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I. mein mundtuch frißt sich ein netzt den rachenraum mit garn der sich nicht leicht schlucken läßt hautfäden die allein zurückbleiben hast du die reste entwertet? hast du die fremde sprache eigentlich fremde wortfarbe mir angepaßt? sie frißt sich ein, allmählich die sich schleichend bewegen entlang wüster wellen kriechen einbeinig und mit ungeduld rasiert ein nadelwort stummeln die verstiimmelt bleiben schnitze nicht die maske verwische nicht die spuren gebleicht fiihren sie in die irre ist endlich der tausch vollzogen der den grenzgang erlaubt finde bald das vertraute wieder beendet scheint das angemessene frage mich, die antwort gewiß ich bewege dich im kreis mich fest an der hand II. staatenlos vertanze auf einem seil die dich umgrenzenden vatersprachen im seilbärkostüm im seilbärtraum die zunge mein tragbarer himmel gespickt mit verkehrten girlanden, ein himmelsgeschenk? nur vater verschwimmt alle viere gestreckt im bleistiftmeer paddelt pfote neben pfote artig getaucht ins bleistiftmeer krault mein mund hinterher staatenlos trippelt auf einem seil auf umgrenzenden vatersprachen meine zunge: fügt sich ein im bleistiftkleid, klebt an die augen das himmelsgeschenk mit ohrentrichtern größer als mein radiuskopf schlucke ich wörter und spucke das eigene aus die zunge mein tragbarer himmel 12 II. munter den handteller und fingerglobus reisrunzel inselaugen rezeptnasen gerodet spitze ich echtgeborene bleiwimper und ferse scheine mich nicht einzuheimen vermelke schon jahre mich verborgen links rechts hinter matratzen findend körperreis kochend hätte nur allzugern allzugern die mischung vertragen IV. vernarbtes läßt atmen in schalentiermustern ehe Einbein zweibeinig morgengras verläßt Anna Kim geboren 1977 in Südkorea. 1979 Umzug nach Deutschland, 1984 Umzug nach Österreich (Wien). 1995-99 Regieassistenzen und -hospitanzen an verschiedenen Wiener Bühnen, u.a. Schauspielhaus, Theater mbH., Kabarett Niedermair, Theater in der Drachengasse. 1995-2000 Studium der Philosophie und Theaterwissenschaft an der Universität Wien. 2000 Magisterarbeit: „Der Roman als die Form der gereiften Männlichkeit? Eine Analyse der Theorie des Romans von Georg Lukdcs anhand von feministisch-ästhetischen Kategorien“. Seit Oktober 2000 Forschungsaufenthalt in Cambridge (UK) im Rahmen des Doktoratsprojektes „Rassismus, Identität und Multikulturalismus “. Seit 2001 Mitglied der Grazer AutorInnenversammlung (GAV). Preise & Stipendien: I. Preis beim Literaturwettbewerb Schreiben zwischen den Kulturen 2000, veranstaltet vom Verein Exil; Arbeitsstipendium 2000/01 des bka:kunst für das Buchprojekt Die Bilderspur.