heterogene.
„Einen alten Baum“ sollte man allerdings,
wie es so schön heißt, im allgemeinen besser
nicht versetzen. Der in der Diskussion gefal¬
lene Vergleich von Menschen und Pflanzen
mag — in Anbetracht der psychologischen
Komponente — auf den ersten Blick allzu
simpel erscheinen. Unter Berücksichtigung
psychosomatischer Zusammenhänge ist er
aber durchaus gerechtfertigt. Wie auch bei al¬
ten Bäumen mag, unter günstigen Umweltbe¬
dingungen, einigen Erwachsenen eine neue
Einwurzelung gelingen; sie bleiben jedoch die
Ausnahme. Den Großteil der Entwurzelten
trifft, bei Pflanzen und Menschen, dasselbe
Schicksal: Er verdorrt. Psychisch oder phy¬
sisch. Wobei letzteres oftmals eine Folge des
ersteren ist.
So gilt, trotz der vergleichsweise häufigen
Einzelerfolge, die nicht zuletzt aufgrund der
durch die zionistische Bewegung geschaffe¬
nen Voraussetzungen möglich waren, auch für
die nach Israel Eingewanderten: Das Exil ist
eine Krankheit (Hilde Spiel: Psychologie des
Exils. In: Kleine Schritte. Berichte und Ge¬
schichten, München 1976, S. 27 — 47). Die
freiwillige Emigration bietet hingegen eine
Chance, bisweilen aber auch eine Illusion.
Das Verdienst dieser gut recherchierten
Mikrostudie, die sich keineswegs als „Ge¬
samtdarstellung der österreichischen Einwan¬
derer nach Israel“ versteht, liegt im Aufspüren
und Bewahren biographischer Daten und
menschlicher Schicksale (42 an der Zahl), die
Evelyn Adunka in jahrelanger mühevoller
Arbeit, sowohl in Israel als auch in Österreich,
mit diesem historischen Beitrag zur öster¬
reichischen Exilforschung dem Vergessen
entriß. (Kurzbiographien u.a. von Z.F. Fin¬
kelstein, Yomtov Ludwig Bato, Anitta Müller¬
Cohen, Nathan Michael Gelber, Max
Grunwald, Armand Kaminka, Elimelech
Rimalt, Mendel Singer, David Rothblum,
Viktor Kellner, Moses Rath, Erna Patak. Das
Verhältnis zum Zionismus beziehungsweise
zu Palästina, sowohl vor 1938 als auch in der
neuen Heimat, findet dabei besondere Be¬
rücksichtigung. Doch auch die Organisa¬
tionen der Eingewanderten und ihre Politi¬
sierung werden einer Analyse unterzogen.
Ein zusätzliches Plus dieser gut lesbaren, auch
für NichtwissenschaftlerInnen interessanten
Fallstudie ist das ausführliche Glossar am
Ende des Buchs; es ermöglicht auch dem des
Hebräischen nicht Mächtigen einen problem¬
losen Umgang mit den jeweiligen Termini.
Zu bemängeln ist lediglich das Fehlen ge¬
schlechtsneutraler Formulierungen, wie sie
heute aus dem politisch korrekten Sprach¬
gebrauch kaum noch wegzudenken sind.
Aber dies tut der differenzierten, detailreichen
Darstellung insgesamt keinen Abbruch.
Sandra Wiesinger-Stock
Evelyn Adunka: Exil in der Heimat. Über die
Österreicher in Israel. Innsbruck, Wien,
München, Bozen: StudienVerlag 2002. 272 S.
Euro 27,50/SFR 49,— ( Osterreich-Israel
Studien. Hg. von Rolf Steininger, Dan Diner
und Moshe Zimmermann. Bd. 2).
Die Autobiographie des
Historikers Walter Grab
An der Autobiographie des am 17.12. 2000
verstorbenen Historikers Walter Grab (vgl.
den Nachruf von Ernst Wangermann in ZW
Nr. 1/2001, S. 9) ist eines beeindruckend: die
Schilderung, wie er, der mit neunzehn Jahren
als Wiener Jude vor den Nazis nach Palästina
floh und dort in den ersten Jahren als
Handwerker und Taschenhändler sein Leben
fristete, in den späten fünfziger Jahren sein
Leben radikal änderte, indem er die Hürden
der Inskription der Hebräischen Universität
überwand, das Geschichtsstudium mit Hilfe
deutscher Stipendien erfolgreich beendete
und schließlich zu einem der bedeutendsten
israelischen Historiker und Pionier der
Jakobinerforschung wurde.
Grab entwickelte in seiner Jugend keinerlei
Identifikation mit dem Zionismus oder der jü¬
dischen Religion. Die Abscheu seiner in ar¬
men Verhältnissen aufgewachsenen Mutter
vor der jüdische Orthodoxie übertrug sich
auch auf ihn. Daher fühlte er sich in Palästina
von Anfang an als ein Verstoßener, ein
Flüchtling. Er blieb auch in Palästina der
deutschen Kultur treu und wurde ein Mitglied
eines deutschen Literaturzirkels, des späteren
Kreises für fortschrittliche Kultur. Außerdem
engagierte er sich in der kommunistischen
Partei, zu der ihn der israelische Politiker
Moshe Sneh brachte, über den er schrieb:
„Wir lauschten seinen Erklärungen mit der¬
selben Aufmerksamkeit und Ehrfurcht, mit
der der fromme Jude den Predigten des
Rabbiners lauscht.“ In seiner Autobiographie
beschreibt er aber auch den Prozeß seiner
langsamen Ablösung von der Partei in den
fünfziger Jahren.
1970 wurde Grab der erste Direktor des
Instituts für deutsche Geschichte der Uni¬
versität Tel Aviv, dessen von ihm beschriebe¬
ne Gründungsgeschichte genauso lesenswert
ist wie die Umstände, unter denen ein in Tel
Aviv geplantes Institut für österreichische
Geschichte schließlich an der Politik Bruno
Kreiskys scheiterte.
Der letzte Teil des Buches, das als Dokument
in vielerlei Hinsicht wertvoll ist, erzählt eine
Erfolgsgeschichte. Seine Erinnerungen wer¬
den zu einer allerdings auch sehr eitlen
Aufzählung der von ihm besuchten interna¬
tionalen Symposien und der Freundschaften
mit seinen weltweit verstreuten Fachkollegen.
E.A.
Walter Grab: Meine vier Leben. Gedächtnis¬
künstler, Emigrant, Jakobinerforscher, Demo¬
krat. Köln: Verlag PapyRossa 1999. 432 S.
ÖS 364,¬