OCR
örtlichen Opfer des französischen Widerstandskampfes vorgenommen, wobei auch Rheinhardt genannt wurde. Sein Name steht auf dem Gedenkstein für die ermordeten Resistancekämpfer des Ortes.” Das Manuskript des Gefängnistagebuches wurde von Erica de Behr abgetippt. Allerdings gelang es ihr nicht, einen Verlag dafür zu finden. So übergab sie das Typoskript an Rheinhardts Exfrau Gerty Felice Wolmut, die es in den 70er Jahren dem Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes in Wien überließ. Das Orignalmanuskript galt lange Zeit als ebenso verschollen wie das Tagebuch, das Rheinhardt im KZ Dachau geschrieben haben soll. Doch erst heuer hat die französische Historikerin Dominique Lassaigne das Originalmanuskript in einem Privatarchiv in Großbritannien aufgefunden. Erica de Behr besuchte 1957 zum Gedenken an E.A. Rheinhardt das KZ Dachau‘ und starb bald danach völlig verarmt. Rheinhardt selbst ist heute vergessen. Martin Krists Beitrag ist ein leicht veränderter Vorabdruck aus dem von ihm herausgegebenen Buch: Emil Alphons Rheinhardt: Tagebuch aus den Jahren 1943/44, das 2003 bei Turia + Kant, Wien, erscheint und am 13. Jänner 2003, 19 Uhr, im Literaturhaus Wien vorgestellt wird. Christoph Prückner wird aus dem Tagebuch lesen. ' Der Titel des Beitrags („Wir sterben alle unseren eigenen Tod!“) ist zitiert nach Nico Rost: Goethe in Dachau. Berlin 1946, 5. 235. E.A. Rheinhardt hatte diese Zeile in dem Buch unterstrichen, das er knapp vor seinem Tod Rost lieh. Rost spricht nur von einem Band Rainer Maria Rilkes; vermutlich handelte es sich um „Das Stundenbuch“, in dessen drittem Teil sich die bekannte Verszeile findet: „O Herr, gib jedem seinen eignen Tod.“ Anmerkungen 1 Nico Rost: Goethe in Dachau. Literatur und Wirklichkeit. Berlin 1946, 42. 2 Zu Rheinhardt gibt es nur sehr spärliche und zum Teil widersprüchliche Sekundärliteratur, vgl. vor allem Selma Steinmetz: Emil Alphons Rheinhardt (1889-1945). Aus dem Leben eines Exilschriftstellers. In: Zeitgeschichte 4/1977, 109-122. — Hans Heinz Hahnl: Emil Alphons Rheinhardt. In: Vergessene Literaten. Fünfzig österreichische Lebensschicksale. Wien 1984, 163-166. — Harald Sattek: Emil Alphons Rheinhardt. Dichter zwischen den Lagern. In: Mitteilungen des Instituts für Wissenschaft und Kunst (iwk) 2/1987 (Vergessene und Unbekannte. Österreichische Exilliteratur), 64-70. — Walter Eckel: Rekonstruktion eines tapferen Lebens. Zu Unrecht vergessen: der Arzt, Autor und Übersetzer Emil Alphons Rheinhardt. In: Süddeutsche Zeitung, 24./25. Juni 1989, S.XIV. — Carl-Wilhelm Macke: Endstation Dachau. Auf der Suche nach dem vergessenen Schriftsteller Emil Alphons Rheinhardt. In: Neue Ziircher Zeitung, 9. September 1996, 23. — Armin A. Wallas: „Mich durchstieß der Sterbeschrei der Jahrtausende“. Emil Alphons Rheinhardt. In: Literatur und Kritik 313/314 (1997), 69-84. - S. Bolbecher/K. Kaiser: Emil (Emile) Alphons(e) Rheinhardt. In: Lexikon der österreichischen Exilliteratur. Wien/München 2000, 536f. 3 Für die Überlassung von Kopien aus den Katalogen des Akademischen Gymnasiums in Wien danke ich Mag. Werner Siegel. 4 Grundbuchblatt Emil Paul Johann Reinhardt (!), (Kt. 1244), Kriegsarchiv Wien. Alle folgenden Daten, die Rheinhardts Miltärdienst betreffen, stammen aus dieser Quelle. 5 Nationale für ordentliche Hörer der medizinischen Fakultät, Buchstabe R, Archiv der Universität Wien. 20 6 Meldedaten Emil Alphons Rheinhardt. Wiener Stadt- und Landesarchiv. Meldekartei (M-2864-65/2002). Alle folgenden Meldedaten Rheinhardts stammen aus dieser Quelle. 7 Protokollbuch des Akademischen Verbandes für Literatur und Musik in Wien. Wiener Stadt- und Landesbibliothek, H.I.N. 197.161, fol. 39 und 57. 8 Im Heft 3, das im Herbst 1912 zum Thema „Krieg“ erschien, veroffentlichte Rheinhardt die Gedichte ,,Wir“ (S.8f.) und ,,Lazaret“ (!) (S.23), im Heft 4 (Mai 1913) die Gedichte „Porträt des Dichters Paris von Gütersloh“ (S.6) und „Frauenklinik“ (S.21f.) sowie im Heft 5 (Oktober 1913) das pathetische Theaterstück in Versen „Der schöne Garten. Ein Märchen“ (S.28-44). Letzeres erschien 1920 auch als Buch, ausgestattet mit vier Illustrationen von Bohuslav Kokoschka, dem Bruder Oskar Kokoschkas. 9 Der Ruf. Ein Flugblatt an junge Menschen. Hg. vom Akademischen Verband für Literatur und Musik in Wien, (Heft 3), 1912. 10 Emmy (Emilie) Heim (1885-1954). Dieses Hochzeitsdatum entspricht den Angaben in den Meldedaten Rheinhardts. In der bisherigen Sekundärliteratur zu Rheinhardt wird 1908 als Hochzeitsjahr angegeben wird. 11 Vgl. Kurt Pebal: Literarische Publikationen des Kriegsarchivs im Weltkrieg 1914 bis 1918. In: Mitteilungen des österreichischen Staatsarchivs 14 (1961), 240-260. 12 So schrieb er am 24. Februar 1920 in sein Tagebuch: „Alph. Emil Rh. macht den denkbar übelsten Eindruck. Arme Gerty“, oder am 29. August 1920: „Zum Thee [...]. Über Emil Alphonse R., Kulka und andere Schwindler.‘“ Schnitzler, Arthur: Tagebuch 1920-1922. Wien 1993, 25 u. 81. 13 Ebd., 80. 14 Gerty Wolmut (1897-1989), geborene Landesberger, war die Tochter des Finanzfachmannes Julius Landesberger, der für seine Verdienste um die Sanierung der Franz-Josefs-Bahn den Adelstitel „von Antburg“ erhielt. Gerty Wolmut, die als Sängerin unter dem Namen Felice Antburg auftrat, heiratete in zweiter Ehe den Opernregisseur Dr. Hans Wohlmut. 1938 mußte sie gemeinsam mit ihrem Gatten in die USA emigrieren, wo ihr Name auf ,,Wolmut“ geändert wurde. 15 Gerty Felice Wolmut: Biographie von Emil Alfons (!) Rheinhardt (unveröffentlichtes Typoskript), S.7. DÖW 11.601la 16 Ebd., 3. 17 Ebd. - Arthur Schnitzler notierte am 29. Juli 1922 in sein Tagebuch: „Gerty Rheinhardt kommt an. [...] sie selbst trennt sich von Rheinh. und zieht nach Wien.“ Schnitzler: Tagebuch 1920-1922, 331. 18 Wolmut: Biographie, 7. 19 Dieser Roman Flauberts erschien noch 1979 bei Diogenes in der Übersetzung E.A. Rheinhardts. 20 Wolmut: Biographie, S.9. 21 1924 in Deutschland gegründete gewerkschaftliche Buchgemeinschaft. — Rheinhardts „Der große Herbst Heinrich IV.“ erschien allerdings nicht in der im Mai 1933 der „Deutschen Arbeitsfront“ eingegliederten „Büchergilde“, sondern 1936 in der neuen Genossenschaft „Büchergilde Gutenberg“, Wien, Prag, Zürich. 22 Alfred Kantorowicz: Exil in Frankreich. Merkwürdigkeiten und Denkwiirdigkeiten. Bremen 1971, S.28, 89. 23 E.A. Rheinhardt an Gerty Wolmut, 22.3. 1938. DOW 11.601b und ÖNB (Handschriftensammlung) 670/36-7 24 Die österreichische Post. Paris, 1.6. 1939, S.2f. DOW Bibl. 3059b 25 Franz Grillparzer. In: Nouvelles d’Autriche (Österreichische Nachrichten). Paris, April 1939, S.16f. DÖW Bibliothek 3057c 26 Ebd., Juni 1939, 161f. 27 Vgl. dazu Elisabeth Freundlich: Die fahrenden Jahre. Erinnerungen. Salzburg 1992, 82-101. — Freundlich schrieb übrigens unter ihrem Pseudonym Elisabeth Lanzer den ersten Nachruf auf E.A. Rheinhardt. Er erschien im Oktober 1945 in der „Austro American Tribune“ unter dem Titel „Mittler zwischen Frankreich und Österreich. In Memoriam E.A. Rheinhardt“. 28 E.A. Rheinhardt an Gerty Wolmut, 22.3. 1938. DÖW 11.601b und ÖNB (Handschriftensammlung) 670/36-9.