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29 Heinrich Schnitzler (1902-1982), Schauspieler und Regisseur,
Sohn Arthur Schnitzlers.

30 E.A.Rheinhardt anHeinrich Schnitzler, 25.1.1939. DOW 15.948/48
31 Dies war bereits Rheinhardts zweite Internierung, denn laut Anord¬
nung der französischen Regierung mußten sich ab 4. September 1939
sogenannte „feindliche Ausländer zwischen 17 und 65 Jahren“ an ei¬
nem für jedes Departement besonders angegebenen Ort einfinden.
Allerdings wurde er wegen seines langjährigen Aufenthaltes in Frank¬
reich, seiner nichtdeutschen Staatsangehörigkeit und seiner einflu߬
reichen Verbindungen sehr rasch wieder freigelassen. Vgl. Alfred
Kantorowicz: Nachwort. In: Feuchtwanger, Lion: Der Teufel in
Frankreich. Erlebnisse. Rudolstadt 1954, 265. — Alfred Kantorowicz
erinnert sich an anderer Stelle: „Am 16. September [1939] tauchte das
Gerücht auf, daß auch die 50- bis 60jährigen Männer ins Lager mü߬
ten. Wir [...] stellten uns vor, wie sich wohl Feuchtwanger, Rhein¬
hardt, Franz Hessel, Alfred Wolfenstein und die anderen älteren
Herren unter uns ausnehmen würden.“ Kantorowicz: Exil, 41.

32 Ebd., 112.

33 Feuchtwanger: Teufel, 58.

34 Vgl. dazu ebd., 221, 223 u. 246f.

35 Ein auf Anregung des norwegischen Nordpolforschers und Frie¬
densnobelpreisträgers Fridtjof Nansen (1861-1930) vom Völkerbund
geschaffener Paßersatz für Staatenlose.

36 E.A. Rheinhardt an Gerty Wolmut, 2.8. 1942. DÖW 11.601b und
ÖNB (Handschriftensammlung) 670/36-5

37 Erica de Behr an Gerty Wolmut, 16.7. 1945. DOW 11.601a und
ONB (Handschriftensammlung) 670/38-3

38 Bericht Conrad Henry Lester. DOW 11.601a

39 Vgl. dazu die Anmerkung Erica de Behrs in Rheinhardts Gefäng¬
nistagebuch.

40 Erica de Behr an Gerty Wolmut, 16.7. 1945. DOW 11.601a und
ONB (Handschriftensammlung) 670/38-3

41 Rost: Goethe, 43.

42 Ebd., 190.

43 Ebd., 207.

44 Ebd., 230.

45 Ebd., 234. Diese Textpassage ist auch auf der Homepage der KZ¬
Gedenkstätte Dachau, Seite „Leiden und Sterben der Häftlinge“, zu
lesen. http://www.kz-gedenkstaette-dachau.de/german/sterben. htm
46 E.A.Rheinhardt: Tiefer als Liebe. Gedichte. Berlin: S. Fischer 1919,
68.

47 Erica de Behr an Gerty Wolmut, 16.7. 1945. DOW 11.601a und
ONB (Handschriftensammlung) 670/38-3

48 Erica de Behr an Gerty Wolmut, 1.3. 1957. DOW 11.601a und
ONB (Handschriftensammlung) 670/38-6

Montag, 27. Dez. 43

[...] Halb sieben. Ich fange den Tag mit ausgiebiger Toilette an
— das kalte Wasser soll mich erwärmen. Die Posten grölen. Die
schweren Stiefel dröhnen durch den hallenden Gang... der
Gefängnisalltag ist da. Die Tinette [Abort] stinkt grauenhaft.
Wie öde traurig ist der Blick der verschlafenen, stöhnenden
Menschen, wenn sie ihre Eingeweide leeren! Wie gut hat man
es draußen, wo man alldem nicht beiwohnen muß... Erst wird
die Tür geöffnet zum Fegen der Zelle und Tinetten-Leeren. Ich
höre das Aufschließen in der Nähe. Wann werde ich wieder in
einem Raume sein, der auch von innen geöffnet werden kann,
eine Tür mit einer Klinke... das war immer so selbstverständ¬
lich gewesen. Es war ein Irrtum. Der Mensch denkt, der Posten
lenkt. Also jetzt sitzt man hier und wartet, das kann auch noch
eine Stunde dauern, auch länger. Denn es ist nicht tunlich sich
ganz auszuziehen, jetzt, da jeden Augenblick das Fegen kom¬
mandiert werden kann und man vor die Zellentür treten und
warten muß, bis die Zelle wieder abgeschlossen ist. Der Him¬
‚mel wird schon blaß. Uns gegenüber ist die gleiche Anzahl von
Zellen, die geraden Nummern. Wieviel Chancen haben wir auf
der halbsonnigen Seite zu sein! Wie schrecklich kalt es dort
sein muß und wie noch lichtloser. Ich denke an die ersten Tage,
auf der Seite dort. Man muß sich oft sagen, um wieviel übler
man noch dran sein könnte.

Es war gut und nötig, sich die Feiertage tüchtig satt zu essen.
Das heutige Mittagessen hat mir wieder gesagt, mit wie wenig
man sich begnügen muß. Wieder das gleiche Gemüsewasser.

Gleich halb fünf. Es ist wohl keine Hoffnung auf Spazier¬
gang. Den ganzen Sonnentag in der Kammer eingesperrt!

Eben wurden die Weihnachtsgeschenke des Roten Kreuzes
verteilt: zwei Mandarinen, ein halbes Stück Brot, zwei kleine

Stückchen Zwieback und drei Stück Zucker. Das haben wir
statt des Spazierganges bekommen. Beides zusammen wäre
wohl zu viel gewesen.

Abends. Alles wieder auf dem Strohsack, auf dem man den
größten Teil des Tages verbracht hat, und das Licht wird ausge¬
löscht, ganz nach der Laune des Soldaten. Wieder ein Tag Gefäng¬
nis um. Ein Sonnentag für die anderen, für uns luftlos, ungeseg¬
net. Kein guter Gedanke ist in mein ungelüftetes Hirn gekommen.

Jetzt merke ich allmählich, daß die Welt Frau ganz ver¬
schwindet aus meinem Denken, nur als liebe, weibliche Men¬
schen gibt es die paar Frauen in meinen Gedanken. Ist das das
Alter? Wird das nie wiederkommen? Das wäre doch zu schnell
gegangen! Heute abend endet mein achter Monat Gefängnis;
zweihundertfünfundvierzig Tage, siebenunddreißig Wochen!

Welch ein Glück, daß ich anfangs nicht gewußt habe, wie
lange es dauern wird und daß ich es jetzt auch nicht weiß.
Unbewußt hoffe ich doch auf individuelle Befreiung, auf
Ereignisse, so unbewußt wie im Unterbewußtsein die Ängste
auch weitergehen, was mit mir noch alles geschehen kann.

Ich wünschte, ich hätte von Anfang an Tagebuch schreiben
können und hätte „mie prigioni“ [meine Gefängnisse] mit
Ereignissen, Menschen und Gedanken aufbewahrt. Aber es gab
ja nichts zum Schreiben, kein Stück Papier, nur den teuer er¬
kauften Stummel Tintenstift habe ich wohlversteckt durch die
Monate gehabt. Wie gut ist es, daß ich jetzt wenigstens schrei¬
ben kann; ich hätte es sonst allmählich verlernt, mich auf
Deutsch auszudrücken. Aber das Französisch, das ich hier
höre, ist so erbärmlich wortarm und farblos, daß es keine
Gefahr bedeutet, davon in meinem Denken verfolgt zu werden.

Trampelnde Schritte... Ist es der Auslöscher? Noch ein paar
Minuten Gnadenfrist im Licht. Mein Stück Kerze, das ich für

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