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nur daß sie gleichsam spiegelbildlich zu ihnen
als Täter nicht die Kommunisten, sondern
ausschließlich die Nationalsozialisten im
Visier haben.“ Wer derartiges schreibt, der
kann nicht nur die historischen Quellen nicht
kennen, sondern dem müssen schon große
Scheuklappen angelegt worden sein!

Dies gilt auch für die völlig aus der Luft ge¬
griffenen Behauptung, „für die Benutzung des
unterirdischen Röhrentunnels, der Görings
Reichstagspräsidentenpalais mit dem Reichs¬
tagsgebäude verband, gäbe es „außer den
mehr als fragwürdigen Aussagen des Zeugen
Adermann keine einzige Spur“.

[...] Mommsen bleibt nicht nur jede Er¬
klärung dafür schuldig, warum die Aussagen
dieses Zeugen (Nachtpförtner in Görings Pa¬
lais), der daraufhin von der Gestapo offen¬
sichtlich unter Druck gesetzt wurde, frag¬
würdig sein sollen. Er unterschlägt auch, dass
Adermanns Beobachtungen, obwohl sie von
weiteren Mitarbeitern des Wachpersonals be¬
stätigt wurden, weder in der Anklage- noch in
der Urteilsschrift Erwähnung fanden.
Mommsen: „Für Bahar und Kugel ist die Ver¬
wendung eines selbstentzündlichen Brand¬
mittels ein nicht hinterfragter Tatbestand,
obwohl deren [sic!] Verwendung doch schon
deshalb höchst fragwürdig erscheint, weil
keinerlei Gefäßreste gefunden wurden, sich
die verdächtige ‚Gießspur‘ als von Wasser¬
schäden verursacht herausstellte und der che¬
motechnische Befund hypothetisch ist.“ Die
Behauptungen von Mommsen sind falsch. Die
sogenannte Gießspur eines flüssigen Brand¬
mittels wurde von mehreren Zeugen bestätigt.
Die Gutachter Josse, Wagner, Ritter und
Schatz stimmten darin überein, dass der
Brand im Plenarsaal aufgrund seines Verlaufs
mit anderen Mitteln verursacht worden sein
muss als die vergleichsweise harmlosen
Brände in den anderen Räumen des Gebäu¬
des.”' Der chemische Gutachter Dr. Schatz
konnte weiterhin Spuren des benutzten selbst¬
entzündlichen Brandmittels (Phosphor in
Schwefelkohlenstoff) an den Brandstellen im
Plenarsaal nachweisen”. Von einem „hypo¬
thetischen“ Befund kann also keine Rede sein.
Dass keine Gefäßreste gefunden wurden, be¬
sagt schließlich gar nichts, denn die Brandstif¬
ter entkamen ja offenbar durch den unterir¬
dischen Gang vom Reichstag zu Görings
Reichstagspräsidentenpalais, hatten also
durchaus Gelegenheit, derartigen ,,Verpa¬
ckungsmüll“ bei Seite zu schaffen. Der Keller
des Reichstagspräsidentenpalais‘ wurde aber
bezeichnenderweise nicht durchsucht!

Es hat keinen Sinn, in allen Einzelheiten auf
[...] Mommsens Schmähungen unserer de¬
taillierten und zeitaufwendigen Untersuchung
einzugehen. Er schreibt über uns: „Ihre Me¬
thode ist immer wieder dieselbe: das vorhan¬
dene Quellenmaterial auf mögliche Unge¬
reimtheiten durchzukämmen” und diese dann
auf vorsätzliche Fälschung oder Vertuschung
im Rahmen der Voruntersuchung zurückzu¬
führen, des weiteren nachweislich gefälschte
oder fragwürdige Dokumente heranzuzie¬

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hen, um daraus ein vages Hypothesengebäude
zu entwickeln.“ Die [...] Unterstellung, wir
hätten gefälschte Dokumente herangezogen,
müssen wir jedoch entschieden zurückweisen.
Mommsen schreibt weiter: „Sie verstricken
sich ständig in die grassierenden Vorurteile
der Untersuchungsbehörden und die von der
ausländischen Presse erhobenen Beschuldi¬
gungen und Behauptungen. Sie folgen regel¬
mäßig den zweifelhaften und widerspruchs¬
vollen Aussagen von angemaßten oder wirk¬
lichen Brandzeugen und den fragwürdigen
Spekulationen der damaligen Brandexperten,
die längst der antikommunistischen Psychose
und der offiziellen Herausstellung einer kom¬
munistischen Brandlegung verfallen waren.“
[...] Mommsen liefert keinerlei konkrete
Gegenargumente und kann solche auch nicht
liefern, denn er kennt ganz offensichtlich die
erst seit ca. zehn Jahren der Forschung frei zu¬
gänglichen Akten der Reichstagsbrandkom¬
mission von 1933 (mehr als 50.000 Blatt)
nicht! [...] Er bestätigt seine Unkenntnis
selbst, wenn er von „seit den 60er Jahren be¬
kannt gewordenen Details, ohne daß sich dar¬
aus irgendwelche neuen Einsichten ergäben“,
spricht und [...] noch dreister: „Außer von
Änderungen in Details erbringen die 200
Aktenbündel [...], die nun im Bundesarchiv
zugänglich sind, keine wesentlichen Ände¬
rungen des bisherigen Bildes. [...]“ [...]

Wir hätten [...] (mindestens) sein Eingeständ¬
nis erwartet, in der Materie nicht mehr auf
dem neuesten Stand des Wissens zu sein. [...]
Mit unserem Buch jedenfalls ging es uns je¬
denfalls einzig und allein um die Aufklärung
des Sachverhalts der Reichstagsbrandstiftung
und der Aufdeckung ihrer merkwürdigen Ver¬
schleierung nach 1945 — ganz im Gegensatz
zu den Intentionen von [...]| Mommsen, die wir
nur als unredlich qualifizieren können. [...]

Anmerkungen

1 Hans Mommsen, „Der Reichstagsbrand und
seine politischen Folgen“, in Vierteljahrshefte
für Zeitgeschichte (VjfZ) 12 (1964),S.351- 413.
2 VjfZ, 49. Jg., 3. Heft, S. 555,

3 HYPERLINK. ,,http://www.zlb.de/ pro¬
jekte/kulturbox—archiv/brand/schneider.htm*
_www.zlb.de/projekte/kulturbox-archiv/
brand/schneider.htm_. Der aus dem Schweizer
Bundesarchiv (Depositum Hofer) stammende
Beitrag Schneiders wurde von Hersch Fischler
unauthorisiert und ohne Zustimmung von Prof.
Walther Hofer publiziert.

4 „Stehen Sie auf, van der Lubbe! Der Reichs¬
tagsbrand 1933 — Geschichte einer Legende /
nach einem Manuskript von Fritz Tobias“, Der
Spiegel, 21. Oktober 1959 bis Anfang 1960.

5 Fritz Tobias ,,Der Reichstagsbrand. Legende
und Wirklichkeit‘, Rastatt 1962.

6 wörtliches Zitat von Hans Schneider in dem
Beitrag von Wolfgang Schwarz „Gegen van
der Lubbe und seine Komplicen“ in: „Süd¬
deutsche Zeitung“, 21./22.12.1963, S. 51.

7 Hans Mommsen, „Der Reichstagsbrand und
seine politischen Folgen“, in VjfZ 12 (1964), S.
351-413.

8 Hermann Graml „Gutachten des ‚Instituts für
Zeitgeschichte‘, erstattet im Prozeß Dr.
Gisevius gegen Tobias vor dem Oberlan¬
desgericht Hamburg“ vom 3.5. 1962 (Nachlaß
Hans Bernd Gisevius, Archiv für Zeitge¬
schichte der ETH Zürich, Sig. 15.15 u. 15. 19).
In einem Schreiben an die taz vom 27. Februar
1998 bezeichnete Fritz Tobias dieses (für ihn
sehr ungünstige) Gutachten wahrheitswidrig als
„freie Erfindung“ der Autoren.

9 Hans Mommsen „Der Reichstagsbrand — ein
ungelöstes Problem der Forschung“ in:
„Stuttgarter Zeitung“, 5.7. 1962.

10 „Sieben Fragen zum Reichstagsbrand“,
unveröffentlichtes Interview von Ulrich Völk¬
lein mit Hermann Graml, 2000, Archiv der
Autoren.

11 Das IfZ hat bisher nicht alle Unterlagen zum
Fall Mommsen für die Forschung freigegeben.
12 Hans Mommsen, Leserbrief in der Welt,
22.1. 2001.

13 „‚Ein zähes Bohren harter Bretter’ Ein
Interview mit Prof. Dr. Hans Mommsen über
seine Erfahrungen mit Geschichtswissenschaft,
Fälschungen und Lügen.“ In: „Westfälisches
Dampfboot“, Münster 2001, S. 133-145, Zitat
S. 134.

14 Urteil des Oberlandgerichts Diisseldorf
vom 6.8. 1963 in der Berufungssache Gewehr
gegen Gisevius, Bl. 41, 61.

15 Urteil des Bundesgerichtshofs vom 11.1.
1966.

16 Mommsen vertraut vielleicht darauf, dass
die Akten des Verfahrens Gewehr gegen Gise¬
vius beim Oberlandgericht Diisseldorf und
beim Bundesgerichtshof nach Ablauf der
Aufbewahrungsfrist vernichtet wurden. Kopien
der entsprechenden Urteile finden sich jedoch
im Nachlass von Gisevius (Archiv fiir Zeit¬
geschichte der Eidgenössischen Technischen
Hochschule Zürich).

17 Dieses angeblich „unanfechtbare“ Alibi von
Karl Ernst möge [...] Mommsen anhand von
Quellen belegen. Wir bezweifeln allerdings,
dass er dazu in der Lage ist.

18 Richard Wolff „Der Reichstagsbrand 1933“,
„Aus Politik und Zeitgeschichte. Beilage zur
Wochenzeitung ‚Das Parlament‘“, B IIV56,
18.1. 1956.

19 Auch diese Behauptung Mommsens ist
falsch. Van der Lubbes „Statistenrolle‘“ schil¬
derte erstmals detailliert 1935 Walter Korrodi in
dem anonym in der Schweiz veröffentlichten
Buch „Ich kann nicht schweigen“. Gisevius
sagte ähnliches erst 1946 bei den Nürnberger
Kriegsverbrecherprozessen unter Eid aus.

20 BA, St.65/53 (53), Bl. 202-211; Zitat abge¬
druckt in Fritz Tobias, Reichstagsbrand, S. 606.
21 Vgl. hierzu die detaillierte Darstellung bei
Bahar/Kugel: Der Reichstagsbrand. Wie Ge¬
schichte gemacht wird, Berlin 2001, S. 320 ff.
22 Schatz’ Feststellungen wurden nach 1945
von einem seiner damaligen Assistenten be¬
zeugt. Vom Anwalt Hans-Georg Gewehrs wur¬
de 1960 bestätigt, dass dieser selbst Anfang der
1930er Jahre ein Brandmittel mit genau dieser
Zusammensetzung zum Gebrauch für die SA
entwickelt hatte.

23 Ist dies aber nicht eine der wesentlichen
Aufgaben von Historikern?