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der ihm innewohnenden Tragik ist das Gedicht doch auch der Ausdruck für das Unverlöschliche im Menschen, für die Kraft zur Liebe und Freundschaft unter den Menschen. Und hätte der Südkärntner slowenische Lyriker Janez Pernat nur dieses eine Gedicht geschrieben, er fände mit ihm seinen Platz am Dichterparnass. Das Judenmädchen Wer bist du, schönes, dunkeläugiges Mädchen? Was senkst du ängstlich vor mir den Blick? Hältst in ihm die Träne des Schmerzes zurück? „Frag nicht, wer ich bin, du siehst ja das Zeichen. Ich vertrau dir, du bist ein gemeiner Soldat. Die Mutter wollte mich schützen, sie erschlugen sie. Mein Vater schmachtet in einem KZ... Und mich erniedrigt jeden Tag die SS... Annähen mußte ich mir den Judenstern. Mit den Genossinnen schlepp ich das schwere Eisen. Von der Freude nahm ich Abschied für immer. Der Meerwind wischt meine Tränen fort und wird mir kühlen die glühende Stirn... Sobald ich ermatte, werden die SS-Hunde in Stücke mich reißen und lecken mein Blut... Der Wind wird meine Asche ins Gras verwehn... auf daß es ergrünt in blutgem Gedenken... Nur einen Wunsch, ich bitt dich, erfüll mir jetzt. Gib mir Armen von deinem Brot bloß die Rinde und Wasser, das den Mund mir benetzt...“ Aus dem Slowenischen von Jozej StrutzRosenzopf. — J. Strutz-Rosenzopf ist Mitglied des Verbandes slowenischer Schriftsteller in Osterreich/DSPPPA. Berichtigung In Shulamit Arnons Gedicht „Terror“ (ZW Nr. 1/2002, S. 43) muß es in der fünften Zeile statt Terroristin Touristin heißen: Diese spielt auf der Blockflöte das Adagio von Albinoni. Wir bitten um Nachsicht. Rezensionen Gesicht zeigen! Ein Ratgeber gegen Rechts Die Vielfalt der Aktionen und Projekte, der Initiativen und Vereinigungen, die gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit angehen, ist auch für den Interessierten kaum mehr überschaubar. Sehr zu begrüßen ist deshalb das „Handbuch für Zivilcourage“, das Stefan Frohloff zusammengestellt hat. Es stellt eine Vielzahl von Organisationen vor, nennt Ansprechpartner, Kontaktadressen und gibt darüber hinaus auch zahlreiche Internethinweise. Doch es bietet mehr als nur ein Adressenverzeichnis. Was kann ich tun und wie stelle ich es am zweckmäßigsten und erfolgversprechendsten an? — diese Frage ist gewissermaBen der leitende Gedanke, der dem Buch zugrunde liegt. So werden beispielhafte Aktionen vorgestellt, von „Baseball gegen Rechts“ bis „Straßenfußball für Toleranz‘, und zahlreiche Tips für die praktische Arbeit gegeben: Wie gründe ich eine Bürgerinitiative? Wo melde ich eine Demonstration an? Was ist bei einer Pressemitteilung zu beachten? Erläutert und argumentativ aufbereitet werden Schlagworte und Begriffe zum Thema Rechtsextremismus; die „rechte Alltagskultur“ wird ebenso behandelt wie die Möglichkeiten der Opferhilfe und die zahlreichen Initiativen und Unterrichtsprojekte, die sich an Jugendliche, an Schüler wenden. Praktische Hinweise gibt es auch für das „Verhalten im Ernstfall“: Wie reagiere ich auf Angriff und Bedrohung, etwa in einem öffentlichen Verkehrsmittel, wie bei einer Schlägerei? Ein Kompendium für den Alltag also, das mit seinen zahlreichen Ratschlägen und Beispielen auch Mut zur Auseinandersetzung mit Rechts machen will. Die einzelnen Stichworte sind alphabetisch geordnet und noch einmal nach Sachgruppen zusammengefasst, die einen raschen Überblick erlauben. Insgesamt ein informativer und deshalb verdienstvoller Band. Herausgegeben hat ihn die Initiative „Gesicht zeigen! Aktion weltoffenes Deutschland e.V.“, die im August 2000 gegründet wurde, um Menschen in Deutschland dabei zu helfen, Rassismus und rechte Gewalt zurückzudrängen. Schirmherr des Vereins ist der deutsche Bundespräsident Johannes Rau, Vorsitzende sind Paul Spiegel, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, sowie der Sprecher der Bundesregierung, Uwe-Carsten Heye. Den Verein, der sich ausschließlich durch Spenden, Sponsoren und Mitgliedsbeiträge finanziert, unterstützen inzwischen über 1.000 Einzelpersonen und Gruppen, Verbände und Organisationen. Er versteht sich als Anlaufstelle für diejenigen, die sich gegen Fremdenfeindlichkeit engagieren wollen und dabei Unterstützung brauchen. Geschäftsstelle: Torstraße 124, D-10119 Berlin, Tel. +49(0)30 28044785; Fax 28044813; Internet: www.gesichtzeigen.de Theo Meier-Ewert Gesicht zeigen! Handbuch für Zivilcourage. Redaktion Stefan Frohloff. Frankfurt/M.: Campus Verlag 2001. 255 S. Euro 7,50 Die sterbenden Europäer In den Jahren 1999 und 2000 unternahm KarlMarkus Gauß gemeinsam mit dem Fotografen Kurt Kaindl Reisen in Regionen Europas, in denen fünf fast vergessene Völker Europas wohnen. In glänzendem Stil (wenngleich zurückhaltender als sonst) berichtet der Autor über seine Erlebnisse und Begegnungen. Ohne zu simplifizieren, macht einem Gauß das Lesen dennoch leicht. Man taucht in die Welten der verschiedenen vom Verschwinden bedrohten Gruppen ein und erfährt zugleich viel von ihrer Geschichte und ihren Geschicken. Gewisse Parallelen lassen sich herauslesen. Bei fast allen der beschriebenen Minderheiten handelt es sich um vertriebene bzw. umgesiedelte Völker, die auch in ihrer neuen Heimat nie zur freien Entfaltung kamen. Meist wurden sie offiziell gar nicht anerkannt — die slawischen Sorben in Ostdeutschland mußten sogar ihre Namen germanisieren. Die Sepharden Sarajevos, mit denen Gauß beginnt, stammen von den 1492 von König Ferdinand und seiner Gattin Isabella aus Spanien vertriebenen Juden ab; von ihnen ließ sich ein großer Teil im osmanischen Herrschaftsbereich und hier wieder auf dem Balkan nieder. Das Ende der Sepharden in Sarajevo begann mit der Belagerung Sarajevos 1992-95. (Vgl. den Beitrag von J. Finci-Pocrnja in ZW Nr. 1/2002). Von den 1.500 Juden Sarajevos emigrierte die Hälfte in einem großen Konvoi unter dem Schutz der UNO. Um aus der Stadt zu kommen, entdeckten so manche ihr Judentum wieder. Die jüdische Gemeinde im heutigen Sarajevo gleicht einem Altersheim, und so wird die lange Geschichte der Sepharden in Sarajevo bald zu Ende gehen. Im alten Siedlungsgebiet der deutschsprachigen Gottscheer in Slowenien existiert ihre Kultur nur mehr sehr marginal. Seit zehn Jahren versuchen zwei Vereine, die Gottscheer Kultur u.a. mit Deutschkursen wieder zu beleben. 600 Jahre siedelten Deutschsprachige in dieser Region, bevor im Winter 1941/42 Hitlers „Heim ins Reich“ auch dieses Gebiet erfaßte. Seither hat sich der Wald wieder viel an Grund geholt, und nur vereinzelte Gebäude und verwilderte Obstbäume zeugen von der früheren Bewirtschaftung. Auf dem 850 Quadratkilometer großen Gebiet der Gottschee, etwa eine Autostunde südlich von Ljubljana, gab es 171 Dörfer und die Stadt Gottschee, die noch heute als Koéevje Mittelpunkt der Region ist. 75